Hochschulrankings Eher suggestiv als informativ

BONN · Rankings sind die Schminke im Hochschulwettbewerb. Kritiker monieren allerdings die Kriterien und Motive hinter den Ranglisten. Auch aus der oft gut platzierten Uni Bonn kommen skeptische Töne.

 Die Harvard University in den USA führt fast alle Rankings an. FOTO: HARVARD PUBLIC AFFAIRS & COMMUNICATIONS

Die Harvard University in den USA führt fast alle Rankings an. FOTO: HARVARD PUBLIC AFFAIRS & COMMUNICATIONS

Foto: picture alliance / dpa

Schon zweimal in diesem Jahr hat die Uni Bonn so etwas wie Medaillen im akademischen Wettbewerb bekommen: Platz 8 hierzulande, Platz 39 in Europa und Platz 94 unter den 200 besten Hochschulen weltweit – laut Ranking des vielbeachteten Bildungsmagazins The Higher Education (THE); und nach dem genauso renommierten „Shanghai-Ranking“ liegt Bonn national sogar auf Rang 4 sowie international auf den allesamt gleichwertigen Plätzen 101-150 unter insgesamt 500 Hochschulen.

Uni-Sprecher Andreas Archut sagt: „Wir freuen uns selbstverständlich, wenn ein Ranking den guten Ruf bestätigt, den unsere Uni genießt.“ Das nützt der Image-Werbung im Hochschulwettbewerb. Trotzdem äußert Archut zwei beherzigenswerte Bedenken: Rankings hätten den immer fragwürdigen „Reiz, das menschliche Bedürfnis nach Ordnung und einfachen Antworten auf allemal komplexe Zusammenhänge zu bedienen“ – zumal wenn sie ganze Unis miteinander vergleichen statt etwa einzelne Fächer. Zudem weiß der Bonner Hochschulsprecher, dass „sich die angewandten Ranking-Kriterien im Einzelnen immer auch kritisieren lassen“.

So richtet sich das THE-Ranking nach einem guten Dutzend Kriterien, von der Zahl der akademischen Abschlüsse und veröffentlichten Forschungsergebnisse bis zu Sponsorengeldern, die jeweils mit bestimmten Prozentsätzen in eine Gesamtrechnung eingehen. Die Forschung ergibt dabei schon die halbe Note.

Auch im Shanghai-Ranking mit einem etwas anderen Kriterien-Mix liegt das Schwergewicht auf der Forschung. Dort werden unter anderem Nobelpreise ab 1911 berücksichtigt, was jüngere Unis gegenüber älteren systematisch benachteiligt. Die THE-Rangliste andererseits stößt vor allem deshalb auf Bedenken, weil sie den Gesamteindruck einer Hochschule zu fast einem Drittel davon abhängig macht, wie oft Originalveröffentlichungen ihrer Mitarbeiter später anderswo zitiert werden.

Die Häufigkeit soll ein Indiz dafür sein, wie sehr der jeweilige Beitrag in der Fachwelt beachtet wird. Dies war überhaupt der Ausgangspunkt aller Rankings vor einem halben Jahrhundert: das bibliothekarische Interesse, welche Zeitschriften am meisten zitiert werden und deshalb in den Büchereien am wenigsten entbehrlich sind.

Die Zitierhäufigkeit mag auch einen Hinweis auf die durchschnittliche Qualität einer Zeitschrift geben – deren Ranghöhe erlaubt aber, wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) warnt, noch keine „belastbare Aussage“ über einen einzelnen Aufsatz, den Autor oder seine Hochschule. Deshalb betont die DFG etwa, dass für die Förderung in der milliardenschweren „Exzellenzinitiative“ von Bund und Ländern allein „inhaltliche Bewertungen“ und keine „quantifizierenden Kennzahlen“ ausschlaggebend waren.

Doch erscheinen Rankings nicht nur wegen der Kriterien zweifelhaft, nach denen sie Informationen verarbeiten – vielmehr sind schon die zugrundeliegenden Informationsmengen fragwürdig. Zwar werden sie für THE und Shanghai in gigantischen Datenbanken gesammelt, ohne jedoch die wissenschaftliche Publikationsflut voll zu erfassen. Zeitschriften werden viel öfter berücksichtigt als Bücher – zum Nachteil der Kulturwissenschaften, in denen Monografien nach wie vor eine größere Rolle spielen als in den modernen Naturwissenschaften.

Dabei beruhen das THE- und das Shanghai-Ranking auf konkurrierenden Datensammlungen der Verlage Reuters Thomson und Elsevier. Wie dort Originalbeiträge informationstechnisch erschlossen werden – vor allem durch mathematische Algorithmen –, suchte jüngst eine Doktorarbeit genauer herauszufinden (siehe untenstehenden Buchhinweis). Die Verfasserin stieß zu ihrer Enttäuschung auf eine Mauer des Schweigens – kein Wunder, es handelt sich um Geschäftsgeheimnisse der Medienunternehmen.

Trotzdem ergaben die Nachforschungen einen erstaunlichen Befund: Unterschiedliche Zitierweisen in Originalpublikationen, zum Beispiel mal mit oder ohne Vornamen der Autoren, verballhornten Titelangaben zumal bei der Umschrift aus dem Arabischen oder etwa Chinesischen in unser Alphabet, führen in den Datenbanken häufig zu Verwirrung und falscher Zählung. Qualitätskontrolle über Hochschulrankings ist mithin von Grund auf ein Irrglaube oder blendender PR-Gag.

Literatur: Terje Tüür-Fröhlich: The non-trivial effects of trivial errors in scientific communication and evaluation. vwh-Verlag 2016, 162 S., 24,80 Euro.

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