Wolfgang Wiedlich: "Es gab Warnzeichen"
Der Bonner Präsident über unbefriedigende Zuschauerzahlen, die Kölner Wildcard und rheinische Fanscharen
Bonn. Betroffenheit über die Entwicklung beim Basketball-Bundesligisten Köln 99ers herrschte am Dienstag auch bei den Telekom Baskets Bonn. Mit Präsident Wolfgang Wiedlich sprach Gerhard Mertens.
General-Anzeiger: Herr Wiedlich, Bonn hat 2001 als einziger Club gegen die Kölner Wildcard gestimmt und insbesondere Sie haben dafür viel Kritik aus Köln einstecken müssen.
Wolfgang Wiedlich: Das war nicht in erster Linie gegen Köln gerichtet. Wir sind grundsätzlich gegen Wildcards für nicht gewachsene Standorte, weil künstlich geschaffene Gebilde in der Regel keine lange Lebenszeit haben, insbesondere dann nicht, wenn sie wirtschaftlich primär auf einer Mäzenatenstruktur aufbauen.
GA: Spüren Sie im Nachhinein so etwas wie Genugtuung?
Wiedlich: Nein, im Gegenteil. Bamberg, Köln, Berlin oder Bonn: Alle wollen den Basketball nach vorn bringen, und deshalb ist eine solche Nachricht wie die aus Köln eine traurige.
GA: War Köln sportlich nicht eine Bereicherung für die Liga?
Wiedlich: In jedem Fall, und ich dachte auch, die kritische Phase sei in Köln überstanden. Aber zuletzt gab es Warnzeichen: zunächst der komplette Auszug aus der Kölnarena, dann der Rücktritt des Titelsponsors Rhein-Energie, schließlich das Platzen der Hallenneubaupläne. So wurde man vermutlich immer abhängiger vom Mäzen. Ich bedaure das alles sehr, was da passiert, insbesondere als Basketball-Rheinländer.
GA: Waren die unbefriedigenden Zuschauerzahlen der Kölner eine wirtschaftliche Schwächung?
Wiedlich: Die Einnahmen durch Eintrittsgelder werden im Hinblick auf den Gesamtetat meist überschätzt. Dennoch sind die Zuschauer natürlich wichtig. Wenn ich Kölner Journalisten damals meinen Standpunkt erläuterte, wurde ich angeschaut, als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank. Ich hielt es damals für besser, wenn Köln durch die 2. Liga marschiert, sportlich aufsteigt und in der Stadt Begeisterung auslöst. Eine so geschaffene Identifikation kann man durch keine großflächigen Plakatwände oder noch so ausgetüftelte Marketingaktion ersetzen.
GA: Aber selbst die Deutsche Meisterschaft 2006 ging im Kölner Medienrummel fast unter . . .
Wiedlich: Wer in einer Stadt wie Köln neben den Institutionen FC und Eishockey, von denen jeder große Fansscharen auf sich vereinigt, Basketball wirtschaftlich lebensfähig etablieren will, braucht nicht nur Geld, rheinische Zuversicht und Siege, sondern vor allem einen langen wirtschaftlichen Atem. Und hier sind dann Zuschauer unverzichtbar. Wenn ich sportlich Tolles biete, aber es in der Stadt niemanden interessiert, habe ich bei Sponsoren verloren.
GA: Glauben Sie, dass Köln diese Saison zu Ende spielen wird?
Wiedlich: Ich denke, die Basketball-Bundesliga wird alles versuchen, damit das geschieht. Aber die ersten Geräusche aus Köln hören sich so an, als strebe man ein schnelles Ende mit Schrecken an. Hoffentlich täusche ich mich. Dass vom hiesigen Dreieck Leverkusen-Köln-Bonn, das uns bisher stimmungsvolle Derbys und volle Hallen beschert hat, vielleicht nur noch wir übrig bleiben, lässt eine gewisse Einsamkeit entstehen.
Zur Person
Wolfgang Wiedlich ist Präsident der Telekom Baskets Bonn und seit 29 Jahren im Bonner Basketball aktiv. Bis 2005 war der 51-Jährige Vize-Präsident der BBL.