Bonner Forscher liefern Erklärung Warum ist die Sterblichkeitsquote in Deutschland vergleichsweise gering?

Bonn · Während in Spanien und Italien bereits tausende Menschen an den Folgen des neuartigen Coronavirus gestorben sind, gibt es in Deutschland noch vergleichsweise wenige Tote. Zwei Wissenschaftler der Universität Bonn liefern nun eine Erklärung für die so unterschiedlichen Todesraten.

 In Deutschland ist die Todesrate durch das Coronavirus noch vergleichsweise niedrig.

In Deutschland ist die Todesrate durch das Coronavirus noch vergleichsweise niedrig.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Längst ist das Coronavirus auch in Europa angekommen. Doch während Länder wie Italien und Spanien bereits mehrere tausend Verstorbene zu beklagen haben, scheint das Virus in Deutschland vergleichsweise mild zu verlaufen: Bislang sind mit Bezug auf die Zahlen des Robert-Koch-Instituts hierzulande weniger als 0,5 Prozent der Erkrankten an COVID-19 gestorben. Der Virologe Christian Drosten sieht die hohe Anzahl der Tests, die in Deutschland durchgeführt werden, als möglichen Grund für die vergleichsweise niedrige Todesrate. Eine weitere mögliche Erklärung für die sehr unterschiedlichen Todesraten liefern die Professoren Moritz Kuhn und Christian Bayer von der Universität Bonn.

Wie die Universität mitteilte, untersuchten die beiden Ökonomen in verschiedenen Ländern die Unterschiede in der Form des Zusammenlebens und der sozialen Interaktion im Zusammenhang mit deren Sterberate bei COVID-19-Infektionen. Ihr Ergebnis: Je mehr erwerbstätige Menschen noch mit ihren Eltern zusammenleben, desto höher der Anteil von Toten zu Beginn der Epidemie.

So leben in Italien oft mehrere Generationen unter einem Dach, ältere Verwandte werden stark ins Familienleben miteinbezogen und jüngere Menschen, die sich keine eigene Wohnung leisten können, ziehen verhältnismäßig spät aus ihrem Elternhaus aus. „Wenn sich die arbeitende Bevölkerung in hohem Maß infiziert, dann ist das für Bevölkerungsstrukturen wie in Deutschland oder Skandinavien, wo wir weniger generationsübergreifende Formen des Zusammenlebens kennen, weniger dramatisch“, gibt Kuhn an. Sobald das Virus unter Älteren gestreut hat, komme es aber zu einer Kettenreaktion, die das Gesundheitssystem überlastet.

Weil es auch in vielen osteuropäischen Ländern üblich ist, dass viele Generationen zusammenleben, warnen die Ökonomen vor einer ähnlich fatalen Situation wie in Italien, wenn nicht frühzeitig Schutzmaßnahmen für die älteren Menschen eingeleitet werden.

Sie konnten in den asiatischen Ländern ebenfalls vergleichbare Zusammenhänge feststellen. Dass die Todesrate dort trotzdem niedriger ist als in Spanien und Italien, liegt laut Mitteilung daran, dass die Bevölkerung insgesamt deutlich jünger ist. Möglich ist auch, dass die Länder von ihren Erfahrungswerten der SARS-Krise im Jahr 2003 profitieren. So gibt es in Asien sogenannte Fieberklinken, die lediglich erkältungs- sowie grippespezifische Symptome behandeln und so das Gesundheitssystem entlasten.

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