Promillegrenzen und Strafen Alkohol am Steuer - die wichtigsten Gesetze und Regeln

Berlin/Dresden · „Aber es war doch nur ein Bier!“ - Alkohol am Steuer kann schneller böse Folgen haben, als viele denken. Die Rechtslage ist teils kompliziert. Hier erfahren Sie alles, was Sie wissen müssen.

Alkoholkonsum und Autofahren sind strafbar, wenn der Alkoholtest einen Blutalkoholspiegel von 1,1% oder mehr ergibt.

Alkoholkonsum und Autofahren sind strafbar, wenn der Alkoholtest einen Blutalkoholspiegel von 1,1% oder mehr ergibt.

Foto: Sina Schuldt/dpa/dpa-tmn

Sind Sie schon einmal nach einem oder zwei Bier Auto gefahren? Oder nach einem Glas Wein? Dann haben Sie sich womöglich gefragt, was passiert, wenn Sie einen Unfall bauen.

Klar ist: Alkohol am Steuer ist keine gute Idee - und endet im schlimmsten Fall tödlich. Doch was heißt das genau, Fahren unter Alkoholeinfluss? Welche Strafen drohen bei welcher Promillezahl?

Rechtlich wird es hier etwas komplexer. Dieser Text schafft Klarheit.

Alkohol am Steuer ist ein echtes Problem

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Statistik:

  • Im Jahr 2022 gab es auf deutschen Straßen 16 807 Unfälle mit Personenschäden, bei denen Alkoholeinfluss die Ursache war. Das machte etwa 46 Unfälle mit Personenschäden pro Tag.
  • 242 Menschen wurden in dem Jahr bei alkoholbedingten Verkehrsunfällen getötet, 20 118 Menschen verletzt.
  • Nur ein Bruchteil aller Trunkenheitsfahrten wird festgestellt, sagt der Dresdner Rechtsanwalt Christian Janeczek. Auf jeden erwischten Trunkenheitsfahrer kommen wahrscheinlich noch einmal Hunderte, die unentdeckt bleiben.

Fazit: Alkohol am Steuer ist ein Alltagsphänomen.

Wer erwischt wird, dem drohen schon beim ersten Mal scharfe Konsequenzen - dazu weiter unten mehr.

Alkohol ist tückisch: Die Wirkung lässt sich selten sicher vorhersagen. Auch wie viel Promille man bereits hat - schwer zu sagen. Schon bei relativ geringen Werten ...

  • können die Aufmerksamkeit und das Reaktionsvermögen abnehmen.
  • kann die Sicht nachlassen.
  • kann das Einschätzen von Entfernungen und Geschwindigkeiten leiden.

Wer alkoholisiert ein Fahrzeug steuert, reagiert im Ernstfall vielleicht nicht mehr schnell genug, fährt eher gegen Laternen, Bäume oder andere Autos - oder übersieht im Dunkeln vielleicht Fußgänger.

Promillegrenze und Fahruntüchtigkeit - was sagt das Gesetz?

Das Straßenverkehrsgesetz regelt das sehr deutlich - aber auch sehr komplex. Rechtsanwalt Christian Janeczek ordnet ein:

Grob gesagt: In Deutschland gilt die 0,5-Promille-Grenze.

Darunter bleibt eine Alkohol-Fahrt in der Regel straffrei.

Es gibt aber wichtige Ausnahmen:

  • Die Grenze von 0,5 Promille gilt nicht für Fahranfänger in der Probezeit oder Fahrerinnen und Fahrer unter 21. Für sie gilt am Steuer absolutes Alkoholverbot.
  • Auch unterhalb der 0,5-Promille-Grenze kann man bereits ab 0,3 Promille als relativ fahruntüchtig gelten - zum Beispiel bei Ausfallerscheinungen oder wenn man alkoholbedingt einen Unfall verursacht hat.

Zwischen 0,5 und 1,09 Promille ist Alkohol am Steuer eine Ordnungswidrigkeit. Die wird mit Geldbuße und Fahrverbot geahndet. Wiederholungstäter verlieren den Führerschein meist dauerhaft.

Ab 1,1 Promille ist Alkohol am Steuer eine Straftat. Damit gibt es auch immer ein Strafverfahren. Hier drohen auch Haftstrafen.

Auch hier gilt: Die Werte sind nicht absolut. Auch unter 1,1 Promille kann es schon eine Straftat sein, etwa wenn alkoholbedingte Fahrfehler zu einem Unfall führen.

