Uni Bonn: Serie „11 von 11.000“ Ihre präzise Arbeit führt zur klaren Diagnose

Bonn · Yvonne Fischer arbeitet als Medizinisch-Technische Assistentin in der Pathologie der Uniklinik

 Yvonne Fischer schickt die präparierten Gewebeproben durch verschiedene Entwässerungs- und Färbeverfahren. FOTO: BENJAMIN WESTHOFF

Yvonne Fischer schickt die präparierten Gewebeproben durch verschiedene Entwässerungs- und Färbeverfahren. FOTO: BENJAMIN WESTHOFF

Foto: Benjamin Westhoff

Nein, sie arbeitet nicht im komplett gekachelten Keller und hat auch noch nie an der Obduktion einer Leiche teilgenommen. Auch wenn viele das glauben, wenn Yvonne Fischer erzählt, was sie beruflich macht. Sie ist Medizinisch-Technische Assistentin (MTA) am Institut für Pathologie.

Die Wirkungsstätte der 28-Jährigen befindet sich auf dem weitläufigen Gelände der Uniklinik Bonn, auf der ersten Etage des unscheinbaren Gebäudes 62, das derzeit hinter einer großen Baustelle liegt. Dort halten mehrfach am Tag Fahrradkuriere und geben ihre besondere Fracht ab. Die Boxen enthalten frische Gewebeproben, die Chirurgen ihren Patienten auf dem Operationstisch entnommen haben. Mit einem kleinen Aufzug kommen die Behälter bei Fischer und ihren Kollegen an.

Ein akustisches Signal zeigt an, dass es im Labor nun sehr zügig gehen muss. Es steht ein Schnellschnitt des Gewebes an. Und von eben dem hängt der Fortgang der noch laufenden OP ab – beispielsweise wenn dadurch geklärt wird, ob ein Tumor gut- oder bösartig ist.

Nur ein paar Minuten bleiben der MTA, um die Probe nach der sorgfältigen Eingangsregistrierung für die Untersuchung durch den Pathologen vorzubereiten. „Das ist richtiges, präzises Handwerk, was wir hier liefern. Deswegen mache ich es so gerne“, sagt Fischer.

Ein hinzugerufener Arzt misst und wiegt das Gewebe und schneidet eine Probe für den Schnellschnitt zu. Anschließend schickt Fischer das Material – in „Compound“ gelegt, eine gel-artige Trägersubstanz – durch ein spezielles Gefrierverfahren. Der Kryostat, ein Kühlgerät, das für sehr tiefe Temperaturen sorgen und diese auch konstant halten kann, bringt das Gewebe auf minus 25 Grad. Nur dies ermöglicht den anschließenden Arbeitsschritt: Mit besonderen, sehr scharfen Klingen schneidet die MTA die Proben sodann – eingespannt in eine Art Minischraubzwinge – in extrem dünne Scheiben.

Die Gewebeproben sind nur drei Millionstel Meter dünn

„Drei Mikrometer sind für einen Schnellschnitt optimal“, sagt die 28-Jährige: Das sind gerade mal 0,003 Millimeter. Der Gewebeschnitt wird auf ein Glasplättchen aufgezogen und eingefärbt. Eindeckmedium und Deckglas kommen dazu: Die Probe ist fertig und kann vom Arzt unter dem Mikroskop untersucht werden.

Was die Mediziner nun herausfinden und in ihrer ganzen Tragweite den Operateuren umgehend mitteilen – manchmal bekommt Fischer es mit, manchmal auch nicht. Denn wenn die eine Arbeit erledigt ist, warten häufig schon die nächsten Aufgaben auf sie. Neben den Schnellschnitten kümmert sich Fischer auch um Gewebeproben, die langwierigere histologische Untersuchungen mit verschiedenen Entwässerungsdurchgängen und anschließenden Färbungen durchlaufen.

Zudem trägt sie die Mitverantwortung für die Arbeit des gesamten Teams mit seinen insgesamt 14 MTAs und BTAs (Biologisch-Technischen Assistenten). Seit 2011 – das war direkt nach ihrem Examen – arbeitet Fischer im Eingangs- und Schnellschnittlabor der Pathologie, im März des vergangenen Jahres hat sie dort die stellvertretende Leitung übernommen. Im Alter von 27 Jahren. Ein Erfolg, den sie ganz bodenständig einordnet: „Ich glaube, ich bin recht belastbar, arbeite ordentlich und zuverlässig. Deswegen wurde mir diese Position angeboten.“

Nach einem Arbeitstag versucht Yvonne Fischer, ihren Job auch in der Uniklinik zu lassen, wenn sie am Nachmittag nach Hause fährt. Das gelingt aber nicht immer. Ab und zu nimmt sie eine schlechte Diagnose in Gedanken dann doch mit nach Alfter, wo auch ihre Familie und viele ihrer Freunde wohnen.

Aus der Eingangsregistrierung der Gewebeproben kennt sie immer das Geburtsdatum des jeweiligen Patienten. „Wenn jemand mit meinem “Baujahr„ etwas Gravierendes hat, bin ich einfach nur froh, dass es mir gut geht“, sagt sie. Schlechte Diagnosen bei Kindern bringen sie besonders ins Grübeln. Dann geht sie am Feierabend raus in die Natur, mit dem Hund ihres Vaters. Das hilft nur bedingt, lässt sie aber weitermachen. „Denn am Tag danach haben die Patienten auch wieder ein Anrecht auf unsere präzise Arbeit, damit eine möglichst klare Diagnose gestellt werden kann.“

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