Gespräch mit dem Rektor der Alanus Hochschule „Ziel ist es, finanziell unabhängiger zu werden“

Alfter · Professor Hans-Joachim Pieper, Rektor der Alanus Hochschule in Alfter, sieht sein Haus auch nach dem überraschenden Rückzug von Kanzler Dirk Vianden für die Zukunft gut aufgestellt

 Alanus-Rektor Hans-Joachim Pieper hat die Re-Akkreditierung seiner Hochschule fest im Blick.

Alanus-Rektor Hans-Joachim Pieper hat die Re-Akkreditierung seiner Hochschule fest im Blick.

Foto: Martin Wein

Auch nach dem Rücktritt des Kanzlers gibt sich der Rektor der Alanus Hochschule, Hans-Joachim Pieper, optimistisch: Man sei dabei, unabhängiger vom Hauptsponsor zu werden und das inhaltliche Profil zu schärfen, erklärt er im Gespräch. Zunächst müsse die Hochschule aber ihre staatliche Anerkennung erneuern.

Nach Ihrer Vorgängerin Monika Kil als Rektorin Ende 2018 ist vor wenigen Wochen überraschend Dirk Vianden als Kanzler zurückgetreten, weil es inhaltliche Differenzen mit der Trägerstiftung gegeben habe. Muss man sich Sorgen über die Zukunft der Alanus Hochschule machen?

Professor Hans-Joachim Pieper: Dafür gibt es keinen Grund – im Gegenteil. Wir stellen uns mit Blick auf die Finanzierung und die inhaltliche Ausrichtung neu auf. Wir haben für zeitgemäße Themen wie Klimawandel, Künstliche Intelligenz oder Digitalisierung Menschen und Konzepte, die sich damit ganzheitlich auseinandersetzen. Das wird eher zu mehr Wachstum der Hochschule führen.

In der Stellungnahme zu Viandens Rücktritt ist von einem „herausfordernden Transformationsprozess“ die Rede. Worin besteht der?

Pieper: Im Moment haben wir natürlich ganz neue Aufgaben aufgrund der Pandemie. Das ist eine Herausforderung, mit der niemand rechnen konnte. Wir haben auf Corona sehr schnell reagiert – deutlich früher als die Universitäten. Wir haben am 16. März ein Betretungsverbot erklärt und unmittelbar und erfolgreich auf digitale Lehre in fast allen Fächern umgestellt.

Deswegen wird der Kanzler aber nicht zurückgetreten sein?

Pieper: Das stimmt. Die Alanus Hochschule ist ein Jahrzehnt lang gut gewachsen – allerdings vielleicht etwas weniger strategisch. Jetzt ist es an der Zeit, die Marschroute fürs nächste Jahrzehnt aufzustellen. Dazu haben wir zunächst mit der Hochschulleitung, der Verwaltungsleitung und der Alanus Stiftung als Trägerin der Hochschule Visions- und Strategieworkshops durchgeführt. Inzwischen wurden hochschulweit Planungsgruppen etwa zu den Themen Fundraising, Marketing, Qualität der Lehre oder Internationalisierung eingerichtet.

Viandens Rücktritt „hatte sicher auch persönliche Elemente. Die habe ich nicht zu kommentieren“

Und hier gab es inhaltliche Differenzen mit dem Kanzler?

Pieper: Dass er nach sieben Jahren entschieden hat, seine eigenen Wege zu gehen, hatte sicher auch persönliche Elemente. Die habe ich nicht zu kommentieren.

2018 hatte der Hauptsponsor, die Software-AG-Stiftung, ihre Zuwendungen für die Bereiche Schauspiel, Architektur und Wirtschaft gestrichen. Wie ist die finanzielle Situation der Hochschule heute?

Pieper: Wir haben mit der Software-AG-Stiftung nach wie vor eine stabile starke Partnerin in der Finanzierung. Für die drei genannten Fachbereiche hat sie tatsächlich begonnen, sich finanziell zurückzuziehen, aber keineswegs völlig, und sie hat dies mit Feingefühl umgesetzt. Die Fachbereiche Wirtschaft und Architektur finanzieren sich zunehmend unabhängig von der Software-AG-Stiftung.