Christian Janeczek erklärt das so: Zwischen 0,3 und 1,0 Promille gibt es den Bereich der relativen Fahruntüchtigkeit. „Ab 1,1 Promille steht fest, dass man nicht hätte fahren dürfen.“

Darunter kommt es auf die individuellen Aspekte an. „Da geht es dann eher um die Frage, ob ein Fahrfehler alkoholbedingt ist.“

War es ein alkoholbedingter Fahrfehler, dann handelt es sich auch um eine Straftat. „Der Promillewert spielt dabei eine wichtige Rolle.“

Faustregel: Je näher man an den 1,1 Promille dran ist, desto eher gehen die Gerichte auch von einem alkoholbedingten Fahrfehler aus.

Zusammenfassung: Es gibt Promillegrenzen, aber ein fehlendes Zehntelpromill führt nicht automatisch zu einem Freispruch. Es kommt immer stark auf den Einzelfall an. Man sollte sich daher auf keinen Fall auf die Grenzwerte verlassen.

Wie eine Alkoholkontrolle abläuft

Auch hier gilt: Es kursiert viel Halbwissen.

Niemand sollte Alkohol trinken und fahren. Wer es doch tut, kann sich glücklich schätzen, wenn er sein Ziel unfallfrei erreicht.

Niemand sollte Alkohol trinken und fahren. Wer es doch tut, kann sich glücklich schätzen, wenn er sein Ziel unfallfrei erreicht.

Foto: Christin Klose/dpa-tmn

Stellen wir uns also vor, Sie halten an, kurbeln das Fenster herunter, und es kommt die Frage: „Haben Sie Alkohol konsumiert?“

Bietet die Polizei nun einen Alkoholtest an, haben Autofahrer die Wahl. Es muss nämlich niemand in das Röhrchen pusten.

„Sie können es ablehnen“, bestätigt Anwalt Janeczek. Dann müssen der Polizist oder die Polizistin entscheiden: Gibt es einen Anfangsverdacht für eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat?

Beispiele:

  • leere Flaschen im Auto
  • unsichere Fahrweise
  • Alkoholgeruch
  • ein offenes Bier im Becherhalter

Man sollte sich aber darüber im Klaren sein: „Wenn Sie den Atemtest ablehnen, können Sie davon ausgehen, dass der Beamte sich besondere Mühe geben wird, die Beweisanzeichen aufzuschreiben“, so Janeczek.

Das kleine Handgerät zum Pusten ist übrigens nur ein Vortest. Er zeigt lediglich an, ob und wie es nun weitergeht:

  • Zeigt er einen Atemalkoholwert jenseits des Grenzwertes (0,5 oder 0,3 bei Auffälligkeiten) an, kommt ein stationäres größeres Gerät zum Einsatz. Das liegt im Einsatzwagen oder auf der Dienststelle.

Es findet eher im Bereich zwischen angenommenen 0,3 und 1,09 Promille Anwendung - also für potenzielle Ordnungswidrigkeiten.

  • Hat ein Beamter den Verdacht, dass der Alkoholgehalt einer angehaltenen Autofahrerin oder eines Fahrers im Straftatbereich liegt, wird laut Janeczek eher ein Bluttest angeordnet. Die Genehmigung durch einen Richter brauchen die Polizisten dafür nicht mehr.

Je nachdem, was der Bluttest ergibt, kann die Trunkenheitsfahrt aber auch eine Ordnungswidrigkeit bleiben.

Darf der Beifahrer Alkohol trinken?

Entgegen anderslautender Mythen dürfen die Beifahrer im Auto so viel getrunken haben, wie sie wollen. „Der Beifahrer darf voll sein ohne Ende“, sagt Christian Janeczek.

Das liegt auch daran, dass es „den Beifahrer“ im juristischen Sinne gar nicht gibt. Jeder nicht fahrende Passagier im Auto ist ein Beifahrer - egal auf welchem Sitz. An den Menschen auf dem Sitz vorne rechts gibt es keine besonderen Abstinenz-Anforderungen.

Wer also nüchtern seine alkoholisierten Freunde heimfährt, hat zunächst mal nichts zu befürchten. Auch nicht, wenn die Truppe bei einer Verkehrskontrolle Unsinn erzählt.

Welche Strafe droht bei Alkohol am Steuer?

Ab 0,5 Promille handelt es sich auf jeden Fall um eine Ordnungswidrigkeit. Dann droht Folgendes:

1. Mal: 528,50 Euro Bußgeld, 2 Punkte, 1 Monat Fahrverbot.

2. Mal: 1053,50 Euro Bußgeld, 2 Punkte, 3 Monate Fahrverbot.

3. Mal: 1578,50 Euro Bußgeld, 2 Punkte, 3 Monate Fahrverbot.

Wer sich noch ans Steuer setzen und trotzdem nicht auf Bier verzichten möchte, sollte ein alkoholfreies wählen.

Wer sich noch ans Steuer setzen und trotzdem nicht auf Bier verzichten möchte, sollte ein alkoholfreies wählen.

Foto: Franziska Gabbert/dpa-tmn

Fahranfänger bei Verstoß gegen die 0-Promille-Regel: 278,50 Euro, 1 Punkt, Probezeitverlängerung.

Hinzu kommen noch Auslagen und Bearbeitungsgebühren.

Fragt man den erfahrenen Dresdner Rechtsanwalt, sind diese Angaben allerdings etwas theoretisch. Das hat mehrere Gründe.

Erinnerung: Schon bei weniger als 0,5 Promille kann eine Straftat vorliegen - etwa bei Ausfallerscheinungen oder einem alkoholbedingten Unfall.

Hinzu kommt: Wer zum Beispiel innerhalb von zwei Jahren zweimal alkoholisiert am Steuer erwischt wird, der wird meist zum Besuch bei der Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) verdonnert.

Bei dieser Untersuchung - früher gerne mal Idiotentest genannt - kann man auch dann schon den Führerschein verlieren.

„Der Führerschein ist in den meisten Fällen nach dem zweiten Vorfall erstmal weg“, sagt Christan Janeczek. Sein Rat, wenn das passiert: Sofort zum Anwalt gehen und auf die MPU vorbereiten.

Gut zu wissen: Die MPU wird von der Führerscheinstelle angeordnet und ist eine Verwaltungsmaßnahme als Konsequenz der Ordnungswidrigkeit. Die Teilnahme an der MPU ist nicht als Strafe gedacht, sondern soll die Fahreignung einer Person feststellen.

1,1 Promille und mehr: Was drohen hier für Strafen?

Begeben wir uns in den Bereich der Straftat. Hier ist die Grenze von 1,1 Promille ausschlaggebend - mehr oder weniger, wie wir gesehen haben. Dann wird es unangenehm und teuer:

  • Ersttäter kriegen laut Janeczek in der Regel eine Geldstrafe von mindestens 30 Tagessätzen - das ist etwa ein Netto-Monatsgehalt.
  • Der Führerschein ist mindestens ein halbes Jahr lang weg.
  • Außerdem gibt es 3 Punkte, die bei der Rückgabe des Führerscheins allerdings gelöscht werden.

Auch hier gilt: Es kann auch mehr sein - zum Beispiel, wenn man vorsätzlich betrunken gefahren ist. Also wenn man sich im Klaren ist, dass Autofahren im aktuellen Zustand eine schlechte Idee ist.

Rechtsanwalt Janeczek bringt Beispiele aus der Praxis:

  • „Bei 2 Promille sind Sie eher im Bereich von einem Jahr Führerscheinentzug und 50 Tagessätzen“, so der Jurist.
  • Zweittäter erhalten eine höhere Geldstrafe. „Es spielen die Umstände eine Rolle“, sagt der Anwalt. Und: „Die Mindestsperrzeit für den Führerschein beträgt ein Jahr.“ Zweittäter bekommen außerdem immer auch die Verpflichtung zur MPU.
  • Dritttäter: „Der kann im Regelfall davon ausgehen, dass er nie wieder Auto fahren wird“, sagt Christian Janeczek.

Ausnahme: Die Taten liegen viele Jahre auseinander.

Sind die Vorstrafen noch im Bundeszentralregister eingetragen, droht schlimmstenfalls eine Freiheitsstrafe. Die Führerscheinsperrfrist könnte auf Lebenszeit verhängt werden. Dann hilft auch kein Führerschein aus dem Ausland mehr.

Ab 1,1 Promille gilt Alkohol am Steuer, egal ob Fahrrad oder E-Scooter, als Straftat.

