"Herpetology in Bonn" Von Pioniergeist und Forscherdrang

BONN · In der Geschichte der Bonner Reptilien- und Amphibienforschung hat Wolfgang Böhme eine Schlüsselrolle. Deshalb ist das Buch "Herpetology in Bonn", das zur Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde erschienen ist, zugleich persönliche Bilanz des seit 2010 emeritierten Professors, der nach wie vor ehrenamtlich im Museum Koenig arbeitet.

 Buchautor Professor Wolfgang Böhme (rechts) mit dem Team der Herpetologie in der Sammlung im Museum Koenig: (von links) Kuratorin Claudia Koch, Sektionsleiter und Kurator Dennis Rödder sowie die Technische Assistentin Ursula Bott.

Buchautor Professor Wolfgang Böhme (rechts) mit dem Team der Herpetologie in der Sammlung im Museum Koenig: (von links) Kuratorin Claudia Koch, Sektionsleiter und Kurator Dennis Rödder sowie die Technische Assistentin Ursula Bott.

Foto: Barbara Frommann

Bonn sei heute das umfassendste und aktivste herpetologische Zentrum in Europa, schreibt Professor Kraig Adler von der Cornell University in New York im Vorwort zum Buch.

Böhme gibt darin einen Überblick über sämtliche Forschungsaktivitäten, die auf seinem Gebiet in Bonn stattgefunden haben. Das umfasst einen Zeitraum von mehr als 200 Jahren voller Pioniergeist und Forscherdrang. Für wissenschaftshistorisch interessierte Laien sind vor allem die ersten 75 Seiten interessant; sie sind wie das gesamte, vor allem an die Fachwelt gerichtete Werk auf Englisch verfasst. Die erste herpetologische Publikation aus Bonn stammt aus der Feder von Johann Heinrich Crevelt (1751-1818). Er war ein typischer Universalgelehrter seiner Zeit: Dichter, Mediziner, Naturkundler und Kunstsammler. "Er hat einen Gecko, der in Weingeist in seinem Naturalienkabinett stand, wissenschaftlich beschrieben", berichtet Böhme. Die Titelseite der Veröffentlichung "Beschreibung einer neuen Eidechse aus der Gattung der Geckonen vom Herrn Doktor Crevelt zu Bonn" ist im Buch abgedruckt, eine Abbildung des Gelehrten nicht - es gibt keine. Böhme schafft es trotzdem, ein Bild zu zeichnen, denn er fügt dem rein Wissenschaftlichen immer wieder Interessantes zur Biografie der beschrieben Wissenschaftler bei. So war Crevelt ein Freund Ludwig van Beethovens und gehörte zu jenen, die dem Musiker vor seiner Abreise nach Wien auf dem Bonner Markt ein Poesiealbum als Andenken überreichten.

Georg August Goldfuß war 1818 der erste Professor für Zoologie, Mineralogie und Paläontologie an der neuen Bonner Universität und damit auch Direktor des Naturhistorischen Museums, das im Poppelsdorfer Schloss untergebracht war. Dass die gesamte Sammlung im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, gehört zu einem späteren, traurigen Kapitel der Bonner Wissenschaftsgeschichte.

Von Goldfuß, dessen besonderes Interesse den Flugsauriern galt, der aber auch Reptilien und Amphibien beschrieben hat, schlägt Böhme anhand von Personen einen Bogen bis zur universitären Forschung heute. Schauplatz seiner eigenen Forschung ist seit 1971 das Museum Koenig. Von Gründer Alexander Koenig sind in der Sammlung zum Beispiel noch zwei Sumpfschildkröten vorhanden, die er als 14-Jähriger im Rhein gefangen hatte. Der erste Herpetologe am Museum war 1951 Karl F. Buchholz. Neben einer ausführlichen Beschreibung seiner Arbeit gibt es auch Fotos von Feldexkursionen in Spanien und Griechenland, die seine Forschung anschaulich machen.

Wolfgang Böhme hatte gerade sein Doktorexamen an der Universität Kiel abgelegt, als er mit 26 Jahren nach Bonn kam und dort seine Lebensaufgabe fand. Er baute die Sammlung in vier Jahrzehnten von 9500 auf rund 105 000 Amphibien und Reptilien aus. Dabei integrierte er auch Sammlungsteile anderer Universitäten und Museen aus Göttingen, Kiel und Heidelberg. "Mit den Beständen haben wir auch deren Geschichte übernommen", sagt Böhme. Besonders wertvoll sind die "Typusexemplare", die der Beschreibung jeder neuen Art zugrunde gelegt werden. Im ausführlichen Typenkatalog werden im Buch alle 670 Arten aus der herpetologischen Sammlung des Museums Koenig beschrieben, was das Buch vor allem zu einem wichtigen Nachschlagewerk für Wissenschaftler macht.

Ein Liste aller Bonner Diplomanden und Doktoranden schließt das Werk ab. Zwei von ihnen, Dennis Rödder und Claudia Koch, sind Böhmes Nachfolger und schreiben damit das nächste Kapitel der Herpetologie in Bonn. Unter anderem soll die Sammlung bald mehr Platz bekommen. "Die Zukunft sieht ausgesprochen positiv aus", findet Böhme.

Wolfgang Böhme: Herpetology in Bonn. Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde, 262 S., 39,80 Euro

Der Autor

Professor Wolfgang Böhme (70) übernahm 1971 die Sektion für Herpetologie am Museum Koenig. 1989 wurde er Leiter der Abteilung Wirbeltiere, 1992 außerdem stellvertretender Museumsdirektor. Seit 1980 lehrte Böhme an der Universität Bonn, 2010 wurde er emeritiert. Er hat mehr als 625 wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht und war Herausgeber des Standardwerks "Handbuch der Amphibien und Reptilien Europas".

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