Humorist und Zeichner Wilhelm Busch Von Brehm und Darwin inspiriert

BONN · Fipps der Affe, Unglücksrabe Hans Huckebein und die Maikäfer aus dem fünften Streich von Max und Moritz gehören zu den vielen Tieren, die die Geschichten Wilhelm Buschs (1832-1908) bevölkern. Wer die Gedichte und Zeichnungen des berühmten deutschen Humoristen, Philosophen und Malers studiert, stößt auf erstaunliche naturkundliche Details.

 Wilhelm Busch mit Familie und Pastor Hermann Nöldeke (r.), dem Uronkel zweiten Grades von Autor Wolfgang Böhme, der sich nun Buschs bisher unbekannter Leidenschaft angenommen hat.

Wilhelm Busch mit Familie und Pastor Hermann Nöldeke (r.), dem Uronkel zweiten Grades von Autor Wolfgang Böhme, der sich nun Buschs bisher unbekannter Leidenschaft angenommen hat.

Foto: Archiv Böhme

Professor Wolfgang Böhme hat dem zoologischen Wissen Wilhelm Buschs in der aktuellen Ausgabe der "Koenigiana", der Zeitschrift der Alexander-Koenig-Gesellschaft, einen ausführlichen Aufsatz gewidmet: eine unterhaltsame Brücke zwischen Literatur und Zoologie.

Die hat Böhme auch schon bei seinen Lesungen "WB liest WB" im Museum Koenig geschlagen. "Ich fühle mich seit meiner Kindheit eng mit Wilhelm Busch verbunden", sagt der Professor. Es gibt nämlich eine "familiäre Verknüpfung", die allerdings nicht in direkter Linie zum Junggesellen Busch führt. Dessen Schwester Fanny heiratete Pastor Hermann Nöldeke, der ein Vetter von Böhmes Ururgroßmutter war. Um diese Verwandtschaft nachzuvollziehen, braucht man genealogische Vorkenntnisse. Wichtiger als das familiäre Band scheinen aber ohnehin der Humor und die Beobachtungsgabe zu sein, die beide Männer verbindet.

Böhme hat für seinen Aufsatz "von intimer Naturkenntnis gekennzeichnete Gedichte, Prosastellen und Brieftexte, versehen mit kunstvoll und treffend karikierten oder aber meisterhaft naturgetreu ausgeführten Zeichnungen von Tieren" zusammengetragen. Längst nicht alle kann Busch aus eigener Anschauung gekannt haben, sagt Böhme, der seit der Emeritierung ehrenamtlich als Herpetologe am Museum Koenig arbeitet. Wichtige Quelle sei Alfred Edmund Brehms "Illustrirtes Thierleben" in der sechsbändigen Erstausgabe gewesen, die Wilhelm Busch nachweislich besessen habe.

Buschs Interesse für die Natur wurde schon früh geweckt. "Seine Biografie zeigt, dass sein Onkel Pastor Georg Kleine, der ein bekannter Imker und Bienenforscher war und bei dem er aufwuchs, die naturkundliche Begeisterung und Beobachtungsgabe maßgeblich gefördert hat", berichtet Böhme. Über die Bienenkunde sei auch ein erster Bezug zu Charles Darwin entstanden, dessen Lehre Buschs späteres Denken geprägt habe.

Voraussetzung für die spitze Feder des Zeichners war genaues Hinsehen. Skizzenblätter von 1878 zeigen, dass Busch zum Beispiel sehr genau Mimik und Bewegungen, Hände und Füße von Makaken und Schimpansen studiert hat. Dazu hatte er laut Böhme nicht nur in Zoos Gelegenheit, sondern auch bei seinem Malerfreund Franz von Lenbach in München, der einen Javaneraffen in seinem Haus hielt. Affe Fipps in der Bildergeschichte ist dann mit wenigen, aber besonders treffenden Strichen gezeichnet. Ähnlich wie die Grobskizze einer Landschildkröte, bei der der Hornschnabel und die korrekte Zehenstellung auffallen.

Naturkundlichen Museen konnte Busch wohl nicht viel abgewinnen. Er fand, dass es dort "so mottenmulstig" roch, "und dann ist's, als zöge Einem immer ein eisiger Hauch hinter die Ohren, wie wenn der Tod da stände. Das hat man nicht gern. Die volleren, wärmeren Lebenserscheinungen passen besser in unseren Kram."

Voller Leben sind nicht nur Wilhelm Buschs Zeichnungen, sondern auch seine Verse, wie Böhme anhand der verschiedenen Tiergruppen zeigt. Der Dichter hat die passive Wind-Ausbreitung der Baldachinspinne ebenso in Reime verpackt, wie die Regenerationsfähigkeit der Schwanzlurche: "... und ist er etwa gar ein solch / geschicktes Tierlein wie ein Molch, / dann ist ihm alles einerlei / und wär's ein Bein, er macht es neu", heißt es im Gedicht "Der innere Architekt". Brehm war auch hier die Quelle, der berichtete, dass Molche neue Glieder mit allen Knochen und Gelenken nachbilden können. "Die Gründe für diese erstaunliche, von Wilhelm Busch in einen gereimten Vierzeiler gepackte Fähigkeit, bis hin zu ihren molekulargenetischen Grundlagen, sind bis in unsere Tage Gegenstand der Forschung", so der Bonner Herpetologe.

Böhmes Text passt in die "Koenigiana", denn Museumsgründer Alexander Koenig hatte selbst viel Sympathie für den Humoristen. Biograf Martin Eisentraut schrieb: "Ganz besonders liebte er Wilhelm Busch, kannte viele seiner Verse und zitierte sie gern zu jeder passenden Gelegenheit. Wenn Gäste im internen Kreis eingeladen waren, lag auf dem runden Tisch, an dem man saß, eine mit vielen Busch-Versen bestickte Decke. Jeder neue Besucher musste auf dieser Decke seinen Namenszug schreiben, der denn ebenfalls ausgestickt wurde." Die einzigartige, von Sprüchen und Namen übersäte Tischdecke ist leider verschollen.

Einzelhefte der Koenigiana sind in der Geschäftsstelle der Alexander-Koenig-Gesellschaft erhältlich, E-Mail: akg@zmfk.de, Telefon: 0228/9122280.

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