Studienanfänger in Bonn 8600 Erstsemester haben ihr Studium aufgenommen

Bonn · "In diesem Semester beginnen rund 8600 Erstsemester ihr Studium an der Universität Bonn - davon 5500 “echte„ Erstis, die nun ins erste Fachsemester starten", sagte am Montag Uni-Sprecher Andreas Archut.

 Allgemeine Studienberatung: Physik für Erstsemester im Wolfgang-Paul-Hörsaal.

Allgemeine Studienberatung: Physik für Erstsemester im Wolfgang-Paul-Hörsaal.

Foto: Volker Lannert

Hörsaal I, kurz nach zwölf Uhr: Die Verwunderung unter den Studenten ist groß: Ein Gong, den man normalerweise nur am Flughafen hören kann, ist soeben erklungen. Einige schauen sich um und fragen sich, woher der Gong gekommen ist. Andere schauen auf ihre Collegeblöcke und nehmen vom unbekannten Geräusch nur am Rande Notiz. Als er aber ein zweites Mal erklingt, ist auch deren Interesse für den ungewohnten Klang geweckt. Was hat der Flughafen-Gong mit der Vorlesung "Europäische Integration: Interessen - Politiken - Prozesse" von Prof. Wolfgang Hilz zu tun?

Der Projektor wirft beim gestrigen Semesterstart eine Folie an die Wand, auf der zu lesen ist, dass eine "Durchsage der Universität Bonn" folgen würde. "Vergewissern Sie sich, dass Ihre Tasche sicher unter Ihrem Sitz verstaut ist", fordert eine nette, aber bestimmend klingende Frauenstimme. "Setzen Sie sich bitte aufrecht hin und klappen Sie Ihren Mund wieder zu. Die Vorlesung beginnt", sagt die Lautsprecher-Stimme am Ende ihrer Durchsage. Das Gelächter unter den Politikstudenten, für die mit dieser unterhaltsamen Begrüßung das dritte Semester beginnt, ist groß. Gute Stimmung am ersten Vorlesungstag nach zweieinhalbmonatigen Semesterferien - was will man mehr?

Dass das gängige Klischee des "faulen Studenten" - zumindest in Bonn - nicht zutrifft, wird in Hörsaal X deutlich. "Ich bin froh, dass die Uni wieder losgeht. Ich habe zwar sechs Wochen gearbeitet, aber die Semesterferien waren insgesamt schon sehr lang", sagt Japanisch-Student Jan Schnegotzki, während um ihn herum sich seine weiblichen Kommilitoninnen überschwänglich begrüßen.

Geradezu eng wird es am Morgen vor Hörsaal I: Die Geräuschkulisse ist gigantisch, viele Studenten halten Gebäudepläne der Uni in der Hand, blicken sich unsicher um. Für den Betrachter wird sofort klar: Hier handelt es sich um Erstsemester. Unter ihnen ist Benjamin Weigand, der etwas entspannter wirkt als die anderen. "Ich habe mein Studienfach gewechselt. In den letzten zwei Semestern habe ich Mathematik studiert, aber ich möchte etwas studieren, das anwendungsbezogen ist - das erhoffe ich mir nun von VWL. Nach meinem Einblick in Mathe denke ich, dass es nun für mich etwas leichter wird", sagt der 20-Jährige.

Für eine Vielzahl von Erstis, wie die Erstsemester im Volksmund genannt werden, beginnt der richtige Uni-Alltag aber erst mit den Vorlesungen am kommenden Montag. Diese Woche steht noch die Orientierungswoche mit Informationen, Kneipenabenden und Stadtführungen auf dem Programm. Ein Studienplatz ist, angesichts des doppelten Abiturjahrganges in diesem Jahr, keine Selbstverständlichkeit - viele Bewerber wurden abgelehnt. "Vier Freunde von mir, die Medizin studieren wollten, haben keinen Platz bekommen - sie müssen jetzt warten", sagt Maria Conzen, die sich über einen Platz in Geographie freut. Kritik am Bewerbungsverfahren äußert keiner der Neu-Studenten - kein Wunder, sie haben das Glück, einen Studienplatz bekommen zu haben. "Meine Bewerbung hat ohne Probleme funktioniert", sagt Samuel Breuer, der ab diesem Wintersemester Geographie auf Lehramt studiert. Selbst die Suche nach einer geeigneten Unterkunft fiel dem 20-Jährigen relativ leicht, obwohl Wohnraum für Studenten in Bonn rar ist.

Ihren ersten Unitag wird Susanna Zellini nicht so schnell vergessen. Die 23-Jährige aus Florenz, die anlässlich eines Erasmus-Jahres ein Semester Philosophie in der Bundesstadt studieren möchte, ist zum uni-eigenen "info-point" ins FAZ-Café gekommen, um zu erfahren, wie sie sich im Internet für Lehrveranstaltungen anmelden kann. Die Infos bekommt sie - zu ihrer Überraschung - aus erster Hand: Uni-Rektor Professor Jürgen Fohrmann hospitiert unter der fachmännischen Anleitung von Nadine Kirdorf und Heike Bersem-Roder am "info-point". Dem Rektor, der sich mal nicht im Anzug, sondern mit Polo-Shirt und Kapuzenshirt des "info-points" zeigt, macht der Job sichtlich Spaß und beweist, dass er sich an seiner Uni bestens auskennt.

"Ich finde mich in Bonn sehr gut zurecht. Es läuft alles prima, das kenne ich so nicht - nun gut, ich komme ja auch aus Italien", sagt Susanna Zellini mit einem Augenzwinkern. Kritik hat die junge Italienerin beim Thema Wohnungssuche: "Ein Zimmer in Bonn zu finden, ist schwierig. Ich habe drei bis vier Monate gesucht - das funktioniert noch nicht so gut."

Mit Rekordzahlen ins Bonner Wintersemester

"In diesem Semester beginnen rund 8600 Erstsemester ihr Studium an der Universität Bonn - davon 5500 “echte„ Erstis, die nun ins erste Fachsemester starten", sagte gestern Uni-Sprecher Andreas Archut. Die Zahl Letzterer ist im Vergleich zum vergangenen Jahr um zehn Prozent gestiegen. Unter den 8600 Erstsemestern befinden sich auch Hochschul- und Fachwechsler sowie 1500 neue Master- und 200 neue Promotionsstudenten. Die Uni Bonn erreichten in diesem Jahr rund ein Viertel Bewerbungen mehr als im vergangenen Jahr: 72 000 Bewerbungen waren es für dieses Wintersemester. Zeitgleich gab es aber auch noch nie so viele Fächer mit einem Numerus clausus. Dennoch hatten viele Bewerber letztlich Glück: In rund zwei Dutzend Fächern wurden letztlich alle Bewerber zugelassen, andere kamen im Nachrück- und Losverfahren zum Zuge. Laut Uni war auch in diesem Jahr die Nachfrage insbesondere in den Medienwissenschaften, Psychologie, Pharmazie, Medizin und Agrarwissenschaften sehr hoch. Die Universität Bonn stellt 2013 rund 1000 zusätzliche Studienplätze bereit.

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