Ein neuer Hoffnungsträger Neuer Impfstoff bietet höheren Schutz vor Malaria

Düsseldorf · Knapp 400.000 Menschen weltweit sterben jedes Jahr an Malaria, zwei Drittel davon sind Kinder. Bis heute gibt es keinen zugelassenen Impfstoff. Nun haben Wissenschaftler erstmals ein Vakzin mit hoher Wirksamkeit entwickelt.

    Schutz vor Mücken:  Ein Flüchtlingskind aus Burundi sitzt unter einem Moskitonetz. Das afrikanische Land ist immer wieder von schweren Malaria-Ausbrüchen betroffen. Die Corona-Pandemie verschärft die Lage zusätzlich .

Schutz vor Mücken: Ein Flüchtlingskind aus Burundi sitzt unter einem Moskitonetz. Das afrikanische Land ist immer wieder von schweren Malaria-Ausbrüchen betroffen. Die Corona-Pandemie verschärft die Lage zusätzlich .

Foto: picture alliance/dpa/EPA/Dai Kurokawa

Sie kann nach einer erlebnisreichen Reise ein später Fluch werden: eine Infektion mit Malaria. Die Gefahr reist vor allem beim Besuch afrikanischer Länder oder in Asien immer mit. 219 Millionen Malariafälle registrierte die Weltgesundheitsorganisation WHO im Jahr 2017 – 92 Prozent davon in Afrika. Zwar gibt es Mittel zur Prophylaxe und auch Arzneien zur Behandlung. Sie müssen aber akribisch vor, während und nach einer Reise in Risikogebiete eingenommen werden. Außerdem beobachten Mediziner gegen manche der gängigen Medikamente zunehmend Resistenzen der Erreger. So sterben nach Angaben der WHO jährlich knapp 400.000 Menschen weltweit an Malaria, zwei Drittel davon sind Kinder unter fünf Jahren. Auch deshalb arbeiten Wissenschaftler seit Jahren an einem Impfstoff gegen diese tückische Erkrankung, die auch lange Zeit nach der Infektion unbehandelt immer wieder aufflackern kann.

Jetzt ist es Forschern an der Universität Oxford erstmals gelungen, einen Malaria-Impfstoff zu entwickeln, der den Anforderungen der Weltgesundheitsorganisation standhält. Die Organisation fordert von einem Vakzin eine Wirksamkeit von mindestens 75 Prozent. Die Forscher um Adrian Hill vom Jenner-Institut der Universität Oxford testeten das Präparat mit dem Namen
„R 21/Matrix-M“ in einer Phase-II-Studie in Burkina Faso. 450 Kinder im Alter von fünf bis 17 Monaten erhielten die Substanz in zwei Konzentrationen, die Kontrollgruppe bekam einen Tollwutimpfstoff. Die Kinder bekamen zunächst drei Impfdosen. Das Vakzin erwies sich laut Angaben der Forscher als gut verträglich und effektiv.

Im Untersuchungszeitraum von sechs Monaten entwickelten 29,5 Prozent der Kinder, die eine niedrige Dosis erhalten hatten, und 26 Prozent mit einer höheren Impfstoffdosis eine klinische Malaria. In der Kontrollgruppe mit Tollwutimpfstoff waren es 71,4 Prozent. Vor allem die höhere Dosierung rief eine starke und nachhaltige Antikörper­antwort hervor. Auch nach einem Jahr blieb nach Angaben der Forscher die Wirksamkeit in der Gruppe mit dem höherdosierten Adjuvans hoch bei 77 Prozent. Eine Auffrischimpfung nach zwölf Monaten brachte auch die zu diesem Zeitpunkt gesunkenen Antikörperwerte wieder auf den Höchststand.

Je nach Infektion kehrt das Fieber alle 48 Stunden zurück

Auch wenn es sich dabei um eine vergleichsweise kleine Studie handelt und die Ergebnisse zunächst nur in einem Vordruck des Fachmagazins The Lancet stehen: Die Ergebnisse aus Oxford sind in der Malaria-Forschung als Erfolg zu werten und könnten ein Durchbruch in der Bekämpfung der Krankheit sein. Denn die meisten Bemühungen der Wissenschaft waren bisher nur mäßig erfolgreich. Nur ein möglicher Kandidat wirkte in jüngeren Studien überhaupt nennenswert, reichte an das von der WHO geforderte Profil aber nicht heran.

