Eine überaus hartnäckige Helferin Bonner Professorin engagiert sich im Kongo

Bonn · Die Bonner Professorin Brigitte Schmitz engagiert sich für die Mediziner-Ausbildung in der Demokratischen Republik Kongo. Ein Ausbau der Kooperation ist in Planung

 Professorin Brigitte Schmitz hat die Lehrveranstaltung vor fünf Jahren ins Leben gerufen. Das Bild zeigt sie (Bildmitte) im vergangenen Mai.

Professorin Brigitte Schmitz hat die Lehrveranstaltung vor fünf Jahren ins Leben gerufen. Das Bild zeigt sie (Bildmitte) im vergangenen Mai.

Foto: Jeansy Mavinga Siala

Nach langen Jahren der Berufstätigkeit freuen sich viele Menschen über ihren Ruhestand und einen Rückzug ins Private. Nicht so Brigitte Schmitz: Die emeritierte Bonner Professorin für Biochemie engagiert sich seit Jahren im Kongo und denkt nicht daran aufzuhören.

Von 2014 an sorgte sie zunächst dafür, dass die kongolesischen Medizin-Studenten an einer Universität in Kinshasa, der Hauptstadt der Demokratischen Republik (DR) Kongo, ein Biochemiepraktikum absolvieren können. „Das ist zwar meines Wissens weltweit ein Pflichtpraktikum, aber dort gab es eben keins“, erzählt Schmitz. Mit Unterstützung des Johann-Gottfried-Herder-Programms des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) und des Hilfswerks „Brot für die Welt“, das die Ausstattung finanzierte, konnte sie über drei Monate hinweg das Labor einrichten, dann junge Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen für ihre Aufgabe der Praktikumsbetreuung vorbereiten und anschließend mit ihnen die Studenten anleiten. „Die meisten der Assistenten und Assistentinnen hatten in ihrem Leben noch nie im Labor gestanden“, so Schmitz. „Sie mussten alles erst selber lernen, damit sie es den Studenten im Praktikum vermitteln konnten.“

Die Labore waren eingerichtet, die Assistenten ausgebildet, das Praktikum funktionierte prinzipiell, aber „ganz reibungslos“ lief es noch lange nicht. „Ich habe vor allem eins gelernt: Man muss hartnäckig sein“, sagt Schmitz. „Aber mir kam viel Begeisterung entgegen, weil die Studenten und Assistenten etwas lernen konnten, was sie später in ihrem Beruf beziehungsweise der Forschung anwenden können.“ Und heute, nachdem Schmitz mehrere Jahre hintereinander die Assistenten angeleitet hat (die einen immer größeren Teil der Arbeit selbst erbrachten), stellt sie zufrieden fest, dass man sie nicht mehr braucht: Das Biochemiepraktikum findet inzwischen erfolgreich ohne sie statt.

Dass Schmitz hartnäckig und engagiert ist, merkt man auch in anderer Hinsicht: Sie hat nicht nur die finanzielle Unterstützung für ihre Projekte im Kongo organisiert, sondern wegen ihrer häufigen Aufenthalte dort auch Französisch gelernt: „Eigentlich hatte ich nur Schulkenntnisse. Ich bin sehr dankbar für die Chance, nochmal richtig gut Französisch zu lernen.“ Englisch sprechen in der ehemaligen belgischen Kolonie die Wenigsten – am ehesten die Akademiker. „Wenn man in einer globalisierten Welt an der Forschung und Wissenschaft teilhaben will, muss man Englisch sprechen“, sagt Schmitz.

Sowohl an der Universität in Kinshasa als auch an der in Bukavu im Ostkongo, wo Schmitz seit 2015 ebenfalls das Biochemiepraktikum etabliert hat, wird durchaus Englisch gesprochen. „Der Rektor der Universität in Bukavu, der »Université Evangelique en Afrique« (UEA), und Professor Denis Mukwege, der das zur UEA gehörige Panzi-Hospital gegründet hat, sprechen gut Englisch, und ihnen ist wichtig, dass auch die Studenten die Möglichkeit haben, Englisch zu lernen.“

Denis Mukwege ist auch in Deutschland bekannt: Der 64-Jährige Menschenrechtsaktivist und Gynäkologe erhielt im vergangenen Jahr zusammen mit der Jesidin Nadia Murad den Friedensnobelpreis. Seit über 20 Jahren setzt sich Mukwege für Frauen ein, die Opfer von – hauptsächlich im Osten der DR Kongo weit verbreiteten – brutalen Vergewaltigungen geworden sind. Weltweit prangert er die Tragödie im Ostkongo an und fordert internationale Hilfe ein, die nötig ist, um die Verbrechen zu beenden.

„Das ist schrecklich, ein trauriges Kapitel der Menschheit, dass Vergewaltigung als Kriegswaffe eingesetzt wird“, sagt Schmitz. „Bewaffnete Banden, Milizen und Rebellen – zum Teil aus den Nachbarländern, auch unterstützt durch Regierungen anderer Länder – tun das, weil sie wissen, dass sie damit die Familien zerstören. Die Männer verlassen ihre Frauen, Menschen verlassen ihre Dörfer. Die Vergewaltigungstäter besetzen das freigewordene Land und haben dann freien Zugang zu den Bodenschätzen, vor allem Coltan, Gold und Kupfer.“

Die Professorin kennt Mukwege durch ihr Engagement an der UEA seit einigen Jahren. „Er ist eine unglaublich beeindruckende Persönlichkeit, und ich habe mich riesig darüber gefreut, dass ihm der Friedensnobelpreis verliehen wurde.“ Auf ihr Konto geht auch Mukweges Besuch an der Uni Bonn im November: Schmitz’ Idee war es, zu versuchen, eine Zusammenarbeit der Hochschule und Mukweges Panzi-Hospital an der UEA anzustoßen (siehe Infokästen).

„Er und sein Team haben schon mehrere zehntausend Frauen, Mädchen und sogar Babys operiert und therapeutisch betreut, stehen ihnen auch juristisch bei, damit die Täter bestraft werden“, erläutert Schmitz. „Mukwege möchte wissen: Warum wird so extrem brutal vergewaltigt? Warum wird sexuelle Gewalt als Kriegsmittel eingesetzt? Welche Rolle spielen die Traditionen, vielleicht auch die Religion? Man muss mehr wissen, um Prävention leisten zu können, beziehungsweise die vergewaltigten Frauen besser zu unterstützen, damit sie in ein halbwegs normales Leben zurückkehren können.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Hilfe für Start-ups aus der Hochschule
Wenn Forschende und Studierende zu Gründern werden wollen Hilfe für Start-ups aus der Hochschule
Zum Thema
Aus dem Ressort