Verstorbener Politologe Gerd Langguths Formel der Macht

BONN · Fast zwei Jahre ist es her, dass der Bonner Politologe Gerd Langguth verstarb: Am 12. Mai 2013 erlag der Honorarprofessor der Universität einer langen, schweren Erkrankung.

Der Öffentlichkeit war er vor allem als Autor vielbeachteter Biografien wichtiger politischer Figuren ein Begriff - etwa von Bundeskanzlerin Angela Merkel oder des früheren Bundespräsidenten Horst Köhler -, aber auch als Fernsehkommentator und -analytiker der Bundestagswahlen. Auch für den General-Anzeiger war Gerd Langguth ein hoch geschätzter Interviewpartner und Gastautor. In der Region wirkte er zum Beispiel als Direktor der Bundeszentrale für politische Bildung und als Geschäftsführender Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung. Mit einem Symposium im Politologischen Seminar der Universität Bonn gedachten jetzt die Stiftung und die Hochschule des Experten.

"Gerd Langguth lebt in unseren Gedanken fort, und wir werden ihn in guter Erinnerung bewahren", erklärte der CDU-Vizefraktionsvorsitzende im Bundestag Peter Hintze zu Beginn. Als "politisch denkender und politisch handelnder Mensch" sei Langguth in beiden Welten zu Hause gewesen - der der Wissenschaft und der der Politik. Langguth habe, erklärte Hintze, eine "Formel der politischen Macht" entdeckt: M=Ö x P². Soll heißen: Politische Macht ist gleich Öffentlichkeitswirkung mal Personalbeeinflussung zum Quadrat.

In den anschließenden Diskussionsrunden ging es unter anderem um Langguths Arbeit als Politiker-Biograf. Aufgabe eines solchen Autors sei es - so erklärte der Politologe Professor Hans-Peter Schwarz von der Universität Bonn -, sich nicht mit allgemein zugänglichen Informationen zu begnügen, sondern "skeptisch wie ein guter Kriminalist zu sein".

Langguth sei dabei sein Mut zugutegekommen, sich nicht hinter einer "Einerseits-andererseits-Haltung" zu verstecken, sondern klar Position zu beziehen: "Er kam noch aus der rauen Welt der späten 60er und frühen 70er Jahre"; dies habe seine "selbstbewusste und unangepasste Haltung" geprägt (so scheute sich Langguth zum Beispiel nicht, im Spiegel über den Über-Kanzler Helmut Kohl zu schreiben, "dass dieser große deutsche Politiker, der die Geschichte Deutschlands und Europas in der Nachkriegszeit maßgeblich beeinflusst hat, als Privatmensch und Familienvater völlig gescheitert" sei).

In weiteren Gesprächsrunden ging es zum Beispiel um die Rolle der Medien bei politischen Diskussionen, um die Rolle des Staates als "moralischer Lehrmeister" und die Gefahr einer "Erziehungsdiktatur", um die Wichtigkeit von Debatte, Widerspruch und echter parlamentarischer Opposition, aber auch um neue Chancen und Gefahren bei der Vermittlung politischer Inhalte im Internet-Zeitalter.

"Mehr Bereitschaft zur Streitkultur" wünschte sich dabei Hans-Joachim Veen, Leiter des Wissenschaftlichen Beirats der Stasi-Unterlagenbehörde. Der Bonner Politologe Professor Tilman Mayer plädierte für "mehr Authentizität" beim politischen Führungspersonal.

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