Unheilige Allianz? Intransparente Kooperationen von Universitäten und Wirtschaft

BONN · Das Einwerben von privaten Geldmitteln gehört in den USA praktisch zum Hochschulalltag. Bei den Rankings spielt die Höhe der eingeworbenen Gelder eine große Rolle. Die Harvard University verfügt etwa über weit mehr als 35 Milliarden Dollar.

Allein im Jahr 2007 erhielt die Universität 615 Millionen Dollar - von privater Seite. Das gilt auch für staatliche Universitäten: Die University of Michigan in Ann Arbor hat etwa von 2004 bis 2007 rund 2,5 Milliarden Dollar von Stiftungen, Privatpersonen und Wirtschaftsunternehmen bekommen.

Dagegen nimmt sich die Höhe der privat eingeworbenen Mittel an deutschen Hochschulen zwar fast verschwindend gering an - dennoch: Die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland, der Freie Zusammenschluss von Studentinnenschaften (FZS) und die Berliner Zeitung "taz" haben jetzt eine Internetseite eingerichtet, auf der der Anteil der "gewerblichen" Drittmittel aufgeführt wird.

Das Gros der Drittmittel kommt in Deutschland aber nach wie vor von staatlichen Forschungseinrichtungen wie der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Humboldt-Stiftung oder vom Bundesforschungsministerium. Aber private Stiftungen, Wirtschaftsunternehmen oder Gewerkschaften sind ebenfalls dankbare Geldquellen, wenn es bei einem Projekt mal finanziell zwickt.

Auf www.hochschulwatch.de sollen aber vor allem jene Fälle angeprangert werden, "wo private Interessen die Unabhängigkeit der Wissenschaft gefährden", heißt es da. Als Quelle dient das Statistische Bundesamt. Edda Müller, Vorsitzende von Transparency International Deutschland, kritisiert insbesondere, dass Kooperationsverträge zwischen Unternehmen und Universitäten nicht veröffentlicht werden müssten. So sei nicht transparent, ob die Hochschulen den Unternehmen für ihr Geld Gegenleistungen einräumten. Die Befürchtung liege nahe, dass Unternehmen die Auswahl von Professoren oder die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen beeinflussen könnten.

Müller spielt da vor allem auf einen Vertrag der Universität Köln mit der Bayer Healthcare AG an, der seit 2008 besteht. Die Veröffentlichung wird von beiden Seiten seit Jahren verweigert. "Bayer fördert die Krebs- und Herzforschung sowie die Ausbildung von Doktoranden mit jährlich sechsstelligen Beträgen. Welche Rechte sich Bayer hiermit gesichert hat, bleibt unklar", heißt es auf der neuen Website. In Köln hat sich deshalb sogar schon die "Coordination gegen Bayer-Gefahren" (CBG) gebildet.

Die Klage, die Philipp Mimkes, Absolvent der Universität Köln und CBG-Mitglied, eingereicht hatte, um die Offenlegung des "Geheimvertrags" zwischen Uni und Pharmakonzern zu erzwingen, wurde im vergangenen Dezember indes vom Verwaltungsgericht Köln abgewiesen (Aktenzeichen: 13 K 2679/11). Der Kläger könne sich nicht auf das Informationsfreiheitsgesetz des Landes berufen, "weil der Kooperationsvertrag dem Bereich der Forschung zuzuordnen" sei, heißt es in der Begründung. Außerdem habe die Bayer Pharma AG "ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung". Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen stehe dem allgemeinen Informationszugangsanspruch entgegen.

Tatsächlich ist mit 25,5 Millionen Euro der Anteil der "gewerblichen Drittmittel" am Uniklinikum Köln mit 37,6 Prozent (Stand 2010) für deutsche Verhältnisse ungewöhnlich hoch. Zum Vergleich: Am Bonner Uniklinikum betrug der Anteil 2010 lediglich vier Prozent, an der Universität Bonn (ohne Klinikum) 7,4 Prozent. Dass dieser Anteil mit 38,2 Prozent (rund zwei Millionen Euro) bei der Hochschule Bonn/Rhein-Sieg so hoch ist, erklärt sich dadurch, dass Fachhochschulen weniger Geld von der DFG bekommen und FH-Professoren in der Regel weniger Freiheiten für ihre Forschungstätigkeiten haben.

Die Gefahr, dass Wirtschaftsunternehmen Einfluss auf die Universitäten nehmen, sieht jedenfalls der Sprecher der Universität Bonn, Andreas Archut, nicht: "Wo es legitim ist, wo Kooperationen sinnvoll sind, ist gegen finanzielle Engagements von Unternehmen ja nichts einzuwenden - wenn dies mit offenem Visier und klaren Regeln geschieht", so Archut. Als Beispiel nannte er ein Forschungsprojekt, das von der EU und der Wirtschaft finanziert wurde und an dem Professor Brigitte Petersen vom International FoodNet Center der Uni Bonn maßgeblich beteiligt war: die Verbesserung von Abläufen in der Schweinefleisch-Produktion.

Oder die Stiftungsprofessur für Christliche Archäologie: Sie ist nur möglich, weil die Gielen-Leyendecker-Stiftung sie zur Hälfte mitfinanziert.

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