Patientenkolloquium am Donnerstag Bonner Uniklinik informiert zum Thema Lungenkrebs

Service | Bonn · Beim nächsten Patientenkolloquium des Universitätsklinikums Bonn geht es um Fortschritte bei der Behandlung von Lungenkrebs. Den Tumor so früh wie möglich zu erkennen, ist dafür nach wie vor die wichtigste Voraussetzung.

  Positronen-Emissions-Tomografie bei einem Lungenkrebspatienten:  Es ist die häufigste Krebstodesursache bei Männern und die zweithäufigste bei Frauen.

Positronen-Emissions-Tomografie bei einem Lungenkrebspatienten: Es ist die häufigste Krebstodesursache bei Männern und die zweithäufigste bei Frauen.

Foto: UKB/Katharina Wislsperger

Das Operationsfeld ist von Natur aus kompakt: Der Thorax (Brustkorb) wird hinten von den zwölf Wirbeln der Brustwirbelsäule begrenzt, vorn vom Sternum (Brustbein), seitlich von jeweils zwölf Rippen und nach unten durch das Zwerchfell. Dieser obere Teil des Rumpfes gleicht in seiner Form einem Fass, ist aber ein elastisch-federndes System, das durch die zwischen den Rippen gelegenen Muskeln die Atmung ermöglicht. Und er schützt die beiden wichtigsten Organe des menschlichen Körpers vor Schlägen und Stößen. In der Brusthöhle, links und rechts des Mediastinums (Mittelfellraum), liegt eingebettet in zwei Pleurahöhlen die Lunge und im Mediastinum dazwischen das Herz. Soweit ein erster Blick auf die Anatomie, mit der es Thoraxchirurgen im Operationssaal zu tun haben.

Dabei ist an erster Stelle das Lungenkarzinom zu nennen; die häufigste Krebstodesursache bei Männern und die zweithäufigste bei Frauen. Diese Erkrankung gehört ins Portfolio der Thoraxchirurgie, und darum geht es beim nächsten Patientenkolloquium des Universitätsklinikums Bonn (UKB) am Donnerstag, 20. Mai, von 18 bis 20 Uhr: wieder in Form einer öffentlichen Zoom-Konferenz.

Professor Jörg Kalff – Direktor der Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax und Gefäßchirurgie – und Professor Joachim Schmidt, Sektionsleiter für Thorax­chirurgie am UKB und Chefarzt der Thoraxchirurgie am Helios Klinikum Bonn/Rhein-Sieg sprechen über die Möglichkeiten bei der Behandlung von Lungenkrebs unterschiedlicher Stadien und bei der Entfernung von Metastasen anderer Primärtumore, die sich in der Lunge angesiedelt haben. Auch die Operation von Thymustumoren wird ein Thema sein. Ein Schwerpunkt ist die Weiterentwicklung der OP-Techniken, insbesondere der Einsatz von Operationsrobotern wie dem DaVinci-System.

Bonner Expertise gebündelt

„Vor einem Jahr haben wir uns auf Initiative von Professor Kalff zusammengeschlossen, um unsere Expertise zu bündeln“, erklärt Schmidt einleitend. Er leitet die Thorax­chirurgie am Hardtberg seit gut vier Jahren. Seine Position im UKB auf dem Venusberg ermöglicht ihm, dass Wissenschaft, Lehre und Patientenversorgung künftig aus einer Hand kommen. „Unsere Teams, auch in der Roboterchirurgie, sind übergreifend und es gibt einen gemeinsamen Hintergrunddienst.“

Schmidt ist überdies Leiter des zertifizierten Lungenkrebszentrums Bonn/Rhein-Sieg. So erstreckt sich das Netzwerk auch auf die internistische Onkologie sowie auf niedergelassene Experten in der Region, die sich bei einem gemeinsamen wöchentlichen Tumorboard mit jeweils bis zu 35 Teilnehmern beraten und austauschen – zurzeit pandemiebedingt online. „Dies hat sich aber durchaus als Vorteil erwiesen, denn auf diese Weise können mehr Experten in einem Zeitfenster zusammenkommen“, so Schmidt. Das Tumorboard ist zudem auch Modellprojekt für weitere Konferenzen dieser Art in anderen Fachgebieten.

