Menschen an der Uni Bonn Roland Lutz ist der Tüftler vom Dienst

Bonn · 11 VON 11 000 Elektro-Ingenieur Roland Lutz baut in seiner Wissenschaftlichen Werkstatt Prototypen für die Uni-Forschung. Seine Aufträge kommen aus dem Institut für Landtechnik und erfordern höchsten Einsatz.

Das Boden-Penetrometer in der hinteren Halle der Wissenschaftlichen Werkstatt ist ein mechanisches Monster. Bis zu einer Tonne Druck baut die Spitze des Geräts auf, das sich in den Erdboden bohrt und dessen Dichte bis zu einer Tiefe von zwei Metern bestimmen soll. Es ist eine Maßanfertigung für das Institut für Landtechnik der Universität Bonn, das Roland Lutz und seine Kollegen ganz schön viel Kraft, Energie und Nerven gekostet hat.

Fast zwei Jahre lang hat die Konstruktion des Geräts gedauert und ist somit eines der größten Projekte, die das Team realisiert hat. So eine Sonderanfertigung baut man nun einmal nicht im Handumdrehen. „Doch genau dafür sind wir ja da“, betont Werkstattleiter Lutz und lacht. „Manchmal müssen wir den Wissenschaftlern erst einmal den einen oder anderen Zahn ziehen und ihnen sagen, dass sich die von ihnen geplanten Experimente so nicht realisieren lassen – aber in der Regel können wir doch sehr kreativ sein und ziemlich viel bauen.“

Die Wissenschaftliche Werkstatt des Instituts für Landtechnik ist innerhalb der Universität Bonn eine ebenso rare wie unverzichtbare Einrichtung. Sie konzipiert und konstruiert Prototypen für die drei Fachbereiche Tierhaltungstechnik, Systemtechnik beim Pflanzenbau und Haushaltstechnik, muss also sowohl massive Apparate als auch feine Überwachungsanlagen und Elektro-Schaltkreise herstellen. Mal geht es um die Frage, wie aktiv Tiere in einem Stall sind oder wie viel Gewicht auf einem einzelnen Huf lastet. Dann wieder gilt es, Erntemaschinen zu optimieren oder die Lebensdauer von Kühlschränken zu messen.

Manche Geräte lassen sich umbauen oder umprogrammieren, vieles muss aber auch von Grund auf neu entwickelt werden. Was dem Team von Roland Lutz immer wieder gelingt. „Viele Werkstätten aus diversen Fachbereichen sind in den vergangenen Jahren zu einer zentralen Einheit zusammengefasst worden“, erklärt Lutz. „Aber wir sind davon bislang zum Glück verschont geblieben. Das hat den Vorteil der kurzen Wege – und den der Spezialisierung. Wir kennen uns natürlich mit den Anforderungen der drei Abteilungen des Instituts besonders gut aus und können daher viele Herausforderungen ganz anders einschätzen.“ Das ist gerade bei großen Maschinen von Vorteil. Und mit denen hat die Werkstatt andauernd zu tun.

Nicht nur bei dem Penetrometer: Derzeit arbeitet das Team an einer Maschine, die Kompost in Ackerboden einbringen soll. „Das Problem ist zum einen, dass Kompost ein großes Volumen hat und daher der Trichter für das Material entsprechend groß sein muss. Zum anderen soll er ja auch tief in die Erde gepflügt werden und braucht dementsprechend große Eggen“, erzählt Lutz. „Diese Teile müssen also erst einmal von uns geschmiedet werden.“

Regelmäßig kommen Studenten und Professoren mit den ungewöhnlichsten Aufträgen zu Lutz und seinen Kollegen. „Einmal wollte eine Studentin den Garheitsgrad von Fleisch bestimmen“, erinnert sich dieser. „Aber wie definiert man den? Wir haben dann hinterher einen Farbsensor gebaut, der in das Fleisch sticht und aus dem Inneren Werte liefert, und dazu einen Drucksensor, der gemessen hat, wie schnell das Fleisch zurückfedert, ob es also noch schön zart ist. Das war schon eine verrückte Aktion. Zum Glück haben wir alle in den vergangenen Jahren so viele unterschiedliche Erfahrungen gesammelt, dass uns fast immer etwas einfällt.“

Dabei sind die meisten Mitarbeiter ursprünglich Feinmechaniker, nur Lutz fällt als Elektro-Ingenieur ein wenig aus dem Rahmen. „Früher haben wir hier sogar ausgebildet, aber leider haben wir inzwischen keinen Feinmechaniker-Meister mehr“, so Lutz. Doch auch die Veteranen lernen ständig dazu. „Das Spannende an unserem Job ist ja, dass wir bei einem Projekt im Zehntel-Millimeter-Bereich arbeiten und beim nächsten wieder meterlange Teile flexen und schweißen müssen.“

Viele der in der Werkstatt gebauten Geräte kommen nur für eine einzige Messreihe zum Einsatz, andere finden dagegen in ganz Deutschland Verwendung. „Wir haben einmal eine Art Roller gebaut, mit dem der Abstand zwischen Pflanzen vermessen werden kann“, erzählt Lutz und führt diesen sogleich vor. „Die Landwirte wollten damit überprüfen, ob die automatischen Setzmaschinen richtig justiert sind. Wir haben eine kleine Serie hergestellt, die immer noch genutzt wird – unter anderem von einem großen Hersteller solcher Maschinen. So etwas macht uns natürlich schon stolz, weil wir damit etwas Nachhaltiges geschaffen haben.“ Und etwas Einzigartiges.

Langweilig wird es Lutz nicht. „Auf keinen Fall“, bestätigt dieser und grinst. „In der Regel haben wir 10 bis 15 Projekte in der Pipeline, die wir nach und nach abarbeiten. Und spätestens im Frühjahr kommen wieder alle möglichen Leute mit neuen Ideen um die Ecke.“

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