Ringvorlesung an Alanus Hochschule Dem Geheimnis der Liebe auf der Spur

Alfter · Im Rahmen der Alanus-Ringvorlesung in Kooperation mit dem GA haben wir mit Professor Thomas Schmaus über ein Gefühl und seine Facetten gesprochen. Und er muss es ja wissen: Wie lange hält die Liebe wirklich?

 Graffiti, die von Liebe handeln, sind auch in Bonn zu finden, wenn man genau hinguckt.

Graffiti, die von Liebe handeln, sind auch in Bonn zu finden, wenn man genau hinguckt.

Foto: Benjamin Westhoff

Liebe kennt viele Gestalten. Neben der platonischen und der körperlichen Liebe zwischen zwei Partnern verbindet Liebe Eltern und ihre Kinder, aber auch Geschwister. Jenseits der Familienbande existiert das christliche Gebot der Nächstenliebe. Liebe über den Tod hinaus, Liebe zur Heimat, zu ... - die Liste lässt sich noch lange fortschreiben. Grund genug für die Alanus Hochschule, der Liebe in Kooperation mit dem General-Anzeiger eine Ringvorlesung zu widmen. Über dieses Vorhaben hat Sylvia Binner mit Thomas Schmaus, Philosophie-Professor und einer der Initiatoren der Vortragsreihe, gesprochen.

Was kommt Ihnen als erstes in den Sinn, wenn Sie über Liebe nachdenken?

 Thomas Schmaus ist Professor für philosophische Anthropologie an der Alanus Hochschule.

Thomas Schmaus ist Professor für philosophische Anthropologie an der Alanus Hochschule.

Foto: privat

Thomas Schmaus: Meine Partnerin, ein konkreter Mensch also. Als nächstes dann aber schon die Ringvorlesung, die wir zu diesem Thema veranstalten.

Und beim längeren Nachdenken?

Schmaus: Da taucht eine ganze Fülle an Themen und Fragen auf und natürlich an Antwortversuchen, die ich sehr bedenkenswert finde. Am Ende aber, würde ich sagen, bleibt die Liebe ein Geheimnis. Sie ist ein Phänomen, das man nicht restlos erklären kann. Würde man versuchen, es wie ein Rätsel zu behandeln, dann würde es sich auflösen, wenn man es löst. Nicht umsonst fangen die Menschen zu dichten an, wenn es um Liebe geht. Die Poesie ist nämlich eine Sprachform, die in das Geheimnis einführt und es dabei bewahrt.

Unterscheidet sich das von Ihrer Sicht als Philosophieprofessor?

Schmaus: Nicht wirklich. Wenn ich länger nachdenke, dann bin ich ja schon in meinem Element als Philosoph. Wörtlich übersetzt bin ich damit übrigens ein Liebhaber der Weisheit. Und da ist auch was dran, das haben die alten Griechen schon gut auf den Punkt gebracht. Neben der philía hatten die aber auch noch andere Wörter für weitere Liebesphänomene, den eros etwa und die agape, also die Nächstenliebe. Solche und weitere Differenzierungen sind hilfreich, um den ganzen Phänomenbereich zu erschließen.

Leidenschaftliche Liebe, platonische Liebe, Geschwisterliebe, Nächstenliebe, Heimatliebe - es gibt viele Facetten der Liebe. Welche Liebe ist die reinste?

Schmaus: Das ist eine schwierige Frage. Wenn es reine Liebe gibt, dann auch schmutzige? Jedenfalls scheint mir die Liebe umso staunenswerter, je selbstloser sie ist. Liebe hat mit Vertrauen zu tun - und dazu gehört Leidenschaft, aber auch die Fähigkeit, loslassen zu können. Es gibt diesen schönen Satz, der Konfuzius zugeschrieben wird: "Was du liebst, lass frei. Kommt es zurück, gehört es dir. Für immer." Das kommt reiner Liebe doch schon sehr nahe.

Was hören Sie von Ihren Studierenden, wenn es in Lehrveranstaltungen um Liebe geht?

Schmaus: Das kommt auf den Kontext an. Wenn die platonische Liebe Thema ist, dann kommt recht schnell der Hinweis, dass hier die körperliche Komponente doch ziemlich kurz kommt. Als anderes Beispiel fällt mir eine Diskussion ein, in der es um die Digitalisierung der Partnersuche ging und die Frage, ob man damit etwas in den Griff bekommen kann, was sich am Ende doch der Kontrolle entzieht. Übrigens haben sich in meinem allerersten Seminar in Alfter zwei Studierende aus ganz verschiedenen Studiengängen verliebt. Sie haben inzwischen drei Kinder und sind immer noch glücklich miteinander.

Warum ist Liebe ein gutes Thema für eine Ringvorlesung?

Schmaus: Es ist interessant, vielschichtig und betrifft jeden. Wir haben alle unsere Erfahrungen damit - seien es schöne, seien es schlechte. Und nicht wenige haben sich schon intensiv Gedanken darüber gemacht. Das sind gute Voraussetzungen, um anknüpfen zu können mit einer Ringvorlesung, die manches vertiefen kann - und das Spektrum erweitert.

An wen richten sich die Veranstaltungen?

Schmaus: An alle, die sich dafür interessieren. Eine besondere Vorbildung braucht es dafür nicht. Aufgeschlossenheit für das Thema ist hilfreich, und die Freude an unterschiedlichen und vielleicht auch ungewohnten Zugängen zum Thema. Wir haben ja im Titel der Ringvorlesung bewusst den romantisch sehr aufgeladenen Begriff der "Liebe" mit dem ziemlich lakonischen "usw." verknüpft. Allzu kitschig wird es nicht werden - dafür umso interessanter und spannender, wie ich hoffe.

Wie kamen die einzelnen Themen zustande?

Schmaus: Wir hatten tatsächlich die Qual der Wahl. Die Liste an möglichen Themen, die uns dazu eingefallen sind, war viel größer als die Termine, die zur Verfügung standen. Es war schnell klar, dass wir nicht den Anspruch haben konnten, alle Aspekte abzudecken. Wir haben uns dann dafür entschieden, möglichst unterschiedliche Perspektiven aus den verschiedenen Bereichen der Alanus Hochschule einzubringen. Darüber hinaus haben wir einige sehr interessante Gäste eingeladen. Besonders freue ich mich darüber, dass wir auch selbst zweimal in Bonn zu Gast sein dürfen.

Und jetzt mal Hand aufs Professorenherz: Wie lange währt die Liebe?

Schmaus: Vielleicht schlagen ja doch zwei Herzen in meiner Brust. Ich habe nämlich auch Theologie studiert, und bei dieser Frage kommt mir sofort Paulus in den Sinn: "Die Liebe hört niemals auf." Und ich glaube, da hat er recht. Weil das aber wider alle Vernunft und Erfahrung ist, beginnen wir die Ringvorlesung mit einem Vortrag, der den Titel trägt: "Wenn die Liebe geht".

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