Die Jusos sind das Zünglein an der Waage

Verluste für die amtierende Linkskoalition - Die Beteiligung steigt über die 20-Prozent-Marke

Bonn. Damit hatte selbst Wahlleiter Christian Gold nicht gerechnet: Bei den Wahlen zum 28. Bonner Studierendenparlament (SP) in der vergangenen Woche gaben 20,42 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab - gegenüber 2005 erneut ein Plus, und diesmal um mehr als zwei Prozent. Am meisten freuten sich die Wahlhelfer: Sie erhalten nun 50 Prozent mehr Lohn.

Auch bei der Mandatsverteilung gab es Überraschungen: So verlor die Links-Koalition, die zurzeit den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) stellt, vier Sitze: Die Grüne Hochschulgruppe (GHG) büßte vier Sitze ein und kommt nur noch auf elf, die Liste Undogmatischer StudentInnen (LUST) verlor ebenfalls vier und hält noch vier, während die Juso-Hochschulgruppe nach Verlusten 2005 vier Sitze gewonnen hat und auf zehn kommt.

Die Jusos erklärten sich prompt zum Sieger: Mit dem größten Zugewinn an Stimmen und SP-Sitzen stellen sie nun die drittstärkste Fraktion. Siegesfroh zeigt sich auch der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS), der einen Sitz dazu gewonnen hat und nun ebenso wie die GHG elf Mitglieder ins SP schickt.

Der amtierende AStA-Chef Thomas Möws (GHG) gestand die Wahlschlappe ein und machte dafür die "Nachwirkungen der Schmutz- und Hetzkampagne von RCDS und U.L.F." verantwortlich. Deren Misswirtschaftsvorwürfe hatten sich vor allem dagegen gerichtet, dass der AStA rund 80 Prozent seines Haushalts für Personal aufwende.

Möws macht sich indes "keine großen Sorgen", dass die GHG wieder eine Koalition zusammenbringt: "Mit der Linken Hochschulgruppe beläuft sich der Verlust der Koalition nur auf zwei Sitze. Es bleibt eine stabile Mehrheit von 27 Mandaten."

Ob diese Rechnung aufgeht, wird vor allem von der Juso-Hochschulgruppe abhängen, die quasi das Zünglein an der Waage spielt. "Die alte AStA-Koalition wurde abgewählt. Gleichzeitig zeigt das Ergebnis, dass ein von der Juso-Hochschulgruppe geprägter AStA dem Wunsch der Wählerinnen und Wähler entspricht", erklärt ihr Vorsitzender Marcel Lippert.

"Wir sehen uns deshalb in der Verantwortung, mit unserem Spitzenkandidaten Thamil Venthan Anantavinayagan eine AStA-tragende Koalition zu bilden." Der gab sich am Montag noch diplomatisch: "Wir haben zwei Optionen." Dabei seien die Maßstäbe klar: "Die Jusos stehen für eine nachhaltige Finanzpolitik des AStA und vertreten die moderate Weltanschauung 'offen und tolerant'."

Für den RCDS hat das Wahlergebnis zusammen mit der Steigerung der Wahlbeteiligung Signalwirkung: "Ein Neuanfang ist der ganz klare Wunsch der Wähler", konstatierte Spitzenkandidatin Melanie Simone Fischer. Der RCDS sei bereit für Koalitionsverhandlungen und für einen neuen AStA mit der Liberalen Hochschulgruppe, die vier Sitze errungen hat, der Juso-Hochschulgruppe und der Unabhängigen Liste der Fachschaften (U.L.F), die einen Sprung von fünf auf acht Sitze machte.

Dies würde bedeuten, dass die Haushaltspolitik auf solide Füße gestellt und vor allem bei den Personalkosten eingespart werde mit dem Ziel, "die letzte Erhöhung des AStA-Beitrags der Studierenden zurückzunehmen".

Dies entspricht den Vorstellungen der U.L.F. Doch wollte Spitzenkandidatin Veronika Schweikert den Ergebnissen eines Sondierungsgesprächs mit den Mitgliedern nicht vorgreifen: "Wir haben Anfragen von beiden Seiten und müssen erst eine Strategie absprechen." Wichtig sei auch, dass "die Emotionen aus dem Wahlkampf einer sachlichen Betrachtungsweise weichen".

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