Patientenkolloquium am UKB Bonner Uniklinik berät zum Thema Augenkrankheiten

Bonn · Beim nächsten Patientenkolloquium des Universitätsklinikums Bonn geht es um das Thema Augen-Check. Welche Erkrankungen gefährden das Sehen? Wie lassen sie sich rechtzeitig diagnostizieren und behandeln?

 Optisches Meisterstück: Ein Modell des komplexen menschlichen Auges.

Optisches Meisterstück: Ein Modell des komplexen menschlichen Auges.

Foto: Rolf Müller

Der Satz „Der Mensch ist ein Augentier“ mag für manche vielleicht etwas simpel klingen. Aber Tatsache ist, dass wir rund 80 Prozent unserer Umgebung optisch wahrnehmen: Mensch denken, träumen, sprechen in Bildern. Und in der Hierarchie der Sinne stand das Sehen schon zu Zeiten des griechischen Gelehrten Aristoteles auf Platz 1. Der Aufbau des menschlichen Auges ist seither derselbe – die Natur hat daran nichts mehr zu verbessern. Denn in Aufbau und Funktion handelt es sich um ein technisches Meisterwerk.

So essenziell und komplex unsere Augen sind, umso gravierender können sich angeborene oder erworbene Krankheiten auf ihre Funktionstüchtigkeit auswirken. Und natürlich geht auch an ihnen das Alter nicht spurlos vorüber. Wie sich Fehlsichtigkeiten im Kindes- und Jugendalter korrigieren lassen und wie regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen dazu beitragen, schwere Erkrankungen des Auges zu vermeiden, beziehungsweise sie rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln, ist am Donnerstag, 15. Dezember, von 18 bis 19.30 Uhr, Thema beim nächsten Patientenkolloquium des Universitätsklinikums Bonn. Experten an diesem Abend sind Professor Frank Holz, Direktor der Klinik für Augenheilkunde, und Professorin Bettina Wabbels, Leiterin der Abteilung für Orthoptik, Neuro- und pädiatrische Ophthalmologie. Sie hat beim Kolloquium vor allem die jungen Jahre des menschlichen Auges im Blick, während Holz darauf eingehen wird, was Erwachsene für ihr Sehvermögen tun können und auch tun sollten.

Die Voraussetzungen für gutes Sehen werden im Kindesalter geschaffen. „Ein mögliches Schielen wird bei den ersten augenärztlichen Untersuchungen auffallen, ebenso Augenzittern, Wackeln oder auch hängende Lider. Diese werden normalerweise im Alter von etwa sechs Monaten erkannt, da das Baby dann mehr Zeit mit geöffneten Augen verbringt. Die Ursachen einer solchen Ptosis sind vielfältig. Zum Beispiel kann der Muskel von Geburt an falsch angelegt sein. Vererbt werden unter anderem auch die Anlagen für frühkindliches Schielen (Strabismus) oder Zittern (Nystagmus) der Augen.

„Beim Schielen stimmt das Zusammenspiel zwischen Augen und Gehirn nicht“

„Das Risiko für Sehfehler ist bei Frühgeborenen deutlich erhöht“, hebt Wabbels hervor. Zudem können Erkrankungen wie das Down-Syndrom (Trisomie 21) von gravierenden Augenkrankheiten wie einer fortschreitenden Verdünnung und Verformung der Hornhaut (Keratokonus) begleitet sein. Doch auch für sonst gesunde Säuglinge gilt: „Schielen nach dem dritten Monat sollte bei allen untersucht und behandelt werden“, betont Wabbels. Auch Sehstörungen, die erst später entdeckt werden – etwa bei der Voruntersuchung der Zwei- bis Dreijährigen oder kurz vor der Einschulung – sollten direkt behandelt werden.

„Beim Schielen“, so Wabbels, „stimmt das Zusammenspiel zwischen Augen und Gehirn nicht. Nur in wenigen Fällen betrifft es den Muskel selbst. Das Problem ist, dass die Kinder ihre Fehlsichtigkeit selbst nicht unbedingt bemerken. Sie kennen es ja nicht anders.“ Doch eine bestimmte Kopfhaltung oder eine auffallende Leseunlust sind deutliche Signale dafür, dass etwas nicht stimmt. Kindliche Sehfehler, so fügt Wabbels hinzu, lassen sich im Vorschulalter meist am besten korrigieren. „Gerade in der plastischen Phase des Gehirns fällt das Lernen und Umlernen noch leicht.“ Das gesunde Auge wird zugeklebt, um das andere zu fordern und zu trainieren. „Ist das schielende Auge erst einmal vom Gehirn „abgeschaltet“, wird es deutlich schwieriger und langwieriger sein, das wieder zu ändern.“ Ein vorerst behobenes kindliches Schielen kann im Erwachsenenalter wieder auftreten. „Es ist aber nie zu spät, um das zu beheben“, wie Wabbels versichert. „Kleine Winkel lassen sich mit einer Brille ausgleichen. Bei größeren kann ein Eingriff sinnvoll sein, um die Augenmuskeln zu verkürzen oder zu verlagern und damit das Auge dauerhaft in die gewünschte Position zu bringen.“

