Interview mit Uni-Rektor Fohrmann Als Westfale der Bonner Alma mater treu

BONN · Kein Bewohner des Elfenbeinturms, sondern ein Mann, der alles daran setzt, dass die Bonner Universität ein Teil der Stadt ist: Jürgen Fohrmann sucht den Kontakt, nicht nur zu seinen Studenten, sondern auch zu den Bürgern. Egal, ob sie vorher schon einmal eine Uni von Innen gesehen haben oder nicht.

 Italienische Momente vor dem Hauptgebäude der Uni: Rektor Jürgen Fohrmann genießt Cappuccino und Mandelhörnchen.

Italienische Momente vor dem Hauptgebäude der Uni: Rektor Jürgen Fohrmann genießt Cappuccino und Mandelhörnchen.

Foto: Roland Kohls

Als 142. Rektor der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität steht der Germanist in einer langen Reihe und will mit den Traditionen keineswegs brechen, aber doch manches verändern.

Fohrmann: Das gehört dazu, dass wir bei der Eröffnung des Akademischen Jahres in Talaren auftreten, Rechenschaft geben und Traditionen pflegen wie Ernennungen oder das Totengedenken. Alle, die das abgeschafft haben, sind damit nicht gut gefahren.

Neue Wege will der frühere Präsident des Germanistenverbandes beschreiten, was die Rolle der Universität angeht, den zweitgrößten Arbeitgeber Bonns als Uni in der Stadt positionieren. Als Mediator, als Kreuzungspunkt, mit einer Schlossakademie, die sich an die Bonner Bürger richtet.

Fohrmann: Ich bin froh, dass wir die Stummfilmtage wieder hier haben. Aber auch mit Konzerten oder der Schlossakademie, die wir gerade aufbauen, ziehen wir viele Bürger an. Das ist ein Desiderat, weil ich uns als Teil der Stadt sehe. Da bieten wir ganz viel Verschiedenes bis hin zur Krimilesung. Allein die großen Vorlesungen, zu denen auch immer Gäste kamen, die gibt es kaum mehr, seit es den Bachelor gibt. Dafür haben wir sogar ein Ballettstudio, das hat Ulrich Wickert mitgegründet.

Ein Alumnus, ein Ehemaliger, sei der TV-Journalist, dessen Verbindung zum Spitzentanz allerdings auch dem in Bielefeld geborenen Rektor ein Rätsel bleibt. Auch der künftige WDR-Intendant Tom Buhrow hat in Bonn studiert.

Fohrmann: Dem habe ich beim Uni-Fest noch einmal feierlich seine Urkunde verliehen.

Als Buhrow sein Examen ablegte, war das noch eine wenig feierliche Angelegenheit. Und da, wo heute das öffentliche Uni-Café mit integrierter Infotheke der Alma mater der Öffentlichkeit zur Verfügung steht, befand sich damals noch das Studentensekretariat.

Fohrmann: Das ist ein bisschen wie unsere Besucherstube.

Kein Wunder, dass er diese auch fürs Frühstück ausgesucht hat. Schließlich liegt das Rektorat nebenan. Und wo könnten Mandelhörnchen und Cappuccino besser schmecken, als vor dem Schloss in der Sonne? Der Rektor balanciert die Kaffeetasse zu seinem Platz und grüßt freundlich zu den Studenten hinüber. Kontaktscheu ist der 59-Jährige sowieso nicht, auch den Stadtratsfraktionen stattet er regelmäßig einen Besuch ab.

Fohrmann: Mir ist das lieber, einen direkten Kontakt zu haben, als eine undefinierbare Gerüchteküche. Auch wenn ich als Literaturwissenschaftler schon über Fama geforscht habe.

Im Oktober 2006 wirkte Fohrmann am Symposium "Fama: Die Kommunikation der Gerüchte" mit. Beteiligt waren Germanisten, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaftler, ganz interdisziplinär. Ein Steckenpferd Fohrmanns, wie das Nebeneinander von Forschung und Wissenschaftsmanagement, das seinen Lebenslauf wie ein roter Faden durchzieht. Ähnlich stringent seine Ideen, was eine Universität für ihn ausmacht. Ganz gleich, ob es sich um eine Reformuni wie in Bielefeld handelt, wo er mit gerade mal 26 Jahren promoviert und sich später habilitiert hat, oder um eine Massenuni, wo viel mehr Studenten auf einen Professor kommen.

Fohrmann: Da habe ich zwei Prinzipien: Die Universität pflegt die Wissenschaft im Zusammenspiel aller an ihr Beteiligten. Und: Man darf etwas voneinander haben wollen.

Ideen, die Fohrmann bereit ist, energisch zu verteidigen.

Fohrmann: Wir sind ja keine Berufsakademie.

Was der verheiratete Vater einer erwachsenen Tochter und zweifache Großvater keineswegs als geringschätzig missverstanden wissen will. Seit der Freund eines komplementären Bildungssystems 1991 auf seinen Bonner Lehrstuhl berufen, 2006 zum Dekan und 2008 zum Rektor gewählt worden ist, muss er mit seiner Zeit haushalten: Er ringt mit Gymnastik und Joggen um körperliche Fitness.

Gönnt sich wegen seiner organisatorischen und repräsentativen Pflichten allenfalls ein Forschungsthema pro Jahr, am Abend ab und zu eine Pfeife und Entspannung mit seiner Frau im Hennefer Garten. Dort sucht er auch die Einsamkeit, überlegt, ob er sich 2015 zur Wiederwahl stellt. Mit einem Ruf in die Ferne hat er zwar mal geliebäugelt, sich aber immer für Bonn entschieden.

Fohrmann: Westfalen sind bekanntlich treu.

Sogar dem Rheinland. Wie treu, hat Fohrmann als Träger des Mäuseordens im Karneval bewiesen. Da hat er in der Bütt nachgewiesen, dass die Hermannsschlacht weder in Kalkriese noch im Teutoburger Wald geschlagen wurde, sondern auf der Bonner Hofgartenwiese. Wissenschaftlich fundiert, versteht sich.

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