Warum nur blau? Karpfen schmeckt auch asiatisch oder geräuchert

Hamburg · Seine Schuppen versprechen Geldsegen im neuen Jahr. Und seine Blaufärbung wird oft wie ein Event gefeiert. Keine Frage: Karpfen blau ist toll. Aber er ist auch geräuchert oder als Fischkloß ein Hit.

 Peter Niemann räuchert den Karpfen in einer Honigglasur über 72 Stunden bei etwa 32 Grad. Dazu wird geschmorter und roher Fenchel serviert sowie der Sud aus geräucherter Karpfenhaut. Foto: Thorsten Pross/dpa-tmn

Peter Niemann räuchert den Karpfen in einer Honigglasur über 72 Stunden bei etwa 32 Grad. Dazu wird geschmorter und roher Fenchel serviert sowie der Sud aus geräucherter Karpfenhaut. Foto: Thorsten Pross/dpa-tmn

Foto: Thorsten Pross

Es gibt Familien, bei denen kommt Silvester traditionell nichts anderes auf den Tisch als Karpfen. Hat sich Besuch angekündigt, kann das heikel werden. Der nachhaltigste aller Fische ist nicht jedermanns Sache. Das liegt an seinen Gräten und an seinem Ruf, im Schlamm zu buddeln.

Doch schmeckt er deshalb wirklich etwas modrig? „Das kann schon mal passieren. Das liegt dann vor allem am Teichwasser. Und man weiß ja nie, wo er kurz vor dem Fang im Teich unterwegs war und was er gefuttert hat“, sagt Sandra Kess vom Fisch-Informationszentrum (FIZ) in Hamburg.

Klares Frischwasser vertreibt die Teichnote

Deshalb würde ein guter Fisch-Betrieb ihn in ein Becken mit klarem Frischwasser setzen. „Und ihn dort mindestens eine Woche lassen“, so Kess. Sie rät daher, den Fisch-Händler auch nach der Herkunft zu fragen.

Sandra Kess mag den Karpfen am liebsten blau. Dafür kommt ein etwa 1,7-Kilo-Exemplar in einen Sud aus einem Liter Wasser, einem Bund Suppengrün, Lorbeerblatt, 5 Pfeffer- und 4 Pimentkörnern, Zucker und Salz. „Dann den Karpfen vorsichtig in den Gemüsesud geben und löffelweise acht Esslöffel mit aufgekochtem Essig überziehen, damit sich die Haut blau färbt“, erklärt Kess. Der Karpfen bleibt zugedeckt für rund 25 Minuten im kochenden Sud. Dazu passen Salzkartoffeln und eine Preiselbeer-Meerrettichsahne-Creme.

Der Karpfen macht sich gut als Schnitzel

„Auch wenn der Fisch den Ruf hat, muffig zu schmecken, finde ich ihn sehr wohlschmeckend“, erklärt Tobias Janzen, Chefkoch im Berliner Restaurant „Jolesch“. Man müsse ihn nur richtig zubereiten. In der klassischen Version von „Karpfen blau“ wäre das in einem Wurzelsud mit Meerrettich.

Aber auch als Schnitzel biete sich der Fisch super an. „Dafür muss man erst einmal die Kiemen entfernen, da sich da sonst der Geruch festhält“, rät Janzen. Er rät, den Karpfen auch zu entgräten. „Dünn geschnitten wird er dann gesalzen und ganz klassisch paniert“, erläutert der Experte. Eine Top-Beilage wäre eine pikante Wasabi-Mayonnaise sowie Kartoffelsalat mit Schnittlauch und Lauchzwiebel.

Geräucherter Karpfen schmeckt fast wie Heilbutt

Dass die Gräten im Karpfen viele abschrecken, weiß auch Küchenchef Peter Niemann vom Restaurant „La Vallée Verte - Das grüne Tal“ in Herleshausen. „Aber die Mühe lohnt sich“, findet der Spitzenkoch. Bei ihm steht das Filet vom jungen Biokarpfen auf der Karte. Dafür werde der Karpfen in einer Honigglasur über 72 Stunden bei etwa 32 Grad geräuchert.

„Dadurch erhält er ein feines süßliches Aroma, das mit dem Räuchergeschmack wunderbar zusammen geht. Man könnte ihn fast mit einem Heilbutt verwechseln“, erklärt Niemann. Er serviert dazu Demeter-Karotten, Fenchelsamen, rohen Fenchelsalat, geschmorten Fenchel und einen Schaum aus Buchenspan-Essig sowie einen Sud aus der geräucherten Karpfenhaut.

Wenn Spitzenkoch Stefan Hermann in seiner „Villa Sorgenfrei“ in Radebeul Karpfen zubereitet, dann am liebsten in einem kräftigen Wurzelsud mit vielen aromatischen Kräutern. „Ich benutze dafür am liebsten viel Estragon, Kerbel, Staudensellerie und ein paar Karotten und lasse den Fisch darin garen. Dazu serviere ich eine Soße aus Meerrettich und Schnittlauch“, so Hermann.

Ingwer, Koriander, Limette und Chili geben asiatischen Dreh

Das feste Fleisch des Karpfens eignet sich aber auch gut für Würstchen oder Fischklößchen, berichtet Steve Karlsch, kulinarischer Direktor der „Brasserie Colette Tim Raue“ in Berlin. Im Ganzen oder als Filet zubereitet, werde er meist gebacken, gedämpft oder geschmort. „Durch sein festes Fleisch und den kräftigen Geschmack verträgt er in der asiatischen Variante auch Zutaten wie Ingwer, Koriander, Limette, Chili oder andere frische Kräuter“, so Karlsch.

Eine andere Variante sei, den Fisch gebraten auf gegrilltem Rosenkohl mit Speck und Zwiebeln zu servieren. Laut Karlsch schmecke Karpfen auch kalt sehr gut, etwa als geräucherter Schinken. Nur eines ginge nicht. „Bitte nicht roh servieren“, warnt er. Damit seine Gäste nicht zu viele Gräten im Mund haben, schröpft er den Karpfen. Dabei werden die Rückenfilets von der Hautseite sehr fein eingeschnitten, um so die Y-förmigen Gräten zu zerkleinern.

Wen die Sache mit den Gräten zu sehr stört, der könne sich beim Fischhändler gleich fertige Filets schneiden lassen. Oder schnell sein, wenn der Karpfen serviert wird und sich das Bauchstück sichern. „Dort sind potenziell die wenigsten Gräten“, verrät Sandra Kess.

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