Ein Land im Lagerkoller

Big Brother hat es vorgemacht - Ohne Camp-Shows kommt jetzt kaum ein Sender mehr aus

  Ekel-Bad:  Dolly Buster im Dschungel.

Ekel-Bad: Dolly Buster im Dschungel.

Foto: dpa

Seit zehn Monaten leben Franziska, Sascha und Michael gemeinsam auf engstem Raum und ohne weitere Sozialkontakte. Die TV-Zuschauer wollen es so; sie entscheiden über die Langzeit-Insassen im Big-Brother-Container, Ausgabe 5.

Wer seine Sache am besten macht, bekommt eine Million Euro - im nächsten März. Wir haben inzwischen unter anderem erfahren, dass Menschen wochenlang über Penislängen reden und Hämorrhoiden pantomimisch darstellen können. Die Urmutter aller Shows, die erstmals die Kasernierung von Menschen zum TV-Format erhob, wurde erneut verschärft. Aber auch langweiliger. Es verwundert, dass ähnliche Sendungen dieses Jahr in Massen nachzogen. Reality auf allen Kanälen, oft als Lager-Format; zwischenzeitlich wähnte man halb Deutschland im Camp.

Und zumindest aus dem Dschungel unten in Australien oder droben von der Alm gab es beachtliche Quoten-Erfolge zu vermelden. Alles funktioniert gleich: Menschen, die oft nur einen Vornamen haben (Daniel aus Eschweiler, Bianca aus Schleswig-Holstein), oft aber auch C-Prominente sind, werden auf begrenztem Raum zusammengebracht, müssen allerlei Aufgaben erledigen und sich gegenseitig auf die Nerven gehen.

Wer den Zuschauern nicht gefällt, fliegt raus. Wer den Zuschauern gefällt, wird Dschungelkönig. Oder Dschungelkönigin, denn RTL schickte dieses Jahr "Ich bin ein Star - holt mich hier raus" gleich zweimal ins Rennen. Bis zu zehn Millionen schauten Anfang und Ende des Jahres zu, wie Costa Cordalis und Desiree Nick die Mitspieler und allerlei Ekelgetier am besten im Griff hatten.

Das Ekel-Prinzip galt auch auf einer Alm in den Bergen, die Pro-Sieben mit ebenfalls eher drittrangigen Promis bestückte. Man hatte sie immerhin teils schon in anderen Camps gesehen. Kader Loth etwa, die sich einst in Penthouse nackig machte, was als Qualifikation für einen Kurzzeit-Auftritt bei Big Brother 5 reichte. Auch Detlef (D!) Soost tauchte auf. Der einstige Werkzeugmacher schleift heute die angehenden Popstars auf ProSieben, nervt dort mit seiner Eitelkeit und überraschte auf der Alm mit der Feststellung, dass Tatjana Gsell sich doch wohl nur wegen der PR hier hochbewegt habe.

Weniger Erfolg, wie so viele andere Reality-Formate 2004, hatte "ämpf um deine Frau" auf SAT.1. Zu Hause rumnörgeln, bechern und faulenzen war mal, nun galt es, Knöpfe anzunähen und in Gruppen zu sprechen. Auf dass die zwölf Auserwählten neue Männer werden und ihren erzürnten besseren Hälften fortan besser gefallen. Das Fernsehen als Therapiezimmer, das wollte bei fünf Prozent Marktanteil nicht recht klappen. Gewonnen hat im Übrigen Wolfgang. Das war der, falls ihn einer gesehen hat, der so oft rumbrüllte.

Ach ja, der Bachelor und sein weibliches Pendant stellten sich vor, die Kaserne war eine Villa über den Dächern von Cannes, der Champagner floss in Hektolitern.

The Swan? Big Boss mit uns Calli? Hire and Fire? Der Tag der Ehre? Ebenfalls Kasernen-Formate und Schein-Reality. Aber kaum wert, sich näher damit zu befassen. Vielleicht eher mit jener Meldung, die zeigt, was kommen könnte. Demnächst sollen Big-Brother-Kandidaten für immer, lebenslang im Container leben, der dann allerdings zur kleinen Stadt ausgebaut wird. Selbst Familienplanung ist erwünscht. Wir lassen uns überraschen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort