Das Holz macht's - Wein aus dem Barriquefass

Deidesheim · Vor 30 Jahren fingen die ersten Winzer in Deutschland an, mit Barriquefässern zu experimentieren. Inzwischen bauen Weingüter hochwertige Produkte im Holz aus - oder lassen sie darin gären. Das Holz dafür stammt oft von Eichen aus dem Pfälzer Wald.

 Das Weingut Darting in Bad Dürkheim baut seinen Spätburgunder in Fässern aus Pfälzer Eichenholz aus, die vor Ort in der Küferei Gies hergestellt worden sind. Foto: Nina C. Zimmermann

Das Weingut Darting in Bad Dürkheim baut seinen Spätburgunder in Fässern aus Pfälzer Eichenholz aus, die vor Ort in der Küferei Gies hergestellt worden sind. Foto: Nina C. Zimmermann

Foto: DPA

Ein hefig-fruchtiger Geruch liegt in der Luft. Dicht an dicht stehen die Fässer reihenweise im gemauerten Kellergewölbe. Auf jedem Fass sitzt ein Glaskolben, über den die Kohlensäure entweicht, die bei der Gärung entsteht. Ein leises Gluckern zeugt davon. Auf dem Weingut von Winning in Deidesheim (Pfalz) gärt und reift der Weißwein traditionell im Holzfass.

So bekomme der Wein ein unverwechselbares Profil, sagt Stephan Attmann. Nicht nur der Boden, auch das Holz mache viel aus. "Die Fässer riechen unterschiedlich. Es gibt Aromen wie Butterscotch, gebrannte Mandeln oder geröstete Haselnüsse", erläutert der Betriebsleiter des Weinguts. Diese Aromen finden sich später im Wein.

Die Angabe "im Barrique gereift" ist laut dem Deutschen Weininstitut nur bei Qualitäts- und Prädikatsweinen zugelassen. Mindestens 75 Prozent des Weins müssen im Barriquefass gegoren, ausgebaut oder gereift worden sein - Rotwein für mindestens sechs, Weiß- oder Rosewein für mindestens vier Monate.

Bis der Wein letztlich ins Fass kann, ist viel Arbeit nötig. Die stecken nicht nur die Winzer in die Reben, bis sie die Trauben ernten und verarbeiten können. Auch vom Baum zum Fass ist es ein langer Weg. Im Pfälzer Wald werden seit Jahrhunderten Eichen kultiviert. Sie sind die Grundlage von Barrique- und anderen Fässern.

"Eichen bedeuten intensive Pflege", erläutert Burkhard Steckel, Leiter des Forstamts Johanniskreuz. 250 bis 300 Jahre brauche ein Baum, bis er groß genug ist, bei anderen Gehölzen seien es nur 150 oder sogar weniger als 100 Jahre. Der Stamm soll gerade gewachsen sein und im unteren Teil keine Wasserreiser haben. Das sind Äste in dem Abschnitt, der eigentlich schon astfrei ist. Sie entwerten das Holz, weil die Holzfasern nicht einheitlich verlaufen.

Astfreie Baumstämme im Wert von 300 000 Euro auf dem nahegelegenen Holzlagerplatz Albrechtshain sind der ganze Stolz von Steckel und seinem Kollegen Stefan Seegmüller. "Wenn man als Förster hierherkommt, geht einem schon das Herz auf", sagt Seegmüller. Hier sucht sich dann der Daubenhauer das richtige Material für den nächsten Arbeitsschritt zum Fass aus. "Ich sehe dem Stamm an, wofür er sich eignet", sagt Daubenbauer Christian Müller-Schick aus Kaiserslautern-Mölschbach. "Ein gerader Faserverlauf ist wichtig, weil der Alkohol im Wein dünner ist als Wasser und bei schrägem Verlauf hinauslaufen würde."

In seinem Betrieb werden etwa 1,50 Meter lange Stammstücke von Hand mit einem großen axtförmigen Spalter vorsichtig entlang des natürlichen Faserverlaufs zerteilt und anschließend entsprechend zersägt. Bis zu drei Jahre lagert das geschnittene Fassholz im Freien, damit Wind und Wetter bittere Gerbstoffe auswaschen. In dieser Zeit "vergraut" das Holz, laut Müller-Schick ein Zeichen für Qualität. Chemische Behandlungen sind tabu.

Ist das Holz vorbereitet, nimmt es der Küfer Michael Gies aus Bad Dürkheim zur Hand. Er achtet darauf, dass die Jahresringe eng beieinander liegen. Denn sie bedeuten mildes Holz, wie Förster Seegmüller erklärt. "Mildes Holz ist arm an Gerbstoffen und damit gut für den Wein." Über Feuer bringen die Mitarbeiter von Gies die mit Wasser befeuchteten Dauben, also die zurechtgesägten Einzelteile des späteren Fasses, in Form. Stahlringe halten die Dauben in Position.

Danach kommt das Toasting. Es bedeutet, dass das fast fertige, aber oben und unten noch offene Fass über einem Eichenholzfeuer innen geröstet wird. "Das Toasting ist der größere Faktor als das Holz", stellt Klaus Briegel, Vorsitzender des Barrique Forums Pfalz, fest. Je nach Temperatur unterscheidet der Fachmann verschiedene Stufen, die unterschiedliche Geschmacksnuancen ergeben: Um 160 Grad ist die Rede von Medium Minus, bei 180 bis 200 Grad von Medium, bei 190 Grad von Medium Plus und bei 200 bis 230 Grad von Heavy Toast.

"Das mengenmäßig wichtigste Aroma ist das Whiskylakton", sagt Seegmüller. Es ist schon im Holz vorhanden und entsteht zusätzlich beim Toasten. Außerdem bildet sich beim leichten Verkokeln unter anderem Vanillin. Die noch im Holz verbliebenen Gerbstoffe vertiefen später Farbe und Geschmacksstoffe des Weins und wirken konservierend. Je öfter ein Fass mit Wein belegt wird, desto weniger Aromen kann es abgeben. Barriquefässer kommen daher in der Regel nur zweimal zum Einsatz, danach werden sie als Whiskyfässer weiter verwendet.

Seit vor etwa zehn Jahren französische Eichen knapp geworden sind, steigt die Beliebtheit von Eichen aus dem Pfälzer Wald für Fassholz. Den Förstern von Johanniskreuz zufolge kaufen französische Hersteller mittlerweile in großen Mengen dort ein. "Wir haben hier noch einen sehr großen Vorrat an sehr alten Eichen", sagt Steckel. So steht edlen Barriqueweinen auch auf lange Sicht nichts im Weg, weder in Deutschland noch in Frankreich - genug Holz ist jedenfalls da.

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