Bonner Lehrstuhl für Rechtsphilosophie Neue Zukunft für die „hohe Tradition“

Bonn · Ein langer Streit um den freien Bonner Lehrstuhl für Rechtsphilosophie scheint vorbei: Die Universität folgt dem mehr als deutlichen Wink aus Fachwelt und Politik. Die vakante Stelle soll „angemessen hochkarätig wiederbesetzt“ werden.

 Die „hohe Tradition der Rechtsphilosophie“ an der Universität Bonn werde fortgesetzt, teilt die Hochschule mit.

Die „hohe Tradition der Rechtsphilosophie“ an der Universität Bonn werde fortgesetzt, teilt die Hochschule mit.

Foto: utah51 - stock.adobe.com/Adobe Stock

„Mit Bestürzung haben wir die Entscheidung der Universität Bonn zur Kenntnis nehmen müssen, den Lehrstuhl für Rechtsphilosophie und Strafrecht nicht wieder zu besetzen.“ Das „Wir“ sind mehr als 70 Juristen in einem Protestbrief von Anfang voriger Woche an den Rektor. Sie bezogen sich auf eine amtliche Mitteilung vom 20. Juli, das Berufungsverfahren wegen „Verfahrensverstößen nicht fortzuführen“.

Das verstörte beispielsweise ehemalige Studenten, die heute Anwälte oder Rechtsvertreter in Behörden sind oder Richter bis hinauf zum höchsten Verwaltungsgericht in Nordrhein-Westfalen. Andere lehren an Unis in Fernost (Japan, Singapur, Taiwan), in Europa und nicht zuletzt in Deutschland. Darunter finden sich sogar Juraprofessoren der Uni Bonn wie Hans-Ullrich Paeffgen – der sich damit gegenüber eigenen Schülern, inzwischen Kollegen, exponiert, die in zwei gescheiterten Berufungsrunden seit 2018 unglücklich mitspielten.

Für die empörten Juristen ist die Rechtsphilosophie „ein Gegenmittel gegen geistlosen Technokratismus“, gegen bloße „Rechtsanwendung“. Sie fordern konkret, „den Lehrstuhl wieder seiner Reputation angemessen zu besetzen“, also auch nicht auf eine Juniorprofessur für eine Nachwuchskraft herabzustufen.

Damit schließen die Bedenkenträger ausdrücklich an einen Appell an, den Kollegen aus der spanischsprachigen Welt bereits im Frühjahr an den Rektor richteten. Allesamt treten sie für den Lehrstuhl als internationalen Leuchtturm der Bonner Rechtswissenschaften ein.

Mit Schreiben von Donnerstag, 16. September, gab der Dekan der Fakultät, auch im Namen des Rektors, den derzeitigen Kritikern umgehend Recht – aber nicht so einfach, sondern offensichtlich im Kontext mit einem amtlichen Bescheid, der gleichzeitig bekannt wurde.

Selbst der Petitionsausschuss des NRW-Landtags befasste sich mit der Causa

Dazu kam es so: Im Mai wandte sich der Stellenbewerber und Freiburger Rechtsprofessor Michael Pawlik wegen des stockenden Berufungsverfahrens an den Petitionsausschuss des NRW-Landtags. Als Berichterstatter lud der Abgeordnete Karl Schultheis die Beteiligten zu einer gemeinsamen Sitzung über den Sach- und Streitstand, also den Petenten und Vertreter der Uni und des Ministeriums.

Angesichts Tausender Petitionen im Jahr ist ein solcher Erörterungstermin eine Ausnahme. Sonst entscheidet der Ausschuss aufgrund einer Stellungnahme des zuständigen Ministeriums. In diesem Fall beschloss das Gremium Ende August einen „Zwischenbescheid“, den die Uni Bonn erwägen soll.

Der Beschluss empfiehlt, dass die Professorenstelle „schnellstmöglich mit einer in besonders herausragender Weise qualifizierten Persönlichkeit besetzt wird“. In solchen Fällen kann laut Hochschulgesetz NRW (Art. 38.1.3) von einer Ausschreibung „ausnahmsweise abgesehen werden“. Der Ausschuss bittet die Landesregierung, „über den Ausgang des Besetzungsverfahrens zu berichten“. Eine klare Ansage.

Dementsprechend erklärt der Uni-Sprecher jetzt dem GA: Weder „die Fakultät, noch das Rektorat beabsichtigen, diesen sehr renommierten und international angesehenen Lehrstuhl auf Dauer unbesetzt zu lassen“. Nach dem Willen von Dekanat und Rektorat „werde die hohe Tradition der Rechtsphilosophie an der Fakultät fortgeführt und der Lehrstuhl angemessen hochkarätig wiederbesetzt“. Versprochen. Den international hochgeschätzten Bewerber Pawlik und seine Fachkollegen kann’s freuen.

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