National-Mun-Konferenz Diplomat auf Probe

BONN · Bonner Studierende beteiligen sich an der Simulationskonferenz der Vereinten Nationen in New York - und finanzieren die Reise ohne die Hilfe der Uni.

 Gruppenfoto der Bonner NMUN-Delegation auf der BIMUN/SINUB-Konferenz im November 2015 im alten Wasserwerk.

Gruppenfoto der Bonner NMUN-Delegation auf der BIMUN/SINUB-Konferenz im November 2015 im alten Wasserwerk.

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Fremde Länder und Kulturen kennenlernen, sich in andere Sichtweisen hineinversetzen, die Englisch- und Rhetorikkenntnisse aufbessern oder sich im Debattieren üben – es gibt viele Gründe, warum Studierende aus der ganzen Welt an sogenannten Mun-Konferenzen teilnehmen. Diese „Model United Nations“-Treffen sind meist drei- bis fünftägige Veranstaltungen, die das ganze Jahr über weltweit stattfinden. Studierende simulieren dabei eine UN-Konferenz zu aktuellen Themen und schlüpfen in die Rolle eines Diplomaten.

Auch von der Bonner Universität haben sich zehn Studierende aus unterschiedlichen Studiengängen zusammengefunden, um als Delegation kommende Woche nach New York zur National-Mun (Nmun) zu fliegen. „Die Konferenz in New York ist schon die Krönung der Mun-Treffen“, sagt Helge Dresen, Student der Politischen Wissenschaft und Soziologie.

Als einziger der diesjährigen Bonner Delegation war er bereits vergangenes Jahr in New York bei der weltweit größten UN-Simulationskonferenz dabei. Generalsekretär Ban Ki-Moon hat zur Abschlusszeremonie in der Generalversammlung eine Ansprache an die Delegierten gehalten. „Das war sehr beeindruckend und zeigt den Stellenwert der Nmun“, sagt Dresen.

Die meisten Teilnehmer, die nach New York kommen, sind im Vorfeld durch ein Bewerbunsgverfahren von ihren Universitäten ausgewählt und dorthin entsandt worden. Sie kommen aus der ganzen Welt und stellen für eine Woche Sitzungen der Generalversammlung und vielen weiteren UN-Ausschüssen nach. Dabei diskutieren und verhandeln sie über globale und aktuelle Themen. Die 18- bis 30-Jährigen erlangen spielerisch Einblick in die Richtlinien und Abläufe der UN. Insgesamt machen sich jedes Jahr mehr als 5000 Teilnehmer auf den Weg in die amerikanische Metropole.

Als Delegation vertreten sie die Interessen eines vorher zugeteilten Mitgliedstaates. „Nur sein eigenes Land kann man nie vertreten. Es soll ja gerade darum gehen, sich mit anderen Strukturen und Sichtweisen auseinanderzusetzen“, erklärt Henning Dieckow, der mit seinem Latein- und Altgriechischstudium eher zu den Exoten unter den Teilnehmern zählt. Mit seinen neun Mun-Kommilitonen wird er dieses Jahr Moldawien vertreten. Seit Oktober bereitet sich die Gruppe in ihrer Freizeit auf die Reise vor. „Die Konferenzen bedeuten zwar teilweise einen hohen, aber in jedem Fall einen lohnenswerten Aufwand“, sagt Dresen.

Dass die Gruppe tatsächlich mit großem Interesse das diplomatische Parkett erkundet, zeigt der Umstand, dass die Studierenden das Projekt an der Bonner Universität selbstständig organisieren. Bislang habe die Universität zur Vorbereitung immer ein Seminar angeboten, „das gibt es nun nicht mehr“, sagt der Masterstudent.

Sogar die an vielen anderen Universitäten weiter angebotene Möglichkeit, sich die Teilnahme an der Konferenz als Studienleistung anrechnen zu lassen, sei abgeschafft worden. „Die diesjährige Delegation ist die Kleinste seit jeher“, berichtet Dresen. „Wir wünschen uns von der Universität wieder größere Unterstützung. Ein besseres Standing wäre zum Beispiel wichtig, um mehr Studenten auf uns aufmerksam zu machen“, führt er fort.

Auch der finanzielle Aspekt schrecke den ein oder anderen Interessierten ab. So ist die Gruppe für die Beschaffung der Gelder – mit Flug, Anmeldegebühren sowie Kost und Logis vor Ort von mehr als 1000 Euro – selbst verantwortlich.

Aber vielleicht muss es gar nicht direkt der ganz große Wurf nach New York sein. Auch in der näheren Umgebung haben Interessierte die Möglichkeit, ihr Bewusstsein für politisches Handeln bei einer Mun-Konferenz zu schärfen.

Der 2002 von Studierenden der Uni Bonn gegründete Verein Bimun/Sinub holt das Format beispielsweise einmal im Jahr in die ehemalige Hauptstadt. Die Abkürzung steht auf Englisch und Französisch für „Bonner UN-Simulationskonferenz“. Im vergangenen Jahr fand die Bimun im alten Wasserwerk statt und stand ganz unter dem Motto des 70-jährigen Bestehens der Vereinten Nationen. James D. Bindenagel, ehemaliger US-Botschafter und Inhaber der Henry-Kissinger-Stiftungsprofessur, hielt die Eröffnungsrede.

Wer sich selbst als „Diplomat auf Probe“ im Debattieren versuchen möchte, kann über info@bimun.org Kontakt aufnehmen oder in der Vorlesungszeit mittwochs um 20 Uhr ins Hauptgebäude der Uni Bonn (Übungsraum 5) kommen.

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