Backen in der Adventszeit Warum vor allem die Deutschen Weihnachtsplätzchen lieben

Bonn · Warum vor allem die Deutschen Weihnachtsplätzchen lieben – eine sehr persönliche Betrachtung zu familiären Favoriten und ein Blick in die Welt des Backens zur Adventszeit.

 Die weihnachtliche Form passt schon mal: Jetzt lässt Thomas Leurs seine frisch ausgestochenen Mürbeteigplätzen goldgelb backen.

Die weihnachtliche Form passt schon mal: Jetzt lässt Thomas Leurs seine frisch ausgestochenen Mürbeteigplätzen goldgelb backen.

Foto: Benjamin Westhoff

Über das Jahr bin ich in der Regel niemand, der besonders viel backt. Doch wenn die Tage kälter werden und die Bäume ihre Blätter verlieren – noch Wochen vor dem ersten Advent – , beginnt bereits für mich die Hochsaison des Plätzchenbackens. Dann kaufe ich Zucker, Eier und den größten Kilosack Mehl, den man im Supermarkt bekommen kann. Und die Gewürzpalette wird um Zimt, Kardamom, Pottasche, Nelken, Lebkuchengewürz, Hirschhornsalz, Vanille und Muskatnuss erweitert.

22 Prozent der Deutschen backt am liebsten nach Familienzezept

Das Backen von Weihnachtsplätzchen ist ein fester Bestandteil bei vielen Familien in Deutschland. In einer Umfrage aus dem Jahr 2019, die das Online-Portal Statista veröffentlicht hat, geben 60 Prozent der gut 8000 Befragten an, dass sie selbst Weihnachtsplätzchen backen. Vorgefertigte Backmischungen lassen die meisten wohl links liegen – wenn man den Antworten glaubt. Gerade mal vier Prozent der Befragten gaben zu, dass sie mit Fertigmischungen backen. 13 Prozent gaben an, dass ihre Rezepte aus dem Internet kommen.

17 Prozent backen ihre Plätzchen nach Rezepten aus Backbüchern. Der größte Anteil allerdings (22 Prozent) hat ein Familienrezept zur Hand, das von Generation zu Generation weitergegeben wird.Solche Rezepte gibt es in meiner Familie kaum. Die meisten suche ich in Büchern, selten auch mal im Internet. Dabei fing meine Leidenschaft für Weihnachtsgebäck mit einem Familienrezept an. „Oma-Plätzchen“, wie meine Brüder und ich sie nannten, gehörten zu jedem Weihnachtsfest dazu. Seit ich mich zurückerinnern kann, hat meine Großmutter jedes Jahr diese eine bestimmte Plätzchensorte gebacken. Ein einfacher Mürbeteig aus Mehl, Butter, Zucker und einem Ei, in unterschiedlichsten Formen ausgestochen und mit Zuckerguss und Liebesperlen überzogen.

 Der Elch macht nicht nur als vorweihnachtliche Deko, sondern auch in Mürbeteig eine gute Figur.

Der Elch macht nicht nur als vorweihnachtliche Deko, sondern auch in Mürbeteig eine gute Figur.

Foto: by-studio - stock.adobe.com/stock adobe

Ohne Oma-Plätzchen ist Weihnachten nicht richtig Weihnachten

Als meine Großmutter 2007, wenige Wochen vor Weihnachten, starb, habe ich diese Tradition übernommen. Denn auch, wenn ich damals bereits 21 Jahre alt war – ein Weihnachten ohne diese Plätzchen durfte es nicht geben. Ich war dann selbst überrascht, dass meine Plätzchen genauso schmeckten, wie ich sie von meiner Großmutter kannte. Und auch meine Brüder freuen sich jedes Jahr wieder über die „Oma-Plätzchen“.

Mehrere Jahre habe ich dann immer nur diese eine Sorte gebacken. Bis ich Lust bekam, auch einmal andere Sorten auszuprobieren. Also bat ich meine Mutter um Rezepte, die sie früher gebacken hat, als ich noch ein Kind war. Und auch die sind mir auf Anhieb gelungen. Sie schmecken so, wie ich sie aus meiner Kindheit kenne. Mit den Jahren wurden es dann immer mehr Rezepte und immer mehr Sorten.

Nach einigen Jahren wollte ich über den deutschen Tellerrand hinaussehen und Rezepte aus anderen Ländern ausprobieren. Doch diese Plätzchentradition, wie wir sie hier bei uns in Deutschland kennen, ist im Ausland weniger verbreitet. In Osteuropa, vor allem in der Slowakei und in Tschechien, aber auch in Österreich sind Kolatschen bekannt. Sie bestehen aus einem Hefeteig mit Mohnfüllung, aber auch Quark oder Pflaumen sind als Füllung möglich. In Brasilien gibt es „Pão de mel“: Wörtlich übersetzt bedeutet das Honigbrot. Das ist ein weicher Lebkuchen in Zylinderform gebacken, der in der Mitte waagrecht halbiert, mit Dulce de leche, einer Karamellcreme, bestrichen und zuletzt komplett mit Schokolade überzogen wird.