Ein weiteres Problem ist die seit Jahren zunehmende erworbene Kurzsichtigkeit (Myopie) bei Kindern und Jugendlichen – ein Problem, das sich in asiatischen Ländern noch in weit massiverem Ausmaß zeigt. Untersuchungen dort haben ergeben, dass verdünnte Atropintropfen das Fortschreiten der Erkrankung mindern können. Das ist wichtig, um später auch mit weniger starken Brillengläsern gut sehen zu können und das Risiko weiterer schwerer Augenschäden zu verringern. In der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten AIM-Studie, an der unter mehreren Zentren auch die Augenklinik des UKB teilnimmt, wird die Wirksamkeit von Atropin untersucht. Voraussetzung zur Teilnahme ist ein Alter zwischen acht und zwölf Jahren bei einer Kurzsichtigkeit von -1 bis -6 Dioptrien (weitere Informationen unter
marion.noll@ukbonn.de).

Generell beginnen sich zur Lebensmitte an Hornhaut, Linse, Netzhaut, Aderhaut und Sehnerv erste Verschleißerscheinungen abzuzeichnen. So ist vom 40. Lebensjahr an ein regelmäßiger Check (alle zwei Jahre bei unauffälligem Befund) sinnvoll, um Krankheiten, die das Sehen gefährden – wie Glaukom und Katarakt (Grüner und Grauer Star) oder eine Makuladegeneration – rechtzeitig diagnostizieren zu können. „Tückisch ist, dass gerade diese Erkrankungen schleichend voranschreiten und anfangs kaum Symptome zeigen“, erklärt Holz. „Doch wenn sie es tun, ist das Zeitfenster für eine optimale Behandlung oft schon geschlossen.“ Wohingegen ein Glaukom im Frühstadium mit beginnender Einengung des Gesichtsfelds und Veränderungen am Sehnervenkopf gut behandelt werden kann. „Vor allem Diabetiker sollten ihre Termine beim Augenarzt unbedingt einhalten“, rät Holz. Das gilt auch für Menschen mit Gefäßerkrankungen. Bei Einnahme gerinnungshemmender Medikamente sollten mögliche Blutungen im Auge aufmerksam beobachtet werden.

„Doppelbilder in Verbindung mit Kopfschmerzen sind in jedem Fall ein Warnsignal“

Besteht der Verdacht auf eine Netzhautablösung, die oft mit akuten Symptomen verbunden ist, wird der Augenhintergrund bei weiter Pupille genau untersucht und die meist operative Therapie unmittelbar geplant. Mittels Mikrochirurgie kann ein Sehverlust in aller Regel verhindert werden. Bei einer altersabhängigen Makuladegeneration (Hauptursache schwerer Sehbehinderung bei Menschen über 60) gehen Sehzellen in der Netzhautmitte zugrunde. Nach und nach trübt sich das zentrale Gesichtsfeld ein. Vorbeugung oder Heilung gibt es noch nicht. Doch bestimmten Formen der Krankheit lassen sich durch spezielle Medikamente, die mittels Spritze wiederholt ins Auge eingegeben werden, verlangsamen oder stoppen.

Die Sehleistung im Alter kann sich auch durch Unfälle, einen Schlaganfall oder andere Erkrankungen gravierend verringern. „Doppelbilder in Verbindung mit Kopfschmerzen sind in jedem Fall ein Warnsignal. Das sollte sofort untersucht werden; auch um einen Hirntumor ausschließen zu können“, sagt Holz. Sehprobleme im Alter können das Sturzrisiko erhöhen und zum sozialen Rückzug führen. „Eine Sorge vieler älterer Menschen ist auch, ob ihre Sehleistung für die Fahrtüchtigkeit noch ausreicht. Manche scheuen aus Angst, einen Teil ihrer Selbstständigkeit aufgeben zu müssen, den Weg zum Augenarzt“, schildert Holz. „Doch diese Angst ist unbegründet. Es geht uns darum, die noch vorhandene Sehkraft zu erhalten und zu unterstützen.“

Zwar lässt sich nicht allen Augenerkrankungen selbst vorbeugen. „Generell kann man es aber auf diese Formel bringen: Was dem gesamten Körper guttut, bekommt auch unseren Augen“, fasst Holz zusammen. Wer eine maßvolle und ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung sowie den Verzicht auf Nikotin und ein Übermaß an Alkohol im Blick behält, macht damit schon vieles richtig.

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