Die besondere Schwierigkeit in der Entwicklung eines Impfstoffs gegen Malaria liegt in der extrem komplizierten Biologie des Erregers. Die Parasiten der Gattung Plasmodium durchlaufen in ihrem Lebenszyklus mehrere Entwicklungsstadien an verschiedenen Orten und in gleich zwei Wirten. Mögliche Angriffsflächen für Arzneien wechseln also permanent. Hauptwirt und Überträger der Plasmodien (Parasiten) ist das Weibchen der Anopheles-Mücke. In ihrem kurzen Leben legt sie Tausende von Eiern. Für die Versorgung der Brut braucht das Weibchen Blut. Sticht ein infiziertes Weibchen einen Menschen, überträgt es dabei die einzelligen Sporozoiten des Malaria-Erregers. Innerhalb weniger Minuten nisten diese sich zunächst in den menschlichen Leberzellen ein. Dort ändern sie das erste Mal ihre Form und wachsen zu vielkernigen Gebilden heran (Schizonten). Diese wiederum spalten sich wenig später in einkernige Abkömmlinge auf, die Merozoiten. Sie dringen jetzt ins Blut ein und befallen dort die roten Blutkörperchen.

Eine Kettenreaktion die frühzeitig behandelt werden muss

Die Merozoiten entwickeln sich wieder zu Sporozoiten, die jetzt nicht in den Leberzellen, sondern in den roten Blutkörperchen zu vielkernigen Gebilden heranwachsen. Bei ihrem Zerfall in viele Merozoiten platzen die roten Blutkörperchen. Immer neue Abkömmlinge gelangen so wieder in die Blutbahn, befallen weitere rote Blutkörperchen und so weiter. Eine Kettenreaktion, die sich immer weiter fortsetzt, wenn nicht frühzeitig behandelt wird. Es gibt drei verschiedene Malaria-Arten, für die unterschiedliche Plasmodien-Arten verantwortlich sind. Sie unterscheiden sich in Inkubationszeit, Krankheitsrhythmus und Schwere des Verlaufs. Hauptsymptom sind Fieberschübe, die in einem bestimmten zeitlichen Muster wiederkehren – immer dann, wenn im Körper Blutkörperchen zerplatzen und eine neue Generation Erreger freigesetzt wird. Bei der Malaria tertiana geschieht dies regelmäßig alle 48 Stunden. Die Malaria-Form ist selten tödlich, aber auch nach Jahren kann es noch zu Rückfällen kommen. Bei der Malaria quartana leiden die Betroffenen etwa alle drei Tage an Fieberschüben.

Die gefährlichste Form ist die Malaria tropica. Sie macht 90 Prozent der Todesfälle aus. Ihr Verlauf ist oft unregelmäßig und untypisch, Fieberschübe treten nicht in erkennbarem Muster auf. Wird die Infektion nach den ersten Fieberattacken nicht behandelt, dauert der Zyklus der Plasmodien an. Die meisten von ihnen bleiben als Merozoiten in der Blutbahn und vermehren sich weiter. Durch das Zerstören roter Blutkörperchen können die Organe nicht mehr richtig mit Sauerstoff versorgt werden. Schlimmstenfalls versagen sie, oder der Patient fällt ins Koma.

Krankheit verläuft oft lange Zeit unbemerkt

Dabei ist die Malaria im Prinzip gut behandel- und auch heilbar. Es gibt eine ganze Reihe von Arzneien, die den Erreger abtöten können. Einen hundertprozentigen Schutz bieten sie aber nicht. Und weil Symptome auch erst Monate nach einer Reise in kritische Gebiete auftreten können, verläuft die Krankheit oft lange Zeit unbemerkt. Dabei ist eine frühzeitige Diagnose entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung. Wer also nach einer Reise in ein Malaria-Risikogebiet wiederkehrende Fieberschübe bekommt, sollte dringend unverzüglich einen Arzt aufsuchen.

 R 21/MM ist nicht der erste Hoffnungsträger für einen Malaria-Impfstoff. Aber es ist das erste Vakzin, dem Forscher eine nennenswerte Wirksamkeit nachweisen könnten. Schneidet sie in den anstehenden Studien der Phase III ebenfalls erfolgreich ab, hoffen die Macher auf eine zügige Notfallzulassung des Präparats durch die WHO.