Drei Millionen Pferdestärken schieben mehr als 100 Tonnen

Schubkammer der Ariane 5 in Bonn zu sehen

  3 000 Grad heiß  wird es in der "Vulcain"-Kammer der Ariane.

3 000 Grad heiß wird es in der "Vulcain"-Kammer der Ariane.

Foto: Volker Lannert

Bonn. Sie ist kaum einen Meter hoch, 600 Kilo schwer und besteht aus Kupfer und Nickel: Die Vulcain-Schubkammer, Herzstück des Zentraltriebwerks der europäischen Trägerrakete Ariane 5. Seit Freitag ist sie am Bundesministerium für Bildung und Forschung unter einer gläsernen Pyramide ausgestellt - als Dauerleihgabe der Herstellerfirma Astrium aus Ottobrunn bei München.

Das Vulcain-Triebwerk ist eines der leistungsfähigsten Großtriebwerke der Welt: Mit einer Schubkraft von mehr als 100 Tonnen - fünf Mal so viel wie ein vollbesetzter Jumbo - erreicht es eine Leistung von drei Millionen PS und könnte so spielend einen Supertanker auf volle Fahrt bringen. "Ein Symbol der Leistungsfähigkeit der europäischen Raumfahrtindustrie und -forschung", nannte es Forschungs-Staatssekretär Uwe Thomas - einen "wichtigen Teil dessen, was die deutsche Industrie in diesem Bereich leistet".

Die Brennkammer stehe repräsentativ für 30 Jahre Förderung durch das Ministerium und für gute Kooperation zwischen der Industrie und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, ergänzte Astrium-Vorstandsmitglied Josef Kind.

Die Schubkammer als Kernstück des Raketentriebwerks ist ein Meisterwerk der Struktur- und Fertigungstechnologie: Im Vergleich zum Automotor steht dem Raketenmotor kein Sauerstoff zur Verbrennung von Treibstoff zur Verfügung. Außerdem muss er extreme Temperaturschwankungen aushalten und große Massen stark beschleunigen können. Arbeitet das Triebwerk, herrschen in der Schubkammer Temperaturen von 3 000 Grad. Eine wärmeableitende Kupferinnenwand sorgt dafür, dass es nicht zur Überhitzung kommt. Zwischen Innen- und Außenwand verläuft ein Hohlraum, der zur Kühlung mit minus 230 Grad Celsius kaltem flüssigem Wasserstoff gefüllt ist. Als Isolierschicht besteht die Außenwand aus Nickel.

Die Entwicklung der Schubkammer dauerte etwa fünf Jahre. Jede neuangefertigte Kammer muss vor dem Einsatz umfangreiche Testserien durchlaufen. Dabei wird sogar jede einzelne Titanschraube gewogen und überprüft. Auf Herz und Nieren getestet werden die Triebwerke am DLR-Standort Lampoldshausen in Baden-Württemberg. DLR und Astrium arbeiten bei den Tests, die teils unter Weltraumbedingungen stattfinden, Hand in Hand.

Derzeit wird an der Weiterentwicklung der europäischen Trägerrakete gearbeitet. Ziel ist, die Nutzlast von derzeit sechs auf bis zu zwölf Tonnen zu steigern. Der Grund: Das Transportgut - Satelliten - wird immer schwerer. Um mehr Lasten transportieren zu können, braucht die Rakete aber auch mehr Schub, also leistungsfähigeren Antrieb. Außerdem tüfteln Ingenieure mit Hochdruck an wiederverwertbaren Triebwerken.

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