Archäologen entdeckten ein antikes Theater

Beim Bonner Grabungsprojekt in Didim (Didyma) wurden die Suchenden fündig. In bis zu 3,50 Metern Tiefe wurden Sitzstufen gefunden, die die Existenz eines Theaters belegen.

 Freigelegt: Mauern des antiken Theaters.

Freigelegt: Mauern des antiken Theaters.

Foto: Akademieprojekt "Kulte im Kult"

Bonn. Seinen Anfang genommen hat das Ganze mit einem Loch. Mit einer auffälligen Vertiefung und einem Stück Mauer, um genau zu sein. Was die Archäologen im Sommer 2010 glauben ließ, bei den Ausgrabungen im Auftrag der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und Künste sowie des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) auf das Stück einer Terrassenmauer gestoßen zu sein. An sich nicht ungewöhnlich - 50 Meter von einem antiken Sakralbau wie dem Apollontempel von Didyma (Didim) entfernt.

Doch bei weiteren Grabungen im Sommer 2011 nahm das runde Stück Mauer mit dem Treppenzugang plötzlich ganz neue Konturen an: In bis zu 3,50 Metern Tiefe wurden Sitzstufen gefunden, die nunmehr mit Sicherheit die Existenz eines Theaters belegen. Freigelegt ist inzwischen ein Schenkel der Außenmauer samt einer Ecke zum Bühnenzugang. Außerdem lassen sich an der Außenseite Stützmauern erkennen, die dem Bau Stabilität verleihen sollten. In einer erdbebengefährdeten Region wie dieser gewiss kein Luxus.

"Dass es an der Südostseite des Tempels ein Stadion für die sportlichen Wettkämpfe gab, war schon seit langem bekannt", erläutert Professorin Helga Bumke, ebenfalls aus Halle. Sie leitet das seit 2009 an der Universität Bonn angesiedelte Projekt "Kulte im Kult" der Nordrhein-Westfälischen Aka- demie der Wissenschaften und Künste und wird dabei von den wissenschaftlichen Mitarbeitern Jan Breder, Ivonne Kaiser und Ulf Weber unterstützt.

Die Gesangs- und Redewettbewerbe zu Ehren Apollons vermutete die Fachwelt bislang im 17 Kilometer entfernten Milet, das mit Didyma durch eine Heilige Straße verbunden war, an der auch eigene Rituale abgehalten wurden. Der im Laufe von 600 Jahren und in mehreren Baustufen errichtete Tempel von 60 mal 120 Metern wurde bei ersten Ausgrabungen von 1906 bis 1913 freigelegt und gilt heute als einer der besterhaltenen antiken Anlagen in der heutigen Türkei.

Damals wurden ebenfalls Teile eines so genannten Tabernakelbaus gefunden: typische Schmuck- fassaden von Toranlagen oder eben auch Bühnengebäuden. "Wenn es dort also ein Theater gegeben hat, existiert vielleicht auch ein Fundament, mit dem sich diese Teile verbinden lassen", hofft die Professorin.

Die Suche nach einem Bühnenhaus, zu dem die Tabernakelfassade gehört haben könnte, wird eine der Aufgaben bei den Grabungen 2012 sein. Außerdem soll der Durchmesser des Zuschauerrunds ermittelt werden, der nach Angaben der Akademie etwa bei 50 Metern liegen dürfte. Somit hätte das Theater seinerzeit rund 2 500 Menschen Platz geboten.

Das Projekt "Kulte im Kult" ist bis zum Jahr 2021 angelegt. Möglich wurde es auch dadurch, dass inzwischen viele Wohnhäuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert verlassen und eingestürzt sind. Die "moderne" Siedlung hatte der Arbeit der Archäologen auf dem Areal des antiken Orakelheiligtums während der ersten Jahrzehnte noch enge Grenzen gesetzt.

Gebaut worden sein dürfte das Theater etwa im zweiten Jahrhundert nach Christus, zur Zeit von Kaiser Hadrian (117-138 nach Chr.), einem erklärten Förderer griechischer Kultur, dem auch die Tabernakelfassade gewidmet ist. Wettkämpfe zu Ehren Apollons fanden damals allerdings schon seit Jahrhunderten statt.

Neu ist die Erkenntnis, dass in Didyma für alle kultischen Wettkämpfe an Ort und Stelle ein Austragungsort vorhanden war, womit das außerstädtische Heiligtum Parallelen zu Delphi aufweist. "Aber wer weiß, was bei weiteren Grabungen noch zu Tage treten wird", wagt die Projektleiterin einen Blick in die Zukunft.

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