Ab 1,1 Promille gilt Alkohol am Steuer, egal ob Fahrrad oder E-Scooter, als Straftat.

Foto: Zacharie Scheurer/dpa-tmn

Besondere Regeln für Fahrrad und E-Scooter

Auf dem Fahrrad gelten - warum auch immer - andere Regeln:

  • Solange es keine augenscheinlichen Ausfallerscheinungen oder Unfälle gibt, bleibt die alkoholisierte Fahrradfahrt in der Regel folgenlos.
  • Ab 0,3 Promille drohen bei auffälliger Fahrweise oder Unfällen aber Strafanzeigen.
  • Wer mit mehr als 1,6 Promille in die Pedale tritt und erwischt wird, dem drohen 3 Punkte in Flensburg, eine Geldstrafe und möglicherweise die Anordnung einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung.

Fazit: „Wer vorhat zu bechern und deswegen das Auto stehen lässt, sollte auch das Fahrrad stehen lassen“, rät Janeczek.

Gut zu wissen: Auch wenn die Trunkenheitsfahrt auf einem Fahrrad stattfand, kann das Auswirkungen auf den Autoführerschein haben. Führerscheininhaber müssen im Fall des Falles - also etwa bei einem Unfall - auch mit Punkten und Bußgeldern rechnen.

Auch E-Scooter - die Tretrollervariante - haben Besonderheiten:

  • Grundsätzlich gelten dieselben Regelungen wie bei Autos und Motorrädern. Die eher in Großstädten zu findenden Gefährte sind schließlich Kraftfahrzeuge.
  • Aus der Praxis weiß Christian Janeczek aber, dass manche Gerichte beim E-Scooter nicht in jedem Fall den Führerschein einziehen. Eine Garantie dafür gibt es allerdings nicht.

Betrunken einen Unfall gebaut: Was ist mit der Versicherung?

Zunächst einmal: Krankenversicherung und Kfz-Haftpflichtversicherung müssen auch bei Trunkenheit am Steuer ihre Leistung erbringen, stellt Anwalt Janeczek klar. Soweit die gute Nachricht.

Die Kfz-Versicherung wird aber natürlich versuchen, ihre Beteiligung so gering wie möglich zu halten. Sie wird erst einmal genau prüfen, wie viel Schuld der Fahrer oder die Fahrerin trägt.

Wichtigste Frage: Hätte ein Unfall verhindert werden können, wenn Fahrerin oder Fahrer nüchtern gewesen wären?

Weiteren Aufschluss geben die Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung des Gesamtverbands der Versicherungswirtschaft. Darin ist in der Regel eine Trunkenheitsklausel (§ 2b AKB (1)) enthalten.

Sie besagt, dass die Versicherung fein raus ist, wenn Versicherte betrunken Auto fahren. Schlimmstenfalls ist bei einem Verstoß also der Versicherungsschutz weg.

Das heißt jedoch nicht, dass die Kfz-Haftpflicht-Versicherung nicht für verursachte Schäden an Menschen und Material aufkommt.

Die Versicherten können im Trunkenheitsfall aber teilweise in Regress genommen werden. „Allerdings maximal bis 5000 Euro“, sagt Janeczek. Bei Unfallflucht können weitere 5000 Euro anfallen.

Fazit: Die Kfz-Haftpflicht zahlt mit Einschränkungen.

Anders sieht es beim Kaskoschutz aus. Hier kann die Versicherung im Trunkenheitsfall die Zahlung komplett verweigern.

Die Folge: Eigene Schäden werden nicht ersetzt. Alle Kosten für Reparatur, Mietwagen oder Neuwagen müssen Sie selbst tragen - wenn Sie überhaupt anschließend noch Auto fahren dürfen.

Hinzu kommen eventuell Bußgelder, Kosten für Rechtsbeistand und mehr.

Alkohol am Steuer kann im Falle eines Unfalls mit Personenschaden noch eine Auswirkung haben: Geht ein Trunkenheitsunfall vor Gericht, erhöhen sich zwar eventuelle Schadensersatzansprüche der Geschädigten nicht, nur weil der Verursacher betrunken war. Aber: Bei einem eventuell fälligen Schmerzensgeld kann der Alkohol schon für höhere Summen sorgen, erklärt der Verkehrsrechtler.

Bus, Bahn oder Taxi sind da die günstigere Lösung.

© dpa-infocom, dpa:221202-99-755120/76

(dpa)
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