Universität Bonn Erich Weiß arbeitet die Geschichte der Landwirtschaftlichen Fakultät auf

BONN · Seit der Gründung der Universität Bonn im Jahr 1818 haben die Landwirtschaftswissenschaften in Forschung und Lehre der Stadt eine nicht unerhebliche Rolle gespielt.

Nun hat sich Professor Erich Weiß eingehend mit der wechselhaften Geschichte der heutigen Fakultät beschäftigt und seine Ergebnisse in einem Band der Reihe "Alma Mater" veröffentlicht. Darin beschreibt er streng chronologisch die Startschwierigkeiten bei der Etablierung eines entsprechenden Instituts, den stetigen Modernisierungszwang in einer immer schnelllebiger werdenden Welt und die eher unrühmliche Episode während des Nationalsozialismus.

Im Vergleich dazu fällt die Darstellung der Nachkriegszeit recht bescheiden aus - zusätzlich geschaffene Studiengänge und neue Promotionsordnungen können im Vergleich mit den vorhergehenden Geschehnissen nicht mithalten.

Schon 1819 hatte der damalige Kultusminister Altenstein die Einrichtung eines landwirtschaftlichen Instituts an der gerade neu gegründeten Königlich Preußischen Rhein-Universität Bonn angeordnet. Doch der neu berufene Institutsleiter Karl Christian Gottlieb Sturm, der zunächst das Gut Poppelsdorf schuf und somit erst 1823 mit der Lehrtätigkeit beginnen konnte, starb 1826, ohne einen Nachfolger zu hinterlassen.

Auch ein Neustart zehn Jahre später blieb erfolglos; erst 1848 entstand schließlich die Königlich Höhere Landwirtschaftliche Lehranstalt als eigenständige, aber eng mit der Universität verknüpfte Institution, die sogleich mit dem Aufbau ihrer Fachbibliothek begann. Diese gilt heute als eine der ältesten ihrer Art in ganz Deutschland.

Zwar lief nun der Lehrbetrieb, doch die Probleme fingen gerade erst an. Der Gründungsdirektor, August Gottfried Schweitzer, war den Untersuchungen Weiß' zufolge seiner Aufgabe weder gesundheitlich noch organisatorisch gewachsen; sein Nachfolger Ferdinand Weyhe stand schon vor Amtsantritt in der Kritik, da er kein Rheinländer war, dazu protestantisch.

Einige Jahre später, die Lehranstalt war inzwischen zur Akademie gewachsen, stellte Justus von Liebig ihre Existenz gar ganz in Frage, indem er lautstark die Verlegung von Lehre und Forschung der Landwirtschaft an die Universitäten forderte. In Folge dessen wurden tatsächlich zahlreiche Institutionen geschlossen. Nicht aber in Poppelsdorf.

Ab den 1870er Jahren ging es unter Direktor Friedrich Wilhelm Dünkelberg, dem Begründer der Kulturtechnik als Wissenschaftsdisziplin, mit der Akademie bergauf: Die Studierendenzahlen stiegen, neue Gebäude wurden errichtet. 1919 erhielt sie das Promotionsrecht, 1922 nahm die erste Doktorin der Landwirtschaft ihr Diplom entgegen.

Doch die Machtergreifung Hitlers und seine Blut- und Bodenpolitik änderte alles. Innerhalb kürzester Zeit fand sich bei den Landwirtschaften "der höchste NS-Organisationsgrad" im Bonner Hochschulbereich, schreibt Weiß. Wer nicht mitmachte, wurde denunziert oder bedroht. Mit traurigem Erfolg: Am 11. November 1933 wurde das "Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat" veröffentlicht. "Alle damals noch amtierenden Professoren der Landwirtschaftlichen Hochschule Bonn-Poppelsdorf haben dieses Dokument unterzeichnet", führt Weiß aus.

Nach Endes des Zweiten Weltkriegs und der Entnazifizierung des Lehrpersonals setzte die Landwirtschaftliche Fakultät (die Hochschule war 1934 der Universität Bonn angegliedert worden) die erfolgreiche Entwicklung fort, die vor der NS-Zeit angesetzt hatte. Inzwischen umfasst sie sieben Institute mit etwa 2500 Studierenden.

Erich Weiß: 200 Jahre Entwicklungen zur heutigen Landwirtschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhems-Universität zu Bonn. Bouvier Verlag 2013

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