Christi Himmelfahrt, Fronleichnam und Co. Was bedeuten die christlichen Feiertage?

Bonn · Christi Himmelfahrt und Fronleichnam: Wir freuen uns über die zwei freien Donnerstage im Frühsommer. Aber woher kommen diese christlichen Feiertage? Und welche Bedeutung haben sie heute eigentlich noch?

 Demnächst stehen wieder einige christliche Feiertage an. Das Foto zeigt eine Fronleichnamsprozession vor dem Bonner Münster.

Demnächst stehen wieder einige christliche Feiertage an. Das Foto zeigt eine Fronleichnamsprozession vor dem Bonner Münster.

Foto: Nicolas Ottersbach

Da kann man schon einmal durcheinandergeraten. Selbst diejenigen, die mit der Vielfalt christlicher Feier- und Gedenktage aufgewachsen sind. Nach Ostern, das die katholische und evangelische Kirche am Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond feiert, beginnt die Vorfreude auf die Sommerferien. Die Wartezeit versüßen die „heiligen Donnerstage“ und mit ihnen der liebgewordene Brauch der Brückentage.

Der erste „heilige Donnerstag“ trägt den geheimnisvollen Namen „Christi Himmelfahrt“ und ist inzwischen besser bekannt unter der Auszeichnung „Vatertag“. Der kommt auch ohne die Eigenschaft heilig aus und wurde von Müttern früherer Zeiten, als das Fest nicht nur von ausgewiesenen Vätern eifrig mit Alkohol gewürdigt wurde, mehr gefürchtet als geliebt.

Wer sich auf den christlichen Festgedanken einlässt, braucht keine familiären Verwerfungen befürchten, vielleicht aber eine lebhafte Diskussion darüber, was es mit der „Himmelfahrt“ auf sich hat: Humbug, eine fromme Fantasie oder doch ein Wunder?

Christi Himmelfahrt: Wo liegt der Ursprung des Feiertags?

Die Frage nach dem Ursprung des Festes beantwortet das Neue Testament. Lukas beendete sein Evangelium mit Jesu Entrückung in den Himmel: „Während er die Jünger segnete, verließ er sie und wurde zum Himmel emporgehoben“ (Lk 24,51). Lapidare Wort für einen ungeheuerlichen Vorgang, der sich Lukas zufolge in Betanien unweit von Jerusalem abgespielt hat.

Zu Beginn der Apostelgeschichte, als deren Verfasser Lukas traditionell ebenfalls gilt, gab sich der Evangelist auskunftsfreudiger. Die Jünger befanden sich nicht mehr in Betanien, sondern auf dem Ölberg. Nachdem der auferstandene Jesus versprochen hatte, sie würden in wenigen Tagen „mit dem Heiligen Geist getauft“ und überall seine Zeugen sein, „wurde er vor ihren Augen emporgehoben und eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken. Während sie unverwandt ihm nach zum Himmel emporschauten, siehe, da standen zwei Männer in weißen Gewändern bei ihnen und sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der von euch fort in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen“ (Apg 1,10).

In der Apostelgeschichte endet mit der „Himmelfahrt“ eine 40-tägige Zwischenzeit, in der Jesus seinen Jüngern und Jüngerinnen mehrfach erschienen ist, mit ihnen gegessen und sie unterrichtet hat. Diese Zeitspanne berücksichtigt das kirchliche Hochfest, indem es 40 Tage nach Ostern begangen wird.

Die Alte Kirche kannte noch kein separates Himmelfahrtsfest. Es entstand im Lauf des 4. Jahrhunderts und gehört zum Osterfestkreis, dessen Abschluss das Pfingstfest bildet. Sein Name kommt vom griechischen Wort pentekostê („fünfzig“) – denn 50 Tage nach Ostern löste Jesus sein Versprechen ein: Die Jünger und Jüngerinnen empfingen den Heiligen Geist, die göttliche Kraft, die in der biblischen Bildsprache unter Sturmesbrausen als Feuerzungen auf die Männer und Frauen herabfiel.

