Bonner Professorin untersucht islamische Welt
Sterndeutung als Propagandamittel - Eva Orthmann erforscht Geschichte der Astrologie in der islamischen Welt
Bonn. (sj) Die Kommunalparlamente sind gewählt, die Bundestagswahl steht noch bevor. Parteien schlachten gerne Umfragewerte aus, um ihre Anhänger zu motivieren. Auch vor vielen hundert Jahren sind Vorhersagen bereits als Propagandamittel genutzt worden.
Professor Eva Orthmann vom Institut für Orient- und Islamwissenschaften der Universität Bonn untersucht hierzu historische Texte aus der islamischen Welt. Die Konkurrenz mit allen Mitteln schlecht zu machen, war auch schon in früheren Zeiten üblich: So haben sich die Perser bereits im 8. und 9. Jahrhundert die Astrologie für Propaganda-Zwecke zu Nutze gemacht.
Nachdem der Iran im 7. Jahrhundert durch die Araber erobert worden war, errechneten die Perser anhand der Konstellation der Planeten Jupiter und Saturn das Ende der arabischen Herrschaft. In anti-arabischen Schriften kündigten sie die Rückkehr persischer Größe und Vorherrschaft an.
"Die Astrologie gab auch Aufschluss über die Zukunft politischer Systeme", betont Orthmann. Der Blick in den Sternenhimmel diente auch der Entscheidungsfindung - etwa, um einen guten Tag für eine Schlacht zu wählen. "So konnte man als Herrscher auch ganz einfach Verantwortung abgeben", sagt die Forscherin.
War die Schlacht verloren, hätten halt die Sterne schlecht gestanden, oder der Astrologe hätte schlecht beraten. Die Islamwissenschaftlerin hat zahlreiche alte Texte aus der islamischen Welt untersucht. "Es ist auffällig, wie häufig in den Schriften zumindest flüchtig von Astrologen die Rede ist", betont sie. Auch das Volk ging damals zum Sterndeuter: Wie geht es meinem verreisten Mann? Unser Sohn ist momentan im Krieg - ist er noch gesund? "Also Fragen, für die wir heute einfach zum Telefonhörer greifen", lächelt Orthmann.