Führung der Werkstatt Baukultur Ein etwas anderer Blick auf das Uni-Hauptgebäude

Bonn · Wer von den vielen Studenten und Konzertbesuchern, die schon in der Aula des Universitäts-Hauptgebäudes waren, hat bemerkt, dass die Türgriffe Eulen sind?

 Führung der Werkstatt Baukultur: Die Säulenhalle im Erdgeschoss des Hauptgebäudes strahlt besonders deutlich die Atmosphäre der 50er Jahre aus.

Führung der Werkstatt Baukultur: Die Säulenhalle im Erdgeschoss des Hauptgebäudes strahlt besonders deutlich die Atmosphäre der 50er Jahre aus.

Foto: Bettina Köhl

Bei einer Führung der Werkstatt Baukultur luden ein Doktorand und ein Student des Fachs Kunstgeschichte die Besucher ein, sich das "Schloss der 50er Jahre" einmal genauer anzuschauen. Von der barocken Pracht des Kurfürsten ist nämlich nur ein wenig Stuck in der romanistischen Bibliothek übrig geblieben.

Große Ereignisse haben das Gebäude geprägt, das zu den größten Schlossbauten Deutschlands zählt: 1777 wurde beim großen Schlossbrand vor allem der stadtseitige Flügel zerstört. Mit dem Einmarsch der französischen Revolutionstruppen war 1794 die Herrschaft der Kurfürsten beendet.

1818 schenkte der preußische König das Gebäude der neu gegründeten Universität, die Ende des 19. Jahrhunderts Platzprobleme bekam. In den 20er Jahren wurde die zerstörten Flügel wiederhergestellt. Da hinterließen die Bomben von 1944 wegen der Betonbauweise weniger Schäden als im barocken Teil am Hofgarten.

Die reinen 50er Jahre findet man zum Beispiel in Hörsaal I, dem ehemaligen Theatersaal: Stiftablagen auf den Pulten, eine geschwungene Balustrade und indirekte Beleuchtung. Auch die Säulenhalle mit ihren Mosaiken ist noch erhalten. An anderer Stelle sind Lampen, typische Türklinken oder Sofas schon verschwunden, bedauern die Kunsthistoriker.

"Gerade bei Architektur, die sich nicht durch ihre Prächtigkeit erschließt, kippt das Gesamtbild viel schneller, wenn die Details nach und nach verwässert werden", sagt Promotionsstudent Wolfgang Kirschbaum (31). Wer das Hauptgebäude vom Hofgarten aus betritt, kommt in ein Prunktreppenhaus, das zur kurfürstlichen Zeit gar nicht da war.

Die Idee eines barocken Treppenhauses wurde vielmehr dem Empfinden der Nachkriegszeit angepasst: Die Verzierungen der Geländer sind schlicht, die Laternen eckig. Prächtiger ist hingegen der heutige Festsaal, früher der Speisesaal des Kurfürsten. Die wertvollen Fresken an den Wänden sind verschwunden. Alle Möbel sind Nachbauten.

Die Aula war die ursprüngliche Schlosskirche, die sich prächtig ausgestattet über drei Stockwerke erstreckte. "Leicht und schwebend", so Kirschbaum, haben die Architekten Helmut Hentrich und Hubert Petschnigg, die auch das Dreischeibenhaus in Düsseldorf entworfen haben, sie gestaltet. Die Liebe zum dezenten Detail reicht bis zum Türgriff.

Die Werkstatt Baukultur steht Studenten aller Fakultäten offen. Mehr dazu und weitere Termine auf www.baukultur-bonn.de.

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