Auch die weltliche Geschichtsschreibung kennt Himmelfahrten

Sie waren überwältigt. Unvermittelt redeten sie in fremden Sprachen und konnten dennoch einander verstehen. Das Pfingstereignis gilt auch als Geburtsstunde der Kirche, die im und aus dem göttlichen Geist lebt, ein Geschenk, das im Lauf der Kirchengeschichte bis auf den heutigen Tag nicht selten missverstanden und missbraucht worden ist.

Literarisch hat sich Lukas bei der „Himmelfahrt“ an antike Entrückungsgeschichten gehalten. Ein Vorbild ist die himmlische Auffahrt des alttestamentlichen Propheten Elija, die das zweite Buch der Könige in mitreißenden Bildern ausdrückt: „Während sie [Elija und Elischa] miteinander gingen und redeten, erschien ein feuriger Wagen mit feurigen Pferden und trennte beide voneinander. Elija fuhr im Wirbelsturm zum Himmel empor“ (2 Kön 2,11).

Auch die weltliche Geschichtsschreibung kennt Himmelfahrten. Die berühmteste ist die des Romgründers Romulus. Wie sie geschah, hat Ende des ersten Jahrhunderts vor Christus der römische Geschichtsschreiber Titus Livius erzählt: Während Romulus auf dem Marsfeld eine Heeresversammlung abhält, bricht ein Unwetter los. Eine Wolke verhüllt den König und entzieht ihn den Blicken der Männer. Nach dem ersten Schrecken rufen sie den Entschwundenen als Gott an und bitten um seinen Schutz und Frieden. Romulus‘ „Apotheose“ (Erhöhung zum Gott) wurde zum Vorbild für die Vergöttlichung römischer Kaiser.

Die literarischen Parallelen werfen die berechtigte Frage auf: Ging mit Lukas die fromme Fantasie durch, um Jesus Christus über Propheten und Kaiser triumphieren zu lassen und der Nachwelt zu dokumentieren, wer der wahre Herrscher der Welt und des Himmels ist? Ausgerechnet dem Lukas, der sich im Vorwort seines Evangeliums als sorgfältigen Historiker vorstellt, um „von der Zuverlässigkeit der Lehre“ zu überzeugen?

Der Evangelist stand vor der Herausforderung, ein unfassliches Ereignis in Worte zu fassen. Das tat er vergleichsweise nüchtern, um sich von den bekannten Darstellungen zu unterscheiden. Wäre sein Bericht nur ein literarisches Konstrukt, hätte er sich die Kritik von Augen- und Ohrenzeugen gefallen lassen müssen, die im letzten Drittel des ersten nachchristlichen Jahrhunderts noch lebten. Etwas war geschehen. Was genau, fordert den Glauben heraus.

„Himmel“ steht dabei nicht für einen Ort, sondern für einen Zustand, wie Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., 1977 in seinem Buch „Dogma und Vernunft“ erklärt: „Der Himmel ist nicht ein Ort über den Sternen, er ist etwas viel Kühneres und Größeres: das Platzhaben des Menschen in Gott, das in der Durchdringung von Menschheit und Gottheit im gekreuzigten und erhöhten Menschen Jesus seinen Grund hat. Christus, der Mensch, der in Gott ist, ewig eins mit Gott, ist zugleich das immerwährende Offenstehen Gottes für den Menschen. Er selbst ist so das, was wir »Himmel« heißen, der Himmel ist kein Raum, sondern eine Person […] wir gehen in dem Maß auf den Himmel zu, ja, in den Himmel ein, in dem wir zugehen auf Jesus Christus und eintreten in ihn.“

Fronleichnam: Was bedeutet der Feiertag?

Ostern, Christi Himmelfahrt, Pfingsten – der Osterfestkreis ist geschlossen. Doch wartet noch der zweite „heilige“ Donnerstag, mit dem sich viele nicht nur wegen seines sperrigen Namens schwertun: Fronleichnam, ein Hochfest in der katholischen Kirche, das es nur in NRW, dem Saarland, Rheinland-Pfalz sowie Hessen, Baden-Württemberg und Bayern zum gesetzlichen Feiertag gebracht hat.

