Bildungspolitik Was man über die Abi-Panne in NRW wissen muss

Düsseldorf · Nach der Panne beim Downloaden der Abiturklausuren ist der Ärger bei Schülern, Lehrern und Eltern groß. Wie ist der aktuelle Stand und was ist nun zu beachten?

 NRW-Schul- und Bildungsministerin Dorothee Felle muss sich erklären, wie es zu der Abi-Panne gekommen ist und welche Folgen sie hat.

NRW-Schul- und Bildungsministerin Dorothee Felle muss sich erklären, wie es zu der Abi-Panne gekommen ist und welche Folgen sie hat.

Foto: dpa/Malte Krudewig

Schüler, Eltern, Lehrer und Opposition sind sauer: Am Mittwoch sollten Zehntausende Abiturientinnen und Abiturientinnen eigentlich ihre Prüfungen ablegen. Doch einige Stunden vorher, am Vorabend, kommt die Absage aus dem Ministerium: Viele Schulen können die Klausuren nicht herunterladen. Was man über die Verschiebung und die Abi-Panne wissen muss.

Wer ist von der Panne betroffen?

Es geht um Klausuren in den Fächern Biologie, Chemie, Ernährungslehre, Informatik, Physik und Technik. Laut Schulministerium sind rund 30.000 der landesweit 72.000 Abiturientinnen und Abiturienten an etwa 900 Schulen davon betroffen.

Was bedeutet die Panne für die betroffenen Prüflinge?

Sie müssen die Prüfungen am Freitag statt am Mittwoch ablegen.

Warum ist die Verschiebung ein Problem?

„Die Stimmung ist natürlich wahnsinnig schlecht“, sagte Theo Blaesse aus dem Landesvorstand der Landesschüler*innenvertretung (LSV) NRW mit Blick auf die Betroffenen. Man werde im Schulsystem de facto dazu erzogen, auf den Punkt zu lernen. Alles sei auf einen Prüfungstag ausgerichtet, der schon lange feststehe. Die Verschiebung sei daher für viele eine mentale Belastung. „Ich schätze, dass man das hinterher auch an den Ergebnissen im Vergleich zu den Vorjahren sehen kann“, sagte er.

Hinzu kommt, dass die Betroffenen erst am Abend vor den geplanten Klausuren von der Verschiebung erfuhren. Das sei „ein starkes Stück“, kritisierte die Landeselternkonferenz NRW. Für Blaesse vom LSV wäre am Mittwoch die Physikklausur angestanden. Sein Fall steht wohl stellvertretend für viele Prüflinge: „Gut geschlafen hab ich diese Nacht nicht“, sagte er.

Herrschen am Freitag die gleichen Voraussetzung wie am Mittwoch?

Phil Robin Weber aus dem Landesvorstand der LSV bezeichnete den Ausweichtermin als „Katastrophe“. Für den Tag sind bundesweit Bahnstreiks angekündigt, außerdem beginnt an dem Tag das muslimische Zuckerfest. Wer an den Klausuren wegen des Zuckerfestes nicht teilnehmen könne, könne nachschreiben, sagte Schulministerin Dorothee Feller (CDU).

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) rechnet am Freitag wegen des Warnstreiks mit „erheblichen Einschränkungen“ im Fern- und Regionalverkehr. Dass Abiturienten damit juristisch argumentieren können, hält Christian Birnbaum, Anwalt und Experte für Schulrecht, aber für ausgeschlossen: „Ich weiß doch heute schon, dass am Freitag dieser Streik sein wird - dann muss ich mich darauf einstellen. Streik gilt in diesem Sinne als hinzunehmen.“

Ist die Verschiebung auf Freitag rechtssicher?

Möglichen Hoffnungen des ein oder anderen Prüflings, ein schlechtes Ergebnis wegen der Verschiebung hinterher juristisch anzufechten, erteilt Schulrechtsexperte Birnbaum eine Absage. Mit einer Argumentation, man habe am Freitag das Leistungsmaximum hinter sich gelassen, das man am Mittwoch noch erreicht hätte, wird demnach niemand durchkommen. „Jeden, der zu mir ins Büro kommen würde mit dem Argument, würde ich wieder nach Hause schicken“, sagte er.

Was fordern die Schülerinnen und Schüler?

Zu einer möglichen Forderung etwa nach einem Punkteausgleich hat der LSV laut Blaesse aus dem Landesvorstand noch keine klare Position. Man will demnach abwarten, wie stark der Leistungsabfall tatsächlich ist. Die Vertretung der Schülerinnen und Schüler kritisierte weiter den „Privatisierungswahn“ in der Landesregierung. Das Ministerium hätte rechtzeitig eine eigene Plattform etablieren und sich nicht auf externe Dienstleister verlassen müssen, so die Forderung. Außerdem wurde das zentralisierte Abitur kritisiert.

Werden für den Ausweichtermin andere Aufgaben erstellt?

Nein. Schulministerin Feller sagte, ihr Haus sehe derzeit keinen Anlass, neue Aufgaben zu stellen. Die rund 300 Schulen, bei denen das Herunterladen klappte, wurden demnach aufgefordert, die Klausuren unter Verschluss zu halten. Schulrechtsexperte Birnbaum hält ein „Datenleak“ dagegen für möglich: „Ich würde mich nicht wundern, wenn jetzt die Aufgaben Verbreitung finden“, sagte er. Sollten viele Prüflinge die Aufgaben vorher kennen und der Bewertungsmaßstab somit verfälscht werden, könnte die Sache demnach doch ein juristisches Nachspiel haben. „Aus Sicht der Schulministerin ist das jetzt nicht unheikel“, sagte er.

Wie kam es zu der Panne?

Der landesweite Download für die Schulen war am Dienstag vom Ministerium um 12 Uhr geöffnet worden. Viele Schulen konnten die Klausuren aber nicht oder nur teilweise herunterladen. Der Dienstleister zur Übermittlung der Aufgaben habe einen zweiten Server gehabt, sagte Feller am Mittwoch. Auch diese B-Lösung habe aber nicht funktioniert. Im Herbst sei der Download mit rund 300 Schulen reibungslos getestet worden.

(dpa)
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