Zwischen Labor und Karate-Training Rheinbacher Studentin nimmt Kurs auf Olympia

Rheinbach · Die Leistungssportlerin Jenny Warling macht gerade ihren Master in analytischer Chemie. Zusätzlich zu ihrem 40-Stunden-Job trainiert sie für ihr großes Ziel: Karate ist bei den Spielen 2020 erstmals olympisch.

 „Ich bin einfach ein Wettkampftyp.“ Die Studentin Jenny Warling bereitet sich in Mayen auf ihre großen Wettkämpfe vor.

„Ich bin einfach ein Wettkampftyp.“ Die Studentin Jenny Warling bereitet sich in Mayen auf ihre großen Wettkämpfe vor.

Foto: Eva Tritschler

Für ihre Masterarbeit in analytischer Chemie und Qualitätssicherung führt sie sogenannte Stresstests mit Wirkstoffen wie zum Beispiel Ibuprofen durch. Mit besonders hohen Belastungen kennt Jenny Warling sich aus. Denn ihr ganzer Tagesablauf, ihre Wochen- und Monatspläne wirken wie ein einziger Stresstest. Doch das scheint der 24-Jährigen wenig auszumachen, als Leistungssportlerin kann sie gut mit Druck umgehen.

Im Alter von fünf Jahren hat sie mit Karate begonnen, 2009 nahm sie an ihrer ersten Europameisterschaft teil und kam direkt auf den dritten Platz. Seitdem stehen rund 20 Starts pro Jahr im Sportkalender der jungen Frau, die in der Gewichtsklasse bis 55 Kilo startet.

Aber das ist eben nur die eine Sache, die sie mit viel Engagement und voller Aufmerksamkeit betreibt. Die andere ist ihr Studium an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Sie kam im Wintersemester 2013/14 aus ihrem Heimatland Luxemburg nach Rheinbach, weil sie das dort angebotene Studienfach „Forensik“ interessierte und sie in der Nähe auch gut trainieren kann. Nach ihrem Bachelor bringt sie nun ihr Aufbaustudium zu Ende. „Ich bin optimistisch, dass ich in diesem Herbst meinen Master habe“, sagt die junge Frau während einer kurzen Lernpause auf dem Campus Rheinbach. Für ihren Abschluss arbeitet sie derzeit 40 Stunden pro Woche bei dem Unternehmen LTS (Lohmann Therapie-Systeme) und führt dort ihre Tests durch.

Wenn ihr Tagespensum im Labor in Andernach erledigt ist, fährt sie von montags bis donnerstags direkt im Anschluss nach Mayen, wo sie abends im Karateverein „Vulkan Budo“ trainiert. Für ihn tritt sie auch bei kleineren Wettkämpfen an. Bei größeren, internationalen Turnieren startet sie für ihr Heimatland.

Für eine feste Beziehung keine Zeit

Vom Nationalen Olympischen Komitee Luxemburg (COSL) bekommt sie auch finanzielle Unterstützung, wenn sie zum Beispiel zu einem Wettkampf ins Ausland reist. Ihr Zimmer in einem privaten Studentenwohnheim in Rheinbach zahlt sie hingegen selbst. Das Komitee kann auch helfen, wenn es mal nicht gelingt, Studium und Leistungssport unter einen Hut zu bringen. „Es schreibt dann an die Hochschule, dass ich begründet fehle, wenn ich an einem Wettkampf teilnehme“, erklärt Warling. „So bekomme ich eigentlich alles gut hin.“

Ab und zu hat die junge Frau sogar ein bisschen Freizeit, an manchen Freitagabenden und an wettkampffreien Wochenenden. Die verbringt sie mit ihren Freunden aus dem Studium, besucht Musik- oder Street-Food-Festivals. Aber alles geht dann doch nicht. „Für eine feste Beziehung habe ich im Moment wirklich keine Zeit“, sagt die Studentin.

Gerade erst hat Warling an einem Weltranglistenturnier in Istanbul teilgenommen. Sie schied in der zweiten Runde aufgrund des Schiedsrichtervotums nach einem Remis (0:0) aus. Derzeit wird sie in der Weltrangliste auf Rang elf geführt. Was sie an ihrem Sport so fasziniert? „Ich bin einfach ein Wettkampftyp“, sagt die ansonsten so ruhig wirkende junge Frau. Deswegen konzentriert sie sich innerhalb ihres Sports auch auf die Kategorie Kumite: Das bedeutet freies Kämpfen, bei dem man den Gegner zwar berührt, sich aber keine Verletzungen zufügt. Die Sportler tragen Körperprotektoren, Fuß- und Schienbeinschoner. Dennoch ist sie bei einem Wettkampf schon mal k.o. gegangen. Abgeschreckt hat sie das nicht.

Besondere Wettkampfsaison

Der Spaß am Training und an der Sportart an sich überwiegt. Weitere Pluspunkte für sie: „Ich komme viel rum in der Welt und mein Freundeskreis aus dem Sport ist international“, erzählt Warling. Bald geht es weiter mit den Reisen: Vom 19. bis 22. Juli stehen die Studenten-Weltmeisterschaften in Kobe (Japan) an. Es folgen ein weiteres Weltranglistenturnier in Berlin und die Weltmeisterschaft in Madrid.

Dabei ist diese Wettkampfsaison eine ganz besondere. Denn bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio wird Karate zum ersten Mal als olympische Sportart aufgenommen. Und die mehrstufigen Qualifikationen beginnen schon in diesem Jahr. Für die Spezialistin in Fausttechniken ist dies eine besondere Motivation: „Natürlich wäre ich gerne dabei, das ist mein großes Ziel“, sagt sie und bleibt realistisch. Denn sie weiß, dass die doppelte Herausforderung mit dem Abschluss des Studiums keinesfalls endet.

„Danach brauche ich einen guten Job, in dem man akzeptiert, dass ich nebenher Leistungssport mache und häufig auf Turnieren bin“, meint sie. Erst mal möchte sie in Deutschland, später dann in Luxemburg arbeiten. Vielleicht in einem Polizeilabor. Dann würde sie sich gerne mit Spurenanalyse – und nicht mehr so sehr mit Stresstests – beschäftigen.

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