Studienbewerberin in Zwangswarteschleife klagt gegen Uni Bonn

Studium auch ohne Hochschulreife möglich

Bonn. Seit Anfang 2005 gibt es in Nordrhein-Westfalen die Möglichkeit, auch ohne Hochschulreife ein Studium aufzunehmen. Wer das 22. Lebensjahr vollendet, eine Berufsausbildung abgeschlossen und mindestens drei Jahre gearbeitet hat, kann sich einer Zugangsprüfung unterziehen.

Die Hochschule mit dem gewünschten Studiengang stellt dann die Eignung fest. In Bonn ist das aber Theorie. Diese Erfahrung machte eine 26-jährige Köchin, die sich nun auf dem Rechtsweg diese Studiermöglichkeit von der Universität Bonn erstreiten möchte. Denn die Bonner Alma mater hat nach fast drei Jahren die Zugangsprüfungsverordnung noch nicht umgesetzt. Alle anderen Hochschulen in Nordrhein-Westfalen haben laut Innovationsministerium entsprechende Voraussetzungen geschaffen.

Die 26-Jährige will den Bachelor in Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften in Bonn machen. Auf ihre Bewerbung antwortete die Universität im Mai, dass es "noch nicht möglich" sei, die Zugangsprüfung abzulegen. Die "Infrastruktur" dafür müsse erst noch geschaffen werden. Der Anwalt der Abgewiesenen berichtet, ein Widerspruch sei unbeantwortet geblieben.

Nach einem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht in Köln ist mittlerweile ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster anhängig. Die Klage richte sich gegen die Untätigkeit der Universitätsverwaltung, sagt der Anwalt. "Unser Rechtssystem funktioniert nur, wenn die Verwaltung bestehende Gesetze und Verordnungen umsetzt." Für Anfang November erwartet der Anwalt eine Entscheidung aus Münster.

"Ich wollte möglichst wenig Zeit verlieren und jetzt mein Studium beginnen", sagt die ausgebildete Köchin. Jetzt muss sie bis zum nächsten Wintersemester warten. "Das ist für mich ein verschwendetes Jahr." Ein anderer Studienort als Bonn kommt für sie nicht in Frage. "Andere Hochschulen verfügen nicht über eine vergleichbare Fächerkombination." Das zuständige Innovationsministerium ist über die Nachzügelei der Bonner Universität informiert.

"Wir sind zuversichtlich, dass in nächster Zeit an ausnahmslos allen Hochschulen des Landes die Zugangsprüfung abgelegt werden kann", teilt ein Ministeriumssprecher auf Anfrage mit. Ziel der Zugangsprüfungsverordnung sei, möglichst allen Geeigneten ein Hochschulstudium zu bieten. "Wir dürfen kein Talent verlieren." Wieviele Bewerber bislang in NRW diese Möglichkeit nutzten, darüber seien keine Zahlen bekannt.

Die Universität Bonn visiert indes noch keinen Zeitpunkt an, bis wann sie die Zugangsprüfungsverordnung umsetzen will. "Wir haben zurzeit sehr viele Aufgaben, die wir nach Prioritäten abarbeiten", sagt Unisprecher Andreas Archut. Es sei "sehr aufwendig", die Grundlagen für die Zugangsprüfung zu schaffen. "Es gibt nur sehr wenige Anfragen - keine Handvoll pro Jahr", so Archut.

Die Universitätsverwaltung empfiehlt in ihrem Ablehnungsschreiben der 26-Jährigen "zur besseren Vorbereitung auf ein Studium" den Besuch eines Abendgymnasiums. "Das ist eine Frechheit", meint die Studienbewerberin in der Zwangswarteschleife hierzu. Der Gesetzgeber habe eben genau mit der Zugangsprüfung eine Alternative zum Abendgymnasium geschaffen.

Hat die Bonner Alma mater ein Problem mit Studierenden ohne Abitur? "Die Universität steht motivierten und qualifizierten Studierenden offen, die an einer renommierten Forschungsuniversität studieren möchten", sagt Archut. "Um welche Zugangsqualifikation es sich handelt, ist dabei sekundär."

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