UNU-Vizerektor Jakob Rhyner "Bonn ist für uns ein Glücksfall"

Bonn · Jakob Rhyner ist Vizerektor und Direktor des Instituts für Umwelt und menschliche Sicherheit der UN-Universität (UNU-EHS) in Bonn. Mit dem promovierten Physiker sprach Ute Warkalla.

Wofür brauchen die Vereinten Nationen eine eigene Universität?

Jakob Rhyner: Die Frage hat man sich natürlich im Vorfeld der Gründung auch gestellt. Einerseits wusste man bei den Vereinten Nationen, dass man auf Wissenschaft angewiesen war, andererseits war es ein Problem, von den Universitäten Antworten auf interdisziplinäre Fragen zu bekommen, insbesondere auf Problemstellungen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit. Damals fehlte noch die stärker gesamtheitliche Betrachtung, die sich die Vereinten Nationen wünschten. Mittlerweile ist dieses inter- beziehungsweise transdisziplinäre Denken praktisch überall zu finden.

Trotzdem gibt es nach wie vor Unterschiede zwischen der UNU und anderen Universitäten?

Rhyner: Universitäten sind in erster Linie Wissenschaftseinrichtungen, und daran soll sich auch nichts ändern. Wir arbeiten zwar auch wissenschaftlich, aber unser Augenmerk gilt nicht nur der wissenschaftlichen Profilierung. Wir arbeiten mit unterschiedlichsten Organisationen zusammen, um konkrete Lösungsvorschläge zu unterbreiten, immer vor dem Hintergrund der 17 globalen Entwicklungsziele. Unsere Aufgabe wird auch als die eines "think tank" gesehen. Das heißt, von uns werden nicht nur Antworten auf gegenwärtige Probleme erwartet; wir müssen auch die Fragen angehen, die uns unsere Partner in zehn Jahren stellen werden.

Mit welchen Partnern arbeitet die UNU zusammen?

Rhyner: Das sind zum einen andere UN-Organisationen wie das Klimasekretariat (UNFCCC), aber auch Nichtregierungsorganisationen und Ministerien. Mit zahlreichen Bonner Institutionen sind wir bereits jetzt stark vernetzt. Bonn ist in dieser Hinsicht für uns ein Glücksfall. Wir arbeiten eng mit dem Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) zusammen, mit dem wir unter anderem den Aufbau der Panafrikanischen Universität, speziell des Instituts für Wasser und Energie in Algerien fördern. Mit dem Geographischen Institut der Bonner Universität bieten wir einen eigenen Masterstudiengang an. Darüber hinaus bin ich im Beirat des Bonn International Center for Conversion (BICC). Im Forschungsbereich der Klimaversicherungen ist die UNU in einem Konsortium, in dem auch Germanwatch mitarbeitet - um nur einige Beispiele der Vernetzung in Bonn zu nennen. Unsere Zusammenarbeiten beschränkt sich aber natürlich nicht auf die Stadt. Ein Beispiel hierfür ist der Weltrisikobericht, den wir mit dem Bündnis "Entwicklung hilft" herausgeben.

Mit der Medizinischen Fakultät bereitet die UNU zurzeit einen Weiterbildungsmaster für Berufstätige im medizinischen Bereich vor. Plant die UNU ihre Bildungsaktivitäten noch weiter auszubauen?

Rhyner: Die großen Ausbildungsaktivitäten sind bei den Universitäten sehr gut aufgehoben, da wären wir fehl am Platze. Aber solche Experimente - so würde ich es nennen - wie der Masterstudiengang, den wir als UN-Organisation gemeinsam mit einer klassischen Universität anbieten, dafür sind wir auch weiterhin offen. Das ist ein völlig neues Format, das den Absolventen sowohl beruflich wie persönlich interessante Perspektiven eröffnet. Außerdem möchte ich erreichen, dass solche erprobten und bewährten Ausbildungsmodule auch in anderen Teilen der Welt genutzt werden. Wir verstehen es als eine Art "Open-Source"-Ausbildungsgang - kopieren erwünscht!

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort