Köln-Bonner Start-up bezahlt WG-Miete Ein Jahr lang Studenten-WG für lau

Bonn/Köln · Ein Start-up der Universität Bonn finanziert zwei Wohngemeinschaften eine Jahresmiete. Das ist bitter nötig: Selbst wer den Bafög-Höchstsatz bekommt, musste im vergangenen Jahr in Bonn bereits 60 Prozent davon fürs Wohnen hinblättern.

Eine Bonner Uni-Ausgründung macht es möglich: Die Kölner Studentinnen Rosanna, Mona und Fanny (von links) können ein Jahr lang mietfrei wohnen.

Eine Bonner Uni-Ausgründung macht es möglich: Die Kölner Studentinnen Rosanna, Mona und Fanny (von links) können ein Jahr lang mietfrei wohnen.

Foto: WG

Rosanna, Fanny und Mona aus Köln können sich freuen. Die drei Studentinnen müssen für ihre gemeinsame Wohngemeinschaft ein Jahr lang keine Miete zahlen. Das junge Unternehmen Case, eine Ausgründung der Universität Bonn, übernimmt die Kosten. Auch eine vierköpfige Jungs-WG in Karlsruhe kann sich darüber freuen. 400 Wohngemeinschaften aus ganz Deutschland hatten sich um die Förderung beworben. Sie soll den Studierenden dabei helfen, mehr Fokus auf ihr Studium legen zu können.

Der Hintergrund: Die Warmmieten, die Studierende zahlen müssen, sind im Bundesdurchschnitt in den vergangenen fünf Jahren um 26 Prozent gestiegen. Für eine kleine Single-Wohnung mit bis zu 40 Quadratmetern schlugen in Bonn im vergangenen Jahr im Durchschnitt schon 555 Euro Warmmiete zu Buche. Das zeigte eine Auswertung des Portals Immowelt. Somit gehen rund 60 Prozent des aktuellen Bafög-Höchstsatzes von 934 Euro (sofern überhaupt bewilligt) allein fürs Wohnen drauf.

„Diese Kostensteigerungen führen in vielen Fällen dazu, dass sich Studierende nicht voll auf ihr Studium konzentrieren können und entsprechend schlechter abschneiden“, berichtet Julian Bonitz, der Marketingchef von Case. Mit den Stipendien wolle das Unternehmen dieser Entwicklung punktuell entgegenwirken.

Der Vergleich von Studienleistungen ist für Case schließlich das Hauptgeschäft. Das Unternehmen ist 2016 als candidate select GmbH aus zwei Promotionsvorhaben am Bonner Institut für Mikroökonomie entstanden.

Das Hauptgeschäft der Firma ist es, Studienleistungen vergleichbar zu machen

Mittlerweile beschäftigen die Gründer Dr. Philipp Karl Seegers und Dr. Max Hoyer 25 Mitarbeitende und haben ihren Firmensitz nach Köln verlegt. Zu den rund 60 weltweiten Kunden zählen die Telekom und Airbus ebenso wie die Bonner Unternehmensberatung Simon Kucher oder der Autobauer Porsche.

„Hochschulabschlüsse sind für sich genommen häufig kaum vergleichbar“, erklärt Bonitz. Mit einem ausgeklügelten eigenen Algorithmus ordnet Case Studienergebnisse und Arbeitserfahrungen automatisch im Vergleich zu standardisierten Leistungskennzahlen ein und stellt seinen Kunden ausgewählte Kandidatinnen und Kandidaten für gezielte Recruiting-Anfragen zusammen. Die Entwicklung des Algorithmus wurde von den Universitäten Bonn und Köln wissenschaftlich begleitet. Nur die zwischenmenschliche Komponente muss dann im Vorstellungsgespräch gegenseitig erkundet werden.

Die Vermittlung geschieht sowohl online wie über eigene Recruiting-Treffen. 80.000 Studierende haben dazu ihre Profile im Case-Netzwerk angelegt. Ihnen gegenüber wirbt das Unternehmen damit, offene Stellen nach individuellen Fähigkeiten zu vermitteln – und nicht nach Noten, Aussehen oder Status.

Unentschlossene oder unsichere Studierende können auf der Unternehmens-Webseite www.case-score.com auch selbst tätig werden und Tests, die für registrierte Nutzer kostenlos sind, beispielsweise zu räumlichem Vorstellungsvermögen, ihrer Problemlösungsfähigkeit oder zur Aufmerksamkeit ihre eigenen Fähigkeiten erkunden.

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