Reiz von Licht und Klang

Stefan W. Knor, Student der Theologie in Bonn, arbeitet hauptberuflich als Installationskünstler in Kirchen

Reiz von Licht und Klang
Foto: Franz Fischer

Bonn. Stefan W. Knor ist die Atmosphäre wichtig: Diesmal wählte er das Straßencafé "Roses", ganz in der Nähe des Unihauptgebäudes. Knor schätzt das Flair im Herzen Bonns.

Er ist öfters hier, denn er ist an der Alma Mater als Student der Katholischen Theologie eingeschrieben. Aber schon seit fünf Semestern legt er eine Kreativpause ein: Der 32-Jährige arbeitet als Installationskünstler. Seit acht Jahren hat er sich Licht- und Kunstinstallationen in Kirchenräumen verschrieben.

Knor nimmt einen Schluck von seinem Kaffee und lehnt sich zurück. "Fünf Klausuren fehlen mir noch, im März will ich mein Studium abschließen." Das wird absehbar ein schwieriges Unterfangen, denn der angehende Theologe im schwarzen T-Shirt, weißen Hemd und schwarzen Sakko ist ein gefragter Künstler. Bis zum Jahr 2015 reichen die Termine.

Dome und Kirchen in Berlin, Essen, Aachen, Bamberg, Schwäbisch Gemünd, Cuxhaven und Wien sind nur einige seiner Stationen. Zweimal gab Knor bisher eine Kostprobe seines Schaffens in Bonn: Im Jahr 2006 schuf er im Münster die Installation "Wasser des Lebens", und 2008 überraschte er während der Wissenschaftsnacht mit seiner stimmungsvollen Installation im Arkadenhof der Bonner Universität.

Passend zum vom Bundesforschungsministerium ausgerufenen Jahr der Mathematik wählte der Künstler das Thema "Hineingewoben in die Welt der Zahlen." Neun Stoffbahnen - stellvertretend für die antiken Musen in Wissenschaft und Kunst - waren von den anliegenden Fenstern in den Arkadenhof gespannt und wurden mit verschiedenfarbigem Licht angestrahlt. Dazu erklang barocke und zeitgenössische Musik.

"Eigentlich war die Installation bei der Wissenschaftsnacht eine Ausnahme", berichtet Knor. "Normalerweise arbeite ich ausschließlich in Kirchenräumen." Der Student, der in einem alten Pfarrhaus in der Nähe von Aachen wohnt, führt ein künstlerisches Nischendasein: "Ich passe in keine Schublade." Knor verbindet seine Erfahrungen aus der Altenpflege mit seinem Faible für Kunst und seiner Ausbildung zum Theologen. Letzteres hat ihm auch die Tür in die Kirche geöffnet. "Ich achte darauf, dass die Heiligkeit des Raumes geachtet wird."

Knor wurde 1975 in Linnich bei Aachen geboren. Schon als Schüler engagierte er sich in der Altenbetreuung. Nach dem Realschulabschluss machte er zunächst eine Berufsausbildung zum Biologie-Laboranten. Im Zivildienst auf der Kinderkrebsstation des Kölner Uniklinikums stieß er auf eine neuartige Therapie: Snoezelen. Das niederländische Wort bedeutet soviel wie dösen oder träumen (das "oe" wird "u" gesprochen, das "z" wie ein weiches s). "Es geht dabei um die Kommunikation über die Sinne: Licht, Wasser, Düfte und Musik", berichtet Knor.

Nach dem Zivildienst ging er aufs Abendgymnasium und engagierte sich weiterhin in der kirchlichen Seniorenhilfe. "Ich arbeitete das Snoezelen auf die Bedürfnisse Demenzkranker um", berichtet Knor. "Wenn in einem Raum die Sinnesreize harmonisch aufeinander abgestimmt sind, fühlt man sich wohl und die Seele öffnet sich." Auch heute noch geht Knor jeden Mittwoch ins Altenheim, um Senioren zu betreuen. "Das ist mein Erdungstag, allein mit der Kunst und der Theologie würde ich sonst eventuell abheben."

Das Theologiestudium war für ihn naheliegend: "Ich bin klassisch kirchlich sozialisiert." Das Bistum Aachen wies ihm als Priesterkandidat Bonn als Studienort zu. In den Semesterferien absolvierte Knor ein Praktikum in Aachen. "Damals wurde die lange Nacht der offenen Kirchen ins Leben gerufen", berichtet der angehende Theologe. Er schlug vor, den Kirchenraum mit Licht- und Musikreizen auf Grundlage eines biblischen Themas zu arrangieren. "Die Resonanz war enorm", erzählt Knor über seine erste Installation. 61 Kunstprojekte hat er verwirklicht, darunter auch sehr aufwendige wie im Wiener Stephansdom, zu dem mehr als 600 000 Besucher kamen.

"Die Kunst ist mein Leben", sagt Knor. Von seinen Plänen, Priester zu werden, hat er sich inzwischen verabschiedet. Er arbeitet mit einem festen Team von Spezialisten zusammen, um seine Vorstellungen von den anspruchsvollen Installationen technisch umsetzen zu können. Bis zu 50 Menschen können an den Vorbereitungen für große Projekte beteiligt sein.

Zu Knors "Doppelleben" als Student und Künstler: "Ich bin in Bonn immer auf verständnisvolle Professoren gestoßen, die mich unterstützt haben", berichtet der angehende Theologe. "Aber klar: Meine Scheine musste ich genauso machen wie alle anderen." Er ist froh, dass er noch im Diplomstudiengang Theologie studieren kann. "Angesichts der massiven Verschulung im neuen Bachelor-Master-System wäre mein Werdegang so nicht mehr möglich."

Seine Diplomarbeit zu "Zeitgenössische Kunst als Mittel der Evangelisierung" hat Knor bereits geschrieben. "Kunst als spirituelles Erlebnis ist für viele erfahrbar." Das Studium an der Bonner Katholischen Theologie sei sehr interdisziplinär, die Atmosphäre familiär und freundlich. "Man kennt sich, das schweißt zusammen." Allerdings sei er im vergangenen Semester kaum an der Uni gewesen. Das soll nun aber wieder anders werden. Knor rüstet sich zum Endspurt auf das Diplom. Für danach hat er schon einen großen Traum: Im Pavillon des Vatikans bei der Biennale 2009 in Venedig mit einer Installation dabei zu sein.

Weitere Informationen unter www.lumen-tenebris.de

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