Fronleichnam leitet sich ab von den mittelhochdeutschen Wörtern vrôn („was den Herrn betrifft“) und lîcham („lebendiger Leib“; noch heute ist lichaam das niederländische Wort für „Körper“). Der volkssprachliche Festtitel entspricht dem lateinischen Corpus Christi. Er erinnert katholischer Lehre zufolge daran, dass Jesus Christus in der Eucharistiefeier nach den Wandlungsworten in Brot und Wein wahrhaft gegenwärtig ist („Realpräsenz“).

Am Fronleichnamstag verehren die Gläubigen Christus in Gestalt des gewandelten Brotes, der Hostie. Das tun sie seit dem Hochmittelalter öffentlich und ziehen in Prozessionen durch die Straßen, den Blick auf die Monstranz mit der Hostie gerichtet, die ein Priester in Händen hält. Fronleichnam ist eine spirituelle Demonstration der Liebe zu Jesus Christus, handfest ausgedrückt im „Brot des Lebens“.

Das Fest geht auf die Inspiration einer Frau zurück: Juliana von Lüttich. Ende des 12. Jahrhunderts wurde sie in der Stadt an der Maas geboren, damals einer spirituellen Hochburg der Eucharistie-Verehrung. Als sie mit fünf Jahren die Eltern verlor, kam sie in die Obhut von Lütticher Augustinerinnen, die ein Spital für Leprakranke betreuten. Das kluge Mädchen eignete sich eine beachtliche Bildung an, nahm schließlich den Schleier und lebte für die Kontemplation.

Im Alter von 16 Jahren erlebte die Augustinerin ihre erste Vision. Sie sah einen Mond, den ein dunkler Streifen durchzog. Die Trübung stand für ein Manko: Es gab kein eigenes Fest für die Eucharistie. Das zu ändern, wurde Julianas Berufung. Erst schwieg die Visionärin 20 Jahre lang über ihr Erlebnis. Dann zog sie zwei Mitschwestern und den angesehenen Priester Johannes von Lausanne ins Vertrauen. Dieser überzeugte seine Mitbrüder von der Echtheit der Mondvision. Als erster führte der Lütticher Bischof Robert das Fronleichnamsfest in seiner Diözese ein, weitere Bischöfe folgten.

„Ihren“ Erfolg konnte Juliana nicht genießen. Widerstand aus dem Klerus und der eigenen Ordensleitung trieb sie aus ihrem Kloster. Mit einigen Gefährtinnen fand sie Zuflucht in verschiedenen Zisterzienserklöstern. Wenige Jahre nach ihrem Tod 1258 wurde der Lütticher Archidiakon Jacques Pantaléon, der Juliana persönlich begegnet war, zum Papst gewählt. 1264 setzte dieser Urban IV. das Fronleichnamsfest als gebotenen Feiertag für die Universalkirche ein, für den Donnerstag nach dem ersten Sonntag nach Pfingsten. Er bat den Kirchenlehrer Thomas von Aquin, die liturgischen Texte für das Fest zu schreiben. Eine seiner fünf Hymnen ist das bekannte „Gottheit tief verborgen betend nah ich dir“.

Das Schicksal der heiligen Juliana zeigt: Christliche Biografien sind häufig keine weltlichen Erfolgsgeschichten. Doch gerade für sie gilt: Gott schreibt (irgendwann) auf ungeraden Zeilen gerade. Frauen aller Zeiten haben die Kirche entscheidend inspiriert. Dank blieb ihnen zu Lebzeiten oft verwehrt. Dass es ihnen nicht um persönliche Anerkennung ging, hat sie stark gemacht. Ihre Stärke stärkt heute alle, die weiter glauben wollen: Ecclesia semper reformanda est – die Kirche muss sich immer reformieren.

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