Bonner Professor für Handelsrecht erhält Leibniz-Preis

Für herausragenden Forschungsleistungen 2,5 Millionen Euro - Weniger Intuition, mehr Analyse

Bonner Professor für Handelsrecht erhält Leibniz-Preis
Foto: Uni Bonn

Bonn. Für seine herausragenden Forschungsleistungen erhält der Wirtschafts- und Handelsrechtler Professor Holger Fleischer den Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis, der mit 2,5 Millionen Euro dotiert ist.

Das hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) in Bonn bekannt gegeben. Professor Fleischer leitet seit 2004 das Institut für Handels- und Wirtschaftsrecht der Universität Bonn. Den Preisträger erreichte die Nachricht von der DFG zu Hause, wo er sich um seinen einjährigen Sohn Christoph kümmerte. Vater und Sohn staunten nicht schlecht, als kurze Zeit später mit Unirektor Professor Matthias Winiger, Prorektor Professor Max P. Baur und Kanzler Reinhardt Lutz die ersten Gratulanten vor der Tür standen.

"Mich hat es sehr überrascht, dass ich als Jurist mit dem Leibniz-Preis ausgezeichnet werden soll", sagt Fleischer. "Normalerweise stehen hinsichtlich dieser Auszeichnung Naturwissenschaftler und keine Geisteswissenschaftler in der ersten Reihe." Der Preisträger erforscht das Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht. Dabei geht es etwa um die Rechte und Pflichten von Vorstandsmitgliedern in Aktiengesellschaften.

"Ich stelle darüber Rechtsvergleiche verschiedener Länder an - etwa Deutschland, Frankreich und USA", berichtet Fleischer. Der Staat steuere das Vorstandshandeln durch Gebote, Verbote und Transparenzregeln. In seinen Untersuchungen gehe es darum, ob diese Regeln die richtigen rechtsökonomischen Anreize setzen. "Ein aktuelles Beispiel ist das Risikobegrenzungsgesetz, für das die Bundesregierung einen Entwurf vorgelegt hat", erläutert der Wirtschaftsrechtler.

Dabei gehe es um die Regulierung von Finanzinvestoren (Hedgefonds und Private-Equity-Fonds) durch sehr weitreichende Offenlegungspflichten. "Der Gesetzgeber übersieht dabei, dass solche Regeln zugleich wertsteigernde Unternehmens-transaktionen erschweren oder ver-hindern", meint Fleischer. Empirische Studien zeigten, dass die Tätigkeit von Hedgefonds ökonomisch grundsätzlich positiv zu bewerten ist. "Statt mit der Schrotflinte auf Hedgefonds zu schießen, sollte der Gesetzgeber besser spezifische Missbrauchsmöglichkeiten punktuell und minimalinvasiv unterbinden", sagt der Professor.

Auch in der Gesetzgebung gebe es immer Nebenwirkungen - genauso wie bei Medikamenten. Die Folgen von Rechtsregeln würden meist intuitiv bewertet. "Wir brauchen jedoch eine gründlichere Kosten-Nutzen-Analyse der Finanzmarktregulierung", schlägt der Preisträger vor. Die Gesetzesfolgenabschätzung in Form der Frage "Was wird die Rechtsregel bringen und was hat sie gebracht?" sei noch nicht weit entwickelt.

Fleischer möchte einen Teil des Preisgeldes dazu verwenden, eine Forschergruppe aus Juristen und Ökonomen aufzubauen, die genau solche Gesetzesfolgenabschätzungen im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht unternimmt. "Junge Wissenschaftler aus unterschiedlichen Ländern könnten hierzu international vergleichend arbeiten", sagt der Wirtschaftsrechtsprofessor. "Das ist auch eine schöne Möglichkeit der Nachwuchsförderung."

Der Jurist und Diplom-Kaufmann gilt als einer der herausragenden Experten der deutschen Zivilrechtswissenschaft, aber auch als Kenner des US-amerikanischen Rechts, das er vor Ort studiert hat. "Das Kapitalmarktrecht reizt mich sehr, weil es noch ein junges und sehr dynamisches Forschungsgebiet ist, das sich gerade erst entfaltet", sagt Fleischer.

Zudem liefere die empirische Kapitalmarktforschung wertvolle Daten, die in Analysen einfließen können. Fleischer (Jahrgang 1965) hat weit über 100 Abhandlungen in führenden Zeitschriften verfasst, darunter auch viele in englischer Sprache. Fleischer ist außerdem Herausgeber des "Handbuchs des Vorstandsrechts". Der Preisträger begeistert sich für Fußball.

"Früher war ich Spieler, Fußballtrainer und Schiedsrichter, doch für das Kicken habe ich keine Zeit mehr." Fleischer studierte in Köln Rechts- und Wirtschaftswissenschaften und absolvierte den Master of Laws (LL.M.) an der Universität von Michigan in Ann Arbor. Auf die Habilitation im Jahr 1999 in Köln folgte eine Lehrstuhlvertretung in Bayreuth und ein Jahr später eine Professur in Göttingen. Im Jahr 2003 folgte Fleischer einem Ruf an die Universität Bonn, wo er bis 2004 Direktor des Instituts für Steuerrecht war und seit 2004 als Direktor das Institut für Handels- und Wirtschaftsrecht leitet.

Die DFG ehrt in ihrem Leibniz-Programm außerdem drei Wissenschaftlerinnen und sieben weitere Wissenschaftler. Der Leibniz-Preis ist die höchstdotierte Auszeichnung, die in Deutschland regelmäßig vergeben wird - eine Art "deutscher Nobelpreis". Das Preisgeld von 2,5 Millionen Euro ist für Forschungsarbeiten in einem Zeitraum von bis zu sieben Jahren vorgesehen. Bei der Verwendung der Mittel werden den Preisträgern größtmögliche Freiheiten eingeräumt. Die Preisverleihung findet am 11. Februar in Berlin statt.

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