Das heißt, finanziell haben Sie keine Sorgen?

Pieper: Ja, das heißt es. Wir müssen natürlich gute Studienangebote entwickeln, um auch in Zukunft möglichst viele Studierende, aber auch neue Spender und Sponsoren gewinnen. Ziel ist es, finanziell unabhängiger zu werden.

„Aus meiner Sicht ist der Status als staatlich anerkannte Kunsthochschule nicht gefährdet“

Auch inhaltlich gab es Rückschläge. 2018 lehnte der Wissenschaftsrat NRW ein generelles Promotionsrecht für die wissenschaftlichen Fächer ab. Diese genügten „derzeit nicht den Anforderungen an eine Universität oder gleichgestellte Hochschule“. Hat sich da etwas gebessert?

Pieper: 2015 hatte man das Ziel verfolgt, einem Teil unserer Kunsthochschule mit dem unabhängigen Promotionsrecht einen universitären Status zu verleihen. Dieser Ansatz war sicher sehr ambitioniert. Inzwischen sind wir wieder ein Stück weit zurückgetreten. Derzeit haben wir ein kooperatives Promotionsrecht zum Dr. phil. und Dr. paed. in den Bildungswissenschaften. Dabei zieht man eine Professorin oder einen Professor einer staatlichen Hochschule als Zweitgutachter hinzu.

Dieses Promotionsrecht läuft 2020 aus – ebenso wie die Akkreditierung als staatlich anerkannte Hochschule. Bei Ihrem Amtsantritt hatten Sie die Wieder-Akkreditierung als größte Aufgabe genannt. Wie ist der Stand?

Pieper: Gerade überarbeiten wir in Abstimmung mit dem Wissenschaftsrat unser Antragsverfahren. Im Oktober wird die Begutachtung vor Ort stattfinden. Im ersten Quartal 2021 rechnen wir mit der Entscheidung. Aus meiner Sicht ist der Status als staatlich anerkannte Kunsthochschule nicht gefährdet. Spannend wird es beim Promotionsrecht. Wir streben dieses kooperativ mit der Universität Witten/Herdecke zusätzlich auch für die künstlerischen Therapien an. Das wird sicher schwierig, weil sich pauschale Auflagen wie die geforderte Mindestzahl der Lehrstühle auf sogenannte kleine Fächer – und dazu gehören die künstlerischen Therapien – eigentlich nicht anwenden lassen.

Hätte die Hochschule ohne eine Akkreditierung und damit staatlich anerkannte Abschlüsse eine Zukunft?

Pieper: Nein, aber diese Frage stellt sich aus meiner Sicht nicht. Das Verfahren hat aber klarerweise höchste Priorität. Wir hoffen sehr, dass wir uns bei der Begehung tatsächlich in unseren Räumen präsentieren können. Eine virtuelle Begehung würde dem Wesen der Alanus Hochschule nicht gerecht.

Sie haben 2018 Ihren Posten zunächst als Interimslösung bis zum Ende des Wintersemesters 2020 angetreten. Im März wurden Sie nun regulär berufen.

Pieper: Ich war tatsächlich interimistisch bis Februar 2021 gewählt, um den Abschluss der Akkreditierung begleiten zu können. Durch die intensive Rektorats-Arbeit habe ich die Hochschule natürlich noch besser kennengelernt. Da hat es mich gereizt, ihre Entwicklung auch darüber hinaus in den kommenden Jahren zu begleiten, und mich deshalb auf die Position zu bewerben. Ich freue ich mich nun darauf, gemeinsam mit dem Rektorat, dem Senat, der Alanus Stiftung und allen Kolleginnen und Kollegen die Zukunft der Alanus Hochschule nachhaltig zu gestalten. Unser Ansatz bleibt, den Menschen in allen seinen Dimensionen – Körper, Geist, Seele sowie als spirituelles und soziales Wesen – zu betrachten. Daraus ergeben sich klare gesellschaftliche Verantwortungen. Gerade die Frage der Nachhaltigkeit rückt dabei noch stärker in den Fokus. Das ist mir persönlich auch ein großes Anliegen.

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