Große Bonner Gesundheitsstudie sammelt Daten Die Rheinland Studie forscht auch über Corona

Bonn · Die großangelegte „Rheinland Studie“ sammelt über Jahre hinweg Daten zur Gesundheit tausender Bonner. Auch über das Virus Sars-CoV-2 und die Krankheit Covid-19. In den Untersuchungszentren läuft der Betrieb auch im Teil-Lockdown weiter – mit angepassten Schutzmaßnahmen.

 Monique Breteler leitet die groß angelegte Rheinland Studie. 6000 Teilnehmer/innen aus der Region werden dabei über Jahre auf ihre Gesundheit hin untersucht.

Monique Breteler leitet die groß angelegte Rheinland Studie. 6000 Teilnehmer/innen aus der Region werden dabei über Jahre auf ihre Gesundheit hin untersucht.

Foto: Benjamin Westhoff

Das eine engagiert tun und das andere mit viel Einsatz nicht lassen. So ungefähr lässt sich derzeit die Arbeit von Monique Breteler beschreiben. Die Direktorin für populationsbezogene Gesundheitsforschung am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) brachte 2016 die „Rheinland Studie“ an den Start. Damit nehmen die Professorin für Epidemiologie und ihr Team die Gesundheit tausender Menschen in Bonn ins Visier.

Die Teilnehmer – inzwischen sind es mehr als 6000 – werden über Jahre begleitet, die Untersuchungen regelmäßig wiederholt. Dazu zählen Blutabnahmen, Gedächtnistests und Körperfettmessung. Ziel ist es, die Zusammenhänge von Lebensstil, persönlicher Disposition und individuellen Risikofaktoren möglichst genau zu analysieren. So sollen neue Perspektiven zur Vorbeugung schwerer Krankheiten, wie etwa Alzheimer, gewonnen werden.

Die Teilnehmer – alle Bewohner der Stadtteile Beuel und Hardtberg haben eine Einladung erhalten – kommen für ihren Check-up in die beiden Untersuchungszentren rechts und links des Rheins. „Und das sollen sie auch weiterhin tun“, sagt Breteler.

„Wir forschen für die Gesunderhaltung der Menschen, und das wollen wir auch und gerade während der Pandemie tun“

Während des ersten Lockdowns im Frühjahr hatten die beiden Zentren ihren Betrieb eingestellt und im Juli wieder aufgenommen. Nun wollen Breteler und ihr Team erstmal weitermachen mit ihrer Arbeit an der und für die Rheinland Studie. „Wir forschen für die Gesunderhaltung der Menschen, und das wollen wir auch und gerade während der Pandemie tun“, sagt Breteler.

Dafür hat das DZNE die Corona-Infektionsschutz-Maßnahmen in den Zentren angepasst und fast 50 000 Euro in die Anschaffung von je 14 HEPA-Luftfiltern investiert. „Wahrscheinlich ist die Luft bei uns nun so sauber wie sonst kaum woanders“, meint die Wissenschaftlerin. Zudem werde in den Zentren natürlich regelmäßig gelüftet.

Sowohl das medizinische Personal als auch die Probanden tragen Mund-Nasen-Schutz. Wenn der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann, greifen die Mitarbeiter der Studie zu FFP2-Masken. Zudem begegneten sich die Teilnehmer höchstens mit viel Abstand auf ihrem Weg von einem Untersuchungszimmer ins andere.

Für Breteler ist die Rheinland Studie eine Herzensangelegenheit und wichtig, um irgendwann eine wirksame Prävention oder Therapie für die bisher unheilbaren Demenz­erkrankungen zu finden. Aber nicht nur das. Schon während des ersten Lockdowns hatte sie (wie berichtet) die Idee, die gewonnenen Daten aus der Rheinland Studie dazu zu nutzen, das Coronavirus besser verstehen zu lernen.

Deswegen erhielten die Teilnehmer der Studie die Bitte, in den Bonner Untersuchungszentren Blut abzugeben, um es in den Laboren von Christian Drosten an der Charité in Berlin auf Antikörper (und damit eine bereits erfolgte Infektion mit dem Virus) testen zu lassen. Zu Beginn der Pandemie war die Erwartung, dass eine nennenswerte Zahl der Probanden bereits an Covid-19 erkrankt war, ohne Symptome entwickelt zu haben. Daraus erhofften sich die Forscher Hinweise darauf, warum einige Menschen gegenüber dem Virus widerstandsfähiger sind als andere.

„Man muss davon ausgehen, dass in den von uns untersuchten Bonner Stadtteilen fast keiner immun ist“

Von den damals etwa 5000 Teilnehmern wies jedoch nur knapp ein Prozent einen positiven Antikörpertest auf. Aber auch das heißt nichts, weil es sich dabei auch um Kreuzreaktionen auf andere Coronaviren handeln könnte. Also kam ein sogenannter Neutralisationstest zum Einsatz. Der zeigte, dass von diesem einen Prozent der Probandengruppe nur ein Drittel spezifische Antikörper gegen Sars-CoV-2 entwickelt hatte.

„Die Zahl der betroffenen Probanden war bislang zu klein, um daraus Erkenntnisse über die Anfälligkeit für das Virus ableiten zu können“, so Breteler. Eine weitere Reihenuntersuchung unter Teilnehmern der Rheinland Studie – mit unterstellter höherer Dunkelziffer – ist für kommendes Frühjahr geplant.

Die Probanden mit positivem Antikörperbefund wurden im Herbst erneut getestet. Das Ergebnis: Von denjenigen, die ursprünglich spezifische Antikörper gegen Sars-CoV-2 entwickelt hatten, wiesen 20 Prozent keine Antikörper mehr auf. Eine weitere Bestätigung dafür, dass die Immunität gegen das Coronavirus brüchig und recht kurzlebig zu sein scheint. „Man muss davon ausgehen, dass in den von uns untersuchten Bonner Stadtteilen fast keiner immun ist“, sagt Breteler.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Hilfe für Start-ups aus der Hochschule
Wenn Forschende und Studierende zu Gründern werden wollen Hilfe für Start-ups aus der Hochschule
Zum Thema
Aus dem Ressort