Müller-Thurgau von ganz oben - Winzer bringen Wein auf Zugspitze

Kolitzheim · Die Idee kam den Winzern beim Skifahren. Irgendwie schmeckte ihnen der Wein auf dem Berg anders als im Tal. Nun wollen bayerische Weinbauern mehr über den Einfluss der Höhenluft auf den Wein wissen.

 Weinkönigin Melanie Dietrich (l), Winzer Martin Mößlein (M) und der Präsident des Fränkischen Weinbauverbandes, Artur Steinmann, füllen Weißwein in ein Fass. Er soll auf der Zugspitze reifen. Foto: Christiane Gläser

Weinkönigin Melanie Dietrich (l), Winzer Martin Mößlein (M) und der Präsident des Fränkischen Weinbauverbandes, Artur Steinmann, füllen Weißwein in ein Fass. Er soll auf der Zugspitze reifen. Foto: Christiane Gläser

Foto: DPA

Wie schmeckt Wein, der drei Monate lang auf Deutschlands höchstem Berg reifen durfte? "Ich hoffe, er ist aromatischer und vielleicht auch cremiger", sagt Martin Mößlein. Er ist einer von fünf Winzern aus Bayern, die ein ungewöhnliches Experiment mit ihrem Weißwein wagen. Sie haben im unterfränkischen Kolitzheim zwei 220-Liter-Fässer mit der Rebsorte Müller-Thurgau gefüllt. Eines davon bringen sie nun auf die Zugspitze, damit der Wein dort bis zur Trinkreife gären kann.

100 Tage lang sollen die Hefen in fast 3000 Metern arbeiten. "Wir betreten damit Neuland und sind sehr gespannt, welche Auswirkungen die Höhe auf den Wein hat", sagt Mößlein. Müller-Thurgau wird seit 100 Jahren in Bayern angebaut. Von Franken aus trat er seinen Siegeszug in Deutschland an.

"Ich habe die Erfahrung gemacht, dass gleicher Wein auf dem Berg anders schmeckt als im Tal", sagt Artur Steinmann, Präsident des Fränkischen Weinbauverbandes. Seiner Meinung nach leiden große Weine wie Silvaner eher unter dem geringen Luftdruck, dagegen "brillierten die leichteren Weine in der Höhe", so der Winzer. "Ich denke, dass vom Weinstil her eine ganz andere Geschmacksvariante entstehen kann."

Andere Experten vermuten, dass der geringere Luftdruck allein noch keinen Unterschied bringt. "Die Höhe dürfte keinen Einfluss auf das Aroma des Weines haben", sagt Johannes Burkert, Experte für Kellerwirtschaft bei der Bayerischen Landanstalt für Weinbau und Gartenbau. Ob das Fass im Tal oder auf dem Berg bei konstanten Temperaturen im Weinkeller stehe, sei für die Reifung unerheblich. Anders wird es jedoch, wenn das Fass tatsächlich - wie geplant - bei schönem Wetter morgens an die frische Luft und abends wieder in den Weinkeller gestellt wird.

"Die Temperaturschwankungen könnten den Geschmack beeinflussen und auch massiven Weinsteinausfall auslösen", erklärt Burkert. Dass der Weinstein dann im Fass und nicht auf der Flasche liege, könne durchaus positiv sein. Außerdem reife der Wein bei warmen Temperaturen schneller. In gut drei Monaten wissen die Winzer mehr. Dann sollen die Weine aus beiden Fässern verkostet werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Freude an der Herausforderung
Mein Gericht: Benedikt Frechen Freude an der Herausforderung
Comeback eines Klassikers
Mein Wein: Retsina Comeback eines Klassikers
Zum Thema
Aus dem Ressort