Familien-Kolumne „Kinderkram“ Warum ich meine Kinder zu sehr verwöhne

Bonn · Eltern mit Lastenrädern behandeln ihre Kinder wie kleine Prinzen? Diesen Vorwurf kann unsere Autorin nicht nachvollziehen. An anderer Stelle verwöhnt sie ihre Kinder durchaus – über die Gründe liegt allerdings ein großes Missverständnis vor.

 Manchmal kommen sich Kinder sicher wie Prinzen und Prinzessinen vor.

Manchmal kommen sich Kinder sicher wie Prinzen und Prinzessinen vor.

Foto: Studio Grand Web - stock.adobe.com/Studio Grand Web

Neulich bin ich auf das Video einer Comedienne gestoßen, die sich über Eltern auf Lastenrädern lustig macht. Ich gebe zu, wir sind ein gefundenes Fressen. Wie ich mich da so behäbig durch den morgendlichen Straßenverkehr quetsche, stets in brüllende Konversation mit dem überdachten Nachwuchs vor mir vertieft. Elegant, stilvoll, lässig: Das sind ohnehin Kategorien, die in unerreichbare Ferne gerückt scheinen, seit ich kleine Kinder habe. Wenn sowohl ich als auch beide Kinder eine Hose anhaben, dann ist das ein guter Tag.

Die Kleinkünstlerin sagte, sie finde es absurd, dass Kleinkinder wie Touristen in Rikschas durch die Stadt kutschiert würden. Eines hätte ihr gar zugewinkt, als hielte es sich selbst für den zukünftigen König von England. Den Vorwurf, Eltern würden ihre Kinder wie kleine Prinzen und Prinzessinnen behandeln, kann ich an dieser Stelle nicht nachvollziehen. Aus dem SUV lässt es sich doch deutlich königlicher winken. An anderer Stelle muss ich aber zugeben: Ja, wir verwöhnen unsere Kinder manchmal zu sehr. Gelegentlich fühle ich mich tatsächlich wie der königliche Butler. Ich nehme ihnen Dinge ab, die sie längst selbst könnten: Brote schmieren, Schuhe anziehen, sprechen.

Über die Gründe liegt allerdings ein großes Missverständnis vor: Ich tue das nicht, weil ich glaube, dass sie der Nabel der Welt sind oder nur das Beste vom Besten verdienen. Selbstständigkeit und eine gesunde Selbsteinschätzung sind für mich das Ideal. Aber wenn Kinder Dinge selbstständig tun, dann auch in ihrem Tempo. Dafür habe ich nicht immer Zeit. Ich käme immer zu spät zur Arbeit – an manchen Tagen womöglich gar nicht.

Neulich musste das Lastenrad in die Werkstatt. Die Kinder mussten also den Weg zur Kita mit dem eigenen Rädchen absolvieren. Ich war schweißgebadet. Denn es mag sein, dass kleine Kinder heute früh Radfahren lernen, verkehrstüchtig sind sie deswegen noch lange nicht. Gleichzeitig in die Pedale zu treten und zu lenken, das kriegen sie meistens hin. Mehr Multitasking ist nicht. Jede kleine Ablenkung bringt das Gleichgewicht ins Wanken. „Schau mal, ein Hund“ und schon wird der nächste Stromkasten geküsst - im günstigsten Fall, denn manchmal trifft es auch entgegenkommende Radfahrer oder Passanten. Ich fuhr also wie eine Entenmutter voran und erinnerte meine Küken hinter mir alle fünf Meter aufgeregt schnatternd ans „Nach vorne gucken!“. Da mache ich mich doch lieber im Lastenrad lächerlich.

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