 Zimtsterne stehen in den Top Ten der deutschen Weihnachtsbäcker auf Platz sieben,

Zimtsterne stehen in den Top Ten der deutschen Weihnachtsbäcker auf Platz sieben,

Foto: LianeM - stock.adobe.com

In Brasilien gibt es das Honigbrot, hierzuladen eine schie unüberschaubare Zahl unterschiedlicher Plätzchensorten

In Deutschland gibt es hingegen eine nahezu unüberschaubare Anzahl an verschiedenen Plätzchensorten: Mürbeteigplätzchen, Spritzgebäck, Spitzbuben, Zimtsterne, Dominosteine, Printen, Makronen, Florentiner, Heidesand, Pfeffernüsse, Nürnberger Lebkuchen, Husarenkrapfen, Vanillekipferl, Springerle und so weiter und so fort. Und nahezu jede Sorte gibt es in mehreren Ausführungen und Variationen.

 Herzhaft, würzig und alle Jahre wieder beliebt: Nürnberger Lebkuchen.

Herzhaft, würzig und alle Jahre wieder beliebt: Nürnberger Lebkuchen.

Foto: pusteflower9024 - stock.adobe.co/pusteflower9024 - stock adobel

Das Marktforschungsinstitut Forsa fragte vor zehn Jahren die Deutschen, welche Sorte am häufigsten gebacken werde. In die Top fünf schafften es Nussplätzchen, Spritzgebäck, Mürbeteig-Plätzchen und Vanillekipferl. Ganz oben in der Beliebtheit stehen Ausstechplätzchen. 64 Prozent der mehr als 1000 Befragten gaben an, diese Sorte jedes Jahr zu backen. Das erstaunt wenig, denn sind einfach herzustellen und die perfekte Sorte für Familien mit kleinen Kindern. Gerade in diesen Haushalten wird besonders viel gebacken. In einer weiteren Forsa-Umfrage im Auftrag des Lebensmittelverbands kam 2019 heraus, dass in 83 Prozent der befragten Haushalte, in denen Kinder leben, in der Weihnachtszeit gebacken wird. Gibt es im Haushalt keine Kinder, backen aber immerhin noch 57 Prozent selbst.

Zimtsterne sind unter den Top zehn zu finden

Was mich ein wenig überrascht, ist, dass es auch Zimtsterne unter die zehn beliebtesten Plätzchen geschafft haben. Ein Drittel der Befragten gab an, gern Zimtsterne zu backen und hob diese Sorte damit auf den siebten Platz. Zimtsterne sind nämlich gar nicht so leicht herzustellen. Anders als bei vielen anderen Sorten gehören zu den Zutaten weder Mehl noch Butter oder Eier. Im Prinzip wird einfach eine große Menge Zuckerguss hergestellt. Dann wird ein Teil abgeschöpft (der kommt später auf die fertigen Sterne). Ins Gros der Zuckermasse kommen gemahlene Mandeln mit Gewürzen. Eine ziemlich klebrige Angelegenheit. Deshalb empfiehlt es sich beim Ausstechen, immer ein Schälchen mit Wasser danebenzustellen, mit der man die Ausstechform benetzen kann. So klebt die Masse nicht am Rand der Form fest. Oder man erspart sich das Ganze und benutzt gleich eine Silikonform.

Gebäck als Gabe der Klöster an Bedürftige

Wer nach dem Ursprung der deutschen Plätzchentradition sucht, findet dabei nur wenig Konkretes. Die Germanen haben angeblich in der Winterzeit mit ihren dunklen, langen Nächten Plätzchen in Form von Tieren gebacken. Sie bildeten damit das Vieh nach, das sie besaßen. Das Gebäck sollen sie den bösen Geistern geopfert haben, auf dass diese ihr Vieh verschonen würden. Eine andere Theorie verortet den Ursprung im Mittelalter. Reiche Klöster, die das nötige Geld und die Zutaten hatten, backten in der Weihnachtszeit aufwendig hergestellte Plätzchen. Das Gebäck sollen sie dann vor Weihnachten unter der armen Bevölkerung verteilt haben. Eine beliebte Form soll schon damals der Stern gewesen sein. Er sollte – ganz im Geist des Weihnachtsfestes – an den Stern von Bethlehem erinnern.

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