Wissenschaft Testergebnis: Durch Antibiotika mehr Methan im Rinderdung

Boulder · Wenn Rinder rülpsen, wird klimaschädliches Methan frei - das ist bekannt. Auch im Dung der Tiere entsteht das Treibhausgas. Forscher wollen jetzt herausgefunden haben: Werden die Tiere mit Antibiotika behandelt, wird mehr Methan frei.

 Rinder produzieren Hunderte Liter Methangas je Tier täglich.

Rinder produzieren Hunderte Liter Methangas je Tier täglich.

Foto: Marc Müller

Mit Antibiotika behandelte Rinder setzen über den Dung wahrscheinlich verstärkt klimaschädliches Methan frei. Zu diesem überraschenden Ergebnis sind Forscher nach einer ersten kleinen Testreihe gelangt.

Möglicherweise profitierten die methanbildenden Mikroben im Darm der Tiere davon, dass die Bakterien dort durch die Antibiotika gehemmt werden, schreibt das Team in den "Proceedings B" der britischen Royal Society. Der weit überwiegende Teil des von Rindern freigesetzten Methans wird allerdings beim Rülpsen abgegeben - die Wirkung von Antibiotika auf diesen Prozess untersuchten die Forscher nicht.

Rinder produzieren Hunderte Liter Methangas je Tier täglich und tragen damit zur Klimaerwärmung bei. Das Gas entsteht beim Zelluloseabbau durch bestimmte Mikroben im Pansen der Wiederkäuer. Im Dung läuft dieser Prozess noch einige Zeit weiter. Wenn Dungkäfer Tunnel durch die auf den Wiesen liegenden Fladen graben, gelangt Sauerstoff hinein. In der Folge sinkt die Menge freigesetzten Methans, weil die Methanbildner durch Kontakt mit Sauerstoff absterben.

Die Forscher um Tobin Hammer von der University of Colorado in Boulder (USA) wollten nun klären, inwiefern sich dieses Zusammenspiel bei der Gabe von Antibiotika verändert. Insgesamt zehn Rinder wurden in ihre Testreihe einbezogen. Fünf von ihnen erhielten Tetracycline, in der Landwirtschaft häufig eingesetzte Breitband-Antibiotika. In einige der anschließend von den Tieren fallengelassenen Fladen wurden Grabende Dungkäfer (Aphodius fossor) gesetzt. Anschließend untersuchten die Forscher die Mikrobenzusammensetzung im Dung sowie im Verdauungstrakt der Käfer und erfassten die Menge freigesetzten Methans, Kohlendioxids und Distickstoffmonoxids (Lachgas).

Sowohl im Dung als auch bei den Käfern war die Mikrobenzusammensetzung nach Antibiotikagabe eine andere. Größe, Vermehrungsrate und Zahl der Käfer blieben aber gleich. Trotz der somit wohl gleichbleibenden Durchlüftung über die Käfergänge wurde in den Fladen behandelter Kühe fast die doppelte Menge Methan freigesetzt.

Tetracycline wirkten auf die zu den Archaeen gehörenden Methanbildner weit weniger als auf Bakterien, erläutern die Forscher. Möglicherweise gebe es einen Konkurrenzvorteil. Die genauen Ursachen des Effekts müssten aber noch untersucht werden. Keine Unterschiede gab es beim Kohlendioxid, der Lachgasausstoß war jeweils in den von Dungkäfern besiedelten Fladen höher und verminderte sich dort bei Antibiotikagabe leicht.

Der Agrarwissenschaftler Michael Kreuzer von der Universität in Zürich beziffert den Anteil des Methans, das über den Dung der Rinder frei wird, auf zehn bis zwanzig Prozent. "Antibiotika verändern die Mikroben im Pansen und im Dung", sagte Kreuzer, der nicht an der Studie beteiligt war. Das könne alles Mögliche anrichten. Nach einer Vorstudie mit zehn Tieren müssten aber auf jeden Fall noch intensivere Forschungen folgen, um das Ergebnis der Wissenschaftler zu bestätigen.

Dass Antibiotika die Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaften im Verdauungssystem verändern, wurde bereits für viele Tierarten und auch den Menschen gezeigt. Speziell zur Wirkung auf methanbildende Mikroben gebe es aber noch kaum Analysen, schreiben die Forscherin den "Proceedings B". Generell begünstigt der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung die Entwicklung und Verbreitung von Resistenzen - mit Folgen auch für den Menschen.

In einer von der britischen Regierung in Auftrag gegebenen Studie kamen Forscher erst kürzlich zu dem Schluss, dass ohne entsprechende Gegenmaßnahmen künftig zehn Millionen Menschen weltweit pro Jahr an Infektionen mit resistenten Erregern sterben könnten. Derzeit sind es demnach etwa 700 000 jährlich. Das Forscher-Team um den britischen Ökonomen Jim O'Neill forderte in einem Zehn-Punkte-Programm unter anderem, den Gebrauch von Antibiotika in der Landwirtschaft weltweit einzuschränken.

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