Alanus Hochschule Alfter Wissenschaftler forschen zu Konflikten in Bürger-Energie-Genossenschaften

ALFTER/SIEGBURG · Spaß an Technik, Unterstützung der Energiewende, Interesse an regionalen Projekten oder Rendite. Die Motive, sich an einer Bürger-EnergieGenossenschaft zu beteiligen, sind vielfältig. Und die Zahl der Projekte und Interessenten steigt stetig.

Gerade im Bereich der Solaranlagen sind Bürger-Energie-Genossenschaften aktiv.

Gerade im Bereich der Solaranlagen sind Bürger-Energie-Genossenschaften aktiv.

Foto: dpa

Zwischen 2010 und 2012 wurden mehr als 340 neue Bürger-Energie-Genossenschaft in Deutschland gegründet. Dabei kommt es auch zu Konflikten, die im Forschungsprojekt "Benerkon" analysiert werden.

Überwiegend in den Bereichen Nahwärme, Photovoltaik und Wind sind die Genossenschaften angesiedelt, einige wenige beschäftigen sich auch mit Wasserkraft. "Wenn dabei verschiedene Interessen aufeinandertreffen, kann es zu Konflikten kommen. Diese wollen wir identifizieren und analysieren", sagt Suzanne Blazejewski, Professorin für Personal, Organisation und Entwicklung im Fachbereich Wirtschaft der Alanus Hochschule.

Dazu wurde das neue Forschungsprojekt "Benerkon" ins Leben gerufen. Blazejewski kümmert sich dort federführend mit Carsten Herbes, Professor für International Management und Erneuerbare Energien von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen in Baden-Württemberg, darum, Ansätze zum produktiven Umgang mit Konflikten zu entwickeln.

Das Programm "Lebensgrundlage Umwelt und ihre Sicherheit" des Landes Baden-Württemberg fördert das Projekt mit 215.000 Euro. "In den zwei Jahren Laufzeit bis Frühjahr 2016 werden wir Mitglieder von Bürger-Energie-Projekten befragen, an Sitzungen teilnehmen, Dokumente sichten und Workshops anbieten", sagt Franziska Dittmer, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Mitglied im "Benerkon"-Team.

Und Blazejewski sagt: "Wir wollen herausfinden, welche Arten von Konflikten es geben kann, welche Motivationen und Interessen aufeinanderprallen und wie tiefgehend diese Konflikte sind." Die Forschung beschäftige sich derzeit stark mit dem Phänomen Bürger-Energie-Genossenschaften, doch der Ansatzpunkt von "Benerkon" sei neu, so die Professorin. "Wir begeben uns in die Mikroperspektive, wir gehen zu den 'Genossen' und wollen ihnen das Zusammenarbeiten erleichtern", erklärt Dittmer.

"Es geht darum, konkrete Hilfestellungen zu entwickeln, um mit Konflikten umzugehen oder sie erst gar nicht entstehen zu lassen", sagt Blazejewski. Die Forscher werden Leitfragen formulieren und Schulungen anbieten. "Unser Ziel ist es, einen bodenständigen Werkzeugkasten zu entwickeln", sagt Professorin Blazejewski.

Die Energiewende verschafft den Bürger-EnergieGenossenschaften aktuell weiteren Zulauf. Viele Menschen wollen dabei aktiv mitmachen, aber nicht jeder kann auf eigene Faust eine Solaranlage betreiben - da kommt dann die Genossenschaft ins Spiel.

"Die Leute entscheiden sich bewusst für eine Genossenschaft, weil sie eine sehr demokratische Struktur hat. Jeder Genosse, egal wie viel Einlage er einbringt, hat nur eine Stimme", sagt Thomas Schmitz, Vorstandsvorsitzender der Bürger-Energie-Genossenschaft BürgerEnergie Rhein-Sieg. Sie wurde im Jahr 2008 ins Leben gerufen und hat derzeit 108 Genossen.

"Unsere Mitglieder sind Privatpersonen, Firmen, Kommunen, Stiftungen und Parteien", sagt der stellvertretende Vorsitzende Thomas Zwingmann. So sind die Kommunen Hennef, Lohmar, Much, Bonn, Troisdorf, Sankt Augustin und der Rhein-Sieg-Kreis dabei.

"Die Motive mitzumachen, sind sehr unterschiedlich. Zum einen ist es eine sichere Investition, zum anderen fragen die meisten Interessenten nicht nach der Rendite, was uns auch gewundert hat", so Zwingmann. Das Projekt der Alanus Hochschule sei sehr interessant, sagt er.

Zwar habe es noch keine ernsthaften Konflikte in der BürgerEnergie Rhein-Sieg gegeben. "Jedoch fehlt es vielen Mitgliedern am Gefühl dafür, wie Projekte ablaufen, wie lange die Planung dauern kann, wie die wirtschaftlichen Zusammenhänge sind, da kann es schon zu Diskussionen kommen", so der Vorstandsvorsitzende Schmitz: "Wir werden das Projekt deshalb tatkräftig unterstützen."

Weitere Informationen und Konditionen der BürgerEnergie Rhein-Sieg gibt es im Internet unter www.be-rhein-sieg.de.

Energie-Genossenschaft

Eine Bürger-Energie-Genossenschaft besteht aus Bürgern, die sich zu einer Genossenschaft zusammenfinden, die regenerative Energien in der Region gewinnen, verkaufen und fördern wollen. Sie liegen im Trend: Gab es 2001 noch 66 Energie-Genossenschaften, wurden 2010 schon 392 registriert und Ende 2012 waren es 736 - 77 davon in Nordrhein-Westfalen.

Mehr als 150.000 Menschen engagieren sich darin bundesweit laut Bundesgeschäftsstelle Energie-Genossenschaften. In Energie-Genossenschaften werden die Bürger somit selbst zum Strom- und Wärmeproduzenten. Die Aufträge zur Errichtung der Anlagen sollen möglichst auch in der Region bleiben. Bei der BürgerEnergie Rhein-Sieg werden für jedes neue Projekt jeweils neue Anteile ausgegeben. Ein Geschäftsanteil beträgt tausend Euro.

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