Das Wasser aus den Röhren ans Licht holen

Matthias Franke ist im Bauamt für die Gewässerplanung zuständig. Für große Projekte fehlt das Geld

Wenn er doch nur einmal aus den Vollen schöpfen dürfte. Einmal nur die Haushaltsmittel auf seine Mühlen umleiten, einmal die Bäche, seine Bäche, mit einem Geldregen überschwemmen. Es sähe bald anders aus in Bonn. Er würde das Wasser aus den Röhren holen, die Betonufer durch natürliche ersetzen. Matthias Franke (44) bräuchte bloß die Pläne aus den Schubladen seiner Aktenschränke zu ziehen. Dann würde durch Godesberg wieder ein Bächlein plätschern, vom Hügel in Endenich herab flösse hinter den Instituten und dem Sportplatz der Endenicher Bach. Zur Zeit versteckt er sich im Kanal.

Es ist lange her, dass Frankes Vorgänger Beton-Lösungen bevorzugten. Die Zeiten haben sich geändert, Matthias Franke - heute Bonns Bachplaner - hat das Wasser in Gedanken schon vor Jahren wieder ans Tageslicht geholt. Der Plan steckt in der Schublade. Doch er wird wohl dort bleiben und allmählich die Farbe des Alters annehmen wie so viele andere Pläne, für die schlicht das Geld fehlt. Der Bachausbau ist ein geruhsames Geschäft in Zeiten wie diesen. Doch Matthias Franke muss die Zusammenhänge im Blick behalten, und ahnen, was kommen könnte. Sein Fachbereich reicht von der Wasserwirtschaft über Hochwasserschutz und Renaturierungs-Projekte bis zur Bachplanung.

Als Franke sich in den 80-er Jahren zum Bauingenieur ausbilden ließ, Fachrichtung "Wasserbau in der Vertiefung", hatte unter den Gewässerplanern gerade ein neuer Geist Einzug gehalten: Bäche sollten wieder natürlich fließen dürfen. Auch in Bonn brachen sich die neuen Gedanken rasch ihre Bahn: Der Vilicher Bach stand damals kurz vor der Kanalisierung. Im letzten Moment erst wurden die Pläne verändert, der Bach naturnah gestaltet. Ein Projekt, das weithin Beachtung fand. Zur gleichen Zeit entstand der Bachentwicklungsplan, ein dickes Bündel Papier, das alle Entwicklungen festlegte. Vieles davon ist inzwischen umgesetzt: Das Abwasser wurde aus den Bächen verbannt, auch das Wasser aus den Kläranlagen fließt heute direkt in den Rhein. Dutzende Kilometer Kanäle sind dafür gebaut worden - den Bächen hat es geholfen. Nun aber scheint es, als hätte der Ausbau an Tempo verloren.

Für "wasserbauliche Maßnahmen" fehlt das Geld. Nur wenig sieht der Haushalt vor, selten fließt welches aus Ausgleichstöpfen. Wenn etwa die S-Bahnlinie auf der rechten Rheinseite gebaut wird, dann muss in der Nähe für die verbaute Natur ein Ausgleich geschaffen werden. Vielleicht eine Chance, den Vilicher Bach endlich aus seiner Rinne zu befreien. Manchmal aber ist der Geldmangel auch ein Segen. Vieles, was der Bachentwicklungsplan vorsieht, hält Franke inzwischen für überholt. Konzepte von gestern. Franke wünscht sich visionärere Ideen. Die Pläne dafür hat er längst in der Schublade.

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