Bonner Zahnarzt führte ungewöhnliche Transplantation durch

Ein Backenzahn dient als Lückenbüßer

Bonner Zahnarzt führte ungewöhnliche Transplantation durch
Foto: dpa

Bonn. (sj) Mit einem ungewöhnlichen Eingriff haben Zahnärzte der Universität Bonn die Schneidezähne eines Zwölfjährigen wieder hergestellt. Der Junge aus Sankt Augustin schlug sich vor einigen Monaten bei einem Skiunfall die beiden mittleren Schneidezähne im Oberkiefer aus.

"Der Versuch, die Zähne wieder zurückzupflanzen, scheiterte", berichtete Privatdozent Yango Pohl von der Uni-Poliklinik für Chirurgische Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde. "Zellen der Zahnwurzel bilden Fasern aus, mit denen der Zahn in seinem Knochenfach im Kiefer “aufgehängt„ ist", erläutert Pohl. Wird ein Zahn ausgeschlagen, sterben diese Zellen durch Austrocknen ab - sofern nicht eine mit Nährmedien gefüllte Zahnrettungsbox verwendet wird.

Auch bei dem zwölfjährigen Ski-Verletzten funktionierte das Wiedereinpflanzen deshalb nicht. Künstlicher Zahnersatz, wie er bei Erwachsenen häufig implantiert wird, sei im Wachstumsalter nicht möglich, so der Bonner Zahnmediziner. "Es musste aber schnell gehandelt werden, da sich der Kieferknochen nach Zahnverlust rasch abbaut." Die Lücke sollte deshalb mit eigenen Zähnen des Jungen geschlossen werden.

Milchzähne, die später sowieso herausfallen, waren bei dem Zwölfjährigen nicht mehr vorhanden. Die Ärzte transplantierten deshalb die kleinen Backenzähne (Prämolaren), die direkt hinter den Eckzähnen stehen. "Die nach dem Entfernen der Prämolaren bestehende Lücke lässt sich kieferorthopädisch schließen", berichtet Pohl.

Manchmal müssten die kleinen Backenzähne sowieso entfernt werden, weil im Kiefer zu wenig Platz ist. Die in die Schneidezahnlücken verpflanzten kleinen Backenzähne wurden zunächst durch eine zierliche Schiene gehalten und wuchsen innerhalb weniger Wochen an. Mit Keramikkronen verwandelten die Ärzte schließlich die transplantierten Backenzähne in Schneidezähne.

"Das Verfahren ist kostengünstiger und erfolgversprechender als alle anderen Zahnersatzmethoden", sagt Pohl. Nach 25 Jahren seien noch mehr als 90 Prozent der Prämolarentransplantate funktionstüchtig. "Leider bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen diese Leistung nicht", berichtet der Arzt.

Die Kosten für jeden transplantierten Zahn beliefen sich auf etwa 300 bis 400 Euro. Diese Methode sei wenig bekannt und werde nur von wenigen Zentren durchgeführt. Pohl plant, eine Zahnbank aufzubauen. Es sei unsinnig, wegen Platzmangels entfernte Zähne einfach wegzuwerfen und später verloren gegangene durch teure Implantate zu ersetzen. "Das könnte auch durch eigene Zähne erreicht werden, die in einer Zahnbank tiefgefroren gelagert werden", sagt Pohl.

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