Der nächste Rektor hat mehr Macht

Bonner Hochschule gibt sich eine neue "Grundordnung", und die Studierenden basteln mit

Bonn. (ldb) Erst die neue Währung, jetzt die neue Verfassung. Kein Aprilscherz: Bis zum 1. April müssen die nordrhein-westfälischen Hochschulen ihre "Grundordnungen" an die Rahmenbedingungen des neuen Landeshochschulgesetzes (LHG) anpassen, das am 1. April 2001 in Kraft getreten ist.

Es sieht eine neue Aufgabenverteilung der Universität vor: Das Rektorat wird zur steuernden Leitungsinstanz. Der künftig nur noch beratende Senat setzt ihn ein und kontrolliert ihn, kann ihn gegebenenfalls auch absetzen. So solle in einer effizienter arbeitenden Hochschule "der Reformprozess konsequent fortgesetzt, mehr Autonomie und Selbstverwaltung möglich werden", wünscht sich Bildungsministerin Gabriele Behler.

Rund 35 Seiten stark ist der Entwurf und hat 80 Paragrafen. Deutlich zeichnet sich ab: Die Uni wird ihn fristgerecht dem Ministerium zur Genehmigung vorlegen. Frühestens Ende des Sommersemesters, so erwarten es die Senatoren, könne die neue Ordnung dann in Kraft treten, so dass im Wintersemester die Gremien neu gewählt werden. Erste Aufgabe des Senats wird die Wahl des neuen Rektors mit seiner deutlich größeren Machtfülle.

Die Studierenden haben das neue LHG kritisiert, da es ihr Mitbestimmungsrecht auf Hochschulebene beschneidet: Dem Rektorat gehört kein Studierender an wie dem Senat, dem bislang obersten entscheidenden Gremium. In dem mischen vier studentische Senatoren allerdings fleißig mit, so auch jetzt bei der Entwicklung der neuen Grundordnung.

"Für die Studierenden das Möglichste an Mitbestimmung rausholen" will der angehende Jurist Sebastian Küchler als studentischer Senator. Die Arbeit in der Entwurfs-Kommission unter Leitung des Wissenschaftsrechtlers Wolfgang Löwer hat er als "sehr konstruktiv" und "frei von Gruppenkämpfen" erlebt, doch die Nagelprobe folgte jetzt bei der Diskussion des Entwurfs im Senat. Das Ergebnis laut Küchler: "Die Professoren haben mit ihrer Mehrheit ihren Kopf durchgesetzt für die nächste Ewigkeit."

Die meisten Änderungsanträge kamen von den Studierenden. In einigen Punkten konnten sie den Senat überzeugen, erreichten etwa, dass bei der Rektorwahl zwischen Vorstellung der Kandidaten und Wahl im Senat mindestens drei Wochen liegen müssen, damit sich die Senatoren mit den Vorschlägen befassen können.

Anders ging es in Fragen der Mehrheitsverhältnisse aus. In Gremien mit Entscheidungsgewalt über Forschungsfragen und Professoren-Berufung sollten die Professoren die Mehrheit der Stimmen haben - so will es das LHG und so hatte es die Kommission vorgeschlagen.

Dem Rektorat war das nicht genug: Die Professoren sollten wie bisher die doppelte Mehrheit besitzen. Das Rektorat setzte sich durch, sehr zum Unwillen der Studierenden.

Lange wurde über die Zusammensetzung des neuen "Erweiterten Senats" diskutiert, dessen einzige Aufgabe Entscheidungen über die Hochschul-Satzung sind. Dort erzielten die Studierenden Viertelparität zwischen Professoren, wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Mitarbeitern sowie Studierenden - allerdings nur mit der Klausel, dass für eine Verfassungsänderung in jeder einzelnen Gruppierung eine Mehrheit erreicht sein muss: "Damit sind Verfassungsänderungen faktisch unmöglich", so Küchler.

Deshalb stimmten die Studierenden am Ende auch gegen die Verfassung und haben jetzt ein Sondervotum vorgelegt.

Auf Fakultätsebene ist der Einfluss der Studierenden nicht gemindert: Dort bleiben die Fakultätsräte, in denen ja auch die Studis ihre Stimmen haben, trotz Stärkung der Dekane am Drücker. Außerdem verpflichtet das LHG die Hochschulen, ihre Lehr- und Forschungsergebnisse regelmäßig bewerten zu lassen.

Die Studierenden müssen ihre Studiengänge und Lehrveranstaltungen beurteilen. Die Ergebnisse alle zwei Jahre in "Lehrberichte" ein. Ferner müssen die Hochschulen künftig jeden Studi bis Ende des zweiten Semesters über seinen Studienverlauf informieren. Diese Maßnahmen bezeichnet Küchler als "positive Zeichen am Horizont". Erste Schritte sind bereits unternommen: Das Geographische Institut nahm an einem Pilotprojekt zur Selbstbewertung teil.

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