In der Praxis erweitert sich durch das Universitätsklinikum Bonn auch das Behandlungsspektrum in besonders schwierigen Fällen: „So können wir dort zum Beispiel über die Extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) vorübergehend die Sauerstoffversorgung sichern und dabei die Lunge entlasten“, beschreibt Schmidt.

Die meisten Operationen in der Thoraxchirurgie sind mittlerweile minimalinvasiv, durch einen kleinen Schnitt zwischen den Rippen, möglich. Dort, wo das Thoraskoskop –   das Instrument, das bei diesen Eingriffen eingesetzt wird – wegen seiner statischen Konstruktion nicht hinkommt, hilft die Wendigkeit der robotischen Arme. Thymus­tumore, die auf den Herzbeutel oder in die Gefäße wachsen, können damit mit größerer Präzision minimalinvasiv reseziert (entfernt) werden.

Das bedeutet im Umkehrschluss jedoch nicht, dass der DaVinci
jedes Mal eingesetzt werden muss. „Manchmal, gerade bei zahlreichen Metastasen, ist eine offene Operation die bessere Wahl“, erläutert Kalff. Man muss die Lunge durchtasten, also haptisch untersuchen, um weitere Metastasen aufzuspüren.“ Das kann die robotische Chirurgie (noch) nicht. „Wir fragen als Erstes danach, wovon die Patientin, der Patient am meisten profitiert.“ Das ist und bleibt das entscheidende Kriterium. „Man darf nicht Sklave der Methode sein“, bestätigt auch Schmidt. „Das heißt, für uns ist es nach wie vor essenziell, alle Operationstechniken zu beherrschen.“

Patienten kommen in der Pandemie nur verzögert

Eine hohe Anzahl an komplexen und schwierigen Eingriffen zeichnet ein zertifiziertes Zentrum aus. „So hatten wir“, erinnert sich Schmidt, „2020 sehr viele Operationen der Thymusdrüse mit Teil infiltrativem Wachstum in die Nachbarstrukturen wie die großen Gefäße oder den Herzbeutel.“ Insgesamt habe während der Pandemie die Zahl der Patienten, die erst in einem schon fortgeschrittenen Stadium ihrer Lungenkrebserkrankung diagnostiziert werden, zugenommen.

„Das ist tragisch, denn je früher die Diagnose gestellt werden kann, umso größer sind unsere Möglichkeiten und umso besser wird die Prognose der Betroffenen sein.“ sagt Kalff. „Es gibt aber auch Krebspatienten, deren Erkrankung in einen chronischen Zustand geführt werden kann. Metastasen werden regelmäßig entfernt, damit lässt sich kostbare Zeit gewinnen. Je kurativer wir Chirurgen dabei vorgehen können, desto eher lässt sich dieses Ziel auch erreichen.“

„Generell“, so fasst Schmidt abschließend zusammen, „ist bei Patienten mit Lungentumoren sehr viel Fingerspitzengefühl gefragt.“ Auch wenn das Rauchen einer der wichtigsten bewiesenen Hoch-Risikofaktoren für Lungenkrebs ist. Vorwürfe und Schuldzuweisungen helfen in dieser Situation niemandem. „So etwas wirkt sich im Gegenteil fatal aus, wenn jemand den Gang zum Arzt deshalb immer weiter hinausschiebt.“ Bei der Behandlung von Lungenkrebs entscheidet die gute Zusammenarbeit zwischen den Chirurgen und Internisten. In Bonn sind das die Professoren Joachim Schmidt, Jörg Kalff, Peter Brossart und Dirk Skowatsch (UKB) sowie Professor Yon-Dschun Ko (Johanniter). Die Operationstechniken werden ständig weiter entwickelt. Der Faktor Zeit bleibt bestehen.

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