Photovoltaik Ein Wetterbericht für Sonnenstrom

Sankt Augustin · Solarstrom ist unsicher, weil die Sonne nicht ständig scheint? Ein Projekt der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg soll die Stromausbeute von Photovoltaik-Anlagen jetzt besser planbar machen.

 Projektmitarbeiter Christoph Schirrmeister misst die Bestrahlungsstärke der Sonne.

Projektmitarbeiter Christoph Schirrmeister misst die Bestrahlungsstärke der Sonne.

Foto: Eva Tritschler

Unkalkulierbare Schwankungen bei der Stromausbeute aus erneuerbaren Energien wie Wind und Sonne werden von Kritikern meist als Haupthindernis für die Energiewende genannt. Dabei geht es allerdings weniger um drohende Blackouts als um hohe Kosten, die das vorsorgliche Anfahren von Reservekraftwerken und die semi-optimale Nutzung der Stromnetze verursachen.

Wissenschaftler der federführenden Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS) und zahlreicher Partner haben jetzt im Verbundprojekt MetPVNet ein neues energiemeteorologisches Vorhersagemodell entwickelt, das eine sehr viel effektivere Auslastung der Stromnetze möglich machen soll.

Der Großraum Kempten im Allgäu diente als Versuchsfeld. Daten lieferten in zwei Messkampagnen mehr als 20 Messstationen in der Stadt und ihrer Umgebung. Zum Einsatz kamen hochpräzise Messinstrumente wie Spektrometer zur Strahlungsmessung, Wolkenkameras und „Sonnenfolger“, die sich selbst nach dem Sonnenstand ausrichten.

Auf diese Weise konnten die Wissenschaftler die Energieausbeute bei bewölktem Himmel und bei voller Sonneneinstrahlung bestimmen. Zudem konnten sie berechnen, wie stark beispielsweise Aerosolpartikel und Wolken die Sonnenenergie dämpfen. Am Ende stand ein hochwertiger, einmaliger Datensatz, um die entwickelten Methoden konsistent zu überprüfen.

Die im Projekt entwickelten Computermodelle, Satellitendaten und Wettervorhersagen erlauben eine weitaus genauere Vorhersage der Erträge, die von dezentralen Photovoltaikanlagen ins Netz eingespeist werden. Dies hat viele Vorteile, sowohl für den Netzausbau, als auch für den Netzbetrieb und die Vermarktung des erzeugten Stroms.

„Insbesondere die dezentrale Einspeisung von Strom aus Photovoltaikanlagen stellt die Betreiber der Verteilnetze vor neue Herausforderungen bei Ausbau und Betrieb der Netze der Zukunft“, erklärt Projektleiterin Professorin Stefanie Meilinger vom Internationalen Zentrum für Nachhaltige Entwicklung an der H-BRS.

Das neue Modell werde helfen, das Verteilnetz  stabil zu halten, wenn durchziehende Wolken die Menge an eingespeistem Photovoltaikstrom stark variieren lassen. Schon 2020 machte Energie aus erneuerbaren Quellen in Deutschland bei der reinen Stromproduktion laut Bundeswirtschaftsministerium 46 Prozent aus. Der Skaleneffekt ist mithin erheblich.

Bis 2050 soll der Bruttostromverbrauch aus klimafreundlichen Energiequellen bei 100 Prozent liegen. Der Weg dahin ist allerdings noch weit. Bei der wesentlich energieintensiveren Produktion von Heizwärme und Kälte lag der Anteil der „Erneuerbaren“ 2020 nämlich erst bei 15 Prozent.

Die Ergebnisse lassen sich aber auch andersherum nutzen. So können die Forscher aus der Strom­erzeugung der Anlagen Rückschlüsse auf die Bewölkung und die Belastung der Luft mit feinsten Schwebeteilchen ziehen, den sogenannten Aerosolpartikeln.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Über die Macht des Wassers
Klimawandel und Bonner Exzellenzforschung Über die Macht des Wassers