Bonner Verein "Biopat" vergibt Namens-Patenschaften für neu entdeckte Tier- und Pflanzenarten

Schöne Schlupfwespe sucht immer noch einen Taufpaten

Bonner Verein "Biopat" vergibt Namens-Patenschaften für neu entdeckte Tier- und Pflanzenarten
Foto: dpa

Bonn. Seltene Orchideen und bunte Schmetterlinge sind der Renner. Auch schillernde Käfer und sogar glitschige Frösche finden Anklang. Nur die Schlupfwespe will niemand haben: Das langbeinige Insekt ist Ladenhüter im Sortiment von "Biopat". Der Bonner Verein vergibt gegen eine Spende Namenspatenschaften für neu entdeckte Tier- und Pflanzenarten. Insgesamt 70 Arten konnte so bislang zu einem Namen verholfen werden.

Warum ausgerechnet die Schlupfwespe noch keinen Taufpaten gefunden hat, kann sich Jörn Köhler, Biologe und Mitbegründer von "Biopat", selbst nicht erklären: "Sie ist doch wunderschön gezeichnet", findet er. Und schließlich hat der Verein schon die skurrilsten Dinge vermittelt: "Einen parasitären Pilz, der an Gräsern lebt, zum Beispiel oder einen arktischen Flohkrebs."

Prominentestes Beispiel ist die Orchidee "Maximillaria Gorbatschowii". Sie wurde dem früheren sowjetischen Staatspräsidenten zum 70. Geburtstag verehrt. Dank Biopat krabbelt aber zum Beispiel auch ein Skorpion namens "Tityus martinpaechi" durch Brasiliens Regenwälder und hüpft ein Frosch mit dem Namen "Dendrobates claudiae" in Panama umher.

Insgesamt hat Biopat bereits 350 000 Mark an Spendengeldern kassiert. Der Erlös aus der Patenschaftsaktion kommt zum Teil der Forschung zu Gute: 50 Prozent fließen an das Institut, für das der Wissenschaftler arbeitet, der die Art entdeckt hat. Die andere Hälfte geht an die Länder, in denen die neu entdeckten Exemplare leben. Dort sollen mit dem Geld Naturschutzprojekte gefördert werden.

Der Hintergrund: Tag für Tag entdecken Forscher weltweit im Schnitt 28 neue Tier- und Pflanzenarten. Mittlerweile sind etwa zwei Millionen namentlich bekannt - nur ein kleiner Prozentsatz dessen, was tatsächlich auf unserem Planeten lebt: Wissenschaftler gehen davon aus, dass es auf der Erde zehn bis 100 Millionen Tier- und Pflanzenarten gibt.

Jedes Jahr sterben 24 000 davon aus. Schuld ist meist der Mensch, der Tieren und Pflanzen ihre natürlichen Lebensräume nimmt. "Zwar hat es in der Geschichte der Erde immer schon ein Artensterben gegeben, aber noch nie in so kurzen Zeiträumen wie heute", sagt Köhler.

Um etwas schützen zu können, muss man es erst einmal kennen. Deshalb ist die Notwendigkeit einer schnellen Erfassung der Artenvielfalt in der UNO-Konvention zur biologischen Vielfalt festgeschrieben, die 1992 auf der Rio-Konferenz verabschiedet wurde. Für die Taxonomie - die Klassifizierung und Beschreibung von Arten - sind aber dennoch in der öffentlichen Förderung so gut wie keine Gelder vorhanden. "Die Diplomanden und Doktoranden haben die Schubladen voll von neuen Arten, aber kein Geld für Forschungsreisen", klagt Köhler.

Um Spenden einzuwerben, gründete er deshalb 1999 mit dem Biologen Frank Glaw den Verein Biopat. Wegweiser war damals die erfolgreiche "Aktion Namenspaten" der Münchener Staatssammlung. Unterstützt wird der Verein von der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ), die auch Gründungsmitglied ist. Andere renommierte Mitglieder sind die Zoologische Staatssammlung München und das Museum Koenig.

Das Prinzip ist ganz einfach: "Jeder Wissenschaftler der Welt kann über Biopat Arten zur Vermittlung frei geben", erklärt Köhler. Die Seriosität wird zunächst vom wissenschaftlichen Beirat des Vereins überprüft. Der Forscher tritt dann das Recht, "seiner" neu entdeckten Art einen Namen zu geben, an den Spender ab. "Wir achten natürlich darauf, einen klangvollen Namen zu finden", betont Köhler.

Einen Frosch namens "Coca-Cola" werde es mit Sicherheit nicht geben. Ist der Name gefunden, schlägt der verantwortliche Forscher ihn in der notwendigen Fachveröffentlichung vor. Sofern die wissenschaftliche Prüfung den Vorschlag gutheißt, wird er in den Annalen der taxonomischen Wissenschaften verewigt. Der Spender erhält dann eine Patenschaftsurkunde und einen Sonderdruck der Veröffentlichung.

Das Spektrum der Interessenten reicht von Leuten, die ein originelles Geschenk suchen, über engagierte Tier- oder Naturschützer bis hin zum Unternehmen. Zur Zeit hat Biopat 40 Arten im Angebot: Von der Schnecke über Frösche und Schmetterlinge bis hin zum Skorpion. "Die meisten Leute wollen aber am liebsten eine schöne Orchidee", berichtet Köhler. Hier tauchen Engpässe auf: "Es gibt nun mal viel mehr Insekten und Käfer." Bei besonderen Raritäten, wie zum Beispiel Vögeln, von denen nur ein bis zwei Arten im Jahr neu entdeckt werden, erwartet der Verein daher auch eine höhere Spende.

Biopat hat seinen Sitz im Museum Alexander Koenig, Adenauerallee 160. Auskunft unter Telefon (02 28) 9 12 22 34. Infos und eine Liste der zu vermittelnden Tier- und Pflanzenarten gibt''s auch unter www.biopat.de.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort