Familien-Kolumne „Kinderkram“ Corona-Kinder küssen nicht

Bonn · Nach zwei Jahren Pandemie ist Corona für kleine Kinder kein Ausnahmezustand, sondern das Normalste auf der Welt. Da kann es manchmal zu Missverständnissen mit den älteren Generationen kommen.

Kinder: Corona das Normalste auf der Welt
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Meine Kinder sind so jung, sie können sich an eine Welt ohne Corona gar nicht mehr erinnern. Vor dem Supermarkt beugt sich eine alte Dame zu ihnen herunter. Sie äußert Bedenken, sie könnten sich vielleicht erschrecken, wegen der Maske. Die wissen nicht, wovon sie spricht. Meine Kinder erschrecken sich vor Vielem, manchmal auch vor sich zu ihnen herunterbeugenden alten Damen. Masken hingegen sind für sie das Normalste auf der Welt. Wenn ich dann beim Eintritt in den Supermarkt vergesse, meine aufzuziehen, erinnern sie mich.

Es scheint, als hätten kleine Kinder die Pandemie komplett verinnerlicht. Ein Kind berichtet aus der Kita. „Mama“, sagt es, „der hat mich einfach geküsst, obwohl ich das gar nicht wollte – es ist doch Corona!“ Später spielt das Küssen auch in einer selbst ausgedachten Geschichte eine Rolle, da ist es aber kein Problem: „Die waren beide negativ!“

So haben auch einige Worte für die Kinder eine ganz andere Bedeutung als für uns Menschen aus der Prä-Corona-Ära. Es kommt die Frage auf, ob der Fahrradhelm wohl über die neue Mütze passt. „Das müssen wir dann mal testen“, sage ich. Worauf mich die Zweijährige mit großen Augen anschaut: „Nase oder Mund?“ Oder zum Beispiel die vormals eher harmlosen Adjektive „positiv“ und „negativ“. Das Schulkind eines Kollegen kommt mit einer Zwei in der Klassenarbeit nach Hause. „Na, das ist doch positiv“, sagt der Kollege und erntet von seinem Kind nur Stirnrunzeln. Das Wort positiv kann ja nichts Gutes heißen!

Anders als ältere Kinder, die unter geschlossenen Schulen leiden, ihren Sportverein und die Freunde und Schulkameraden vermissen, nehmen kleine Kinder jeden Tag, wie er kommt. Sie wissen ja nicht, was alles besser sein könnte. Dieser Tage wünschte ich, ich könnte mir davon eine Scheibe abschneiden. Zum Beispiel, wenn mir im Homeoffice wieder einmal die Decke auf den Kopf fällt und ich mich nach einem Plausch in der Büroküche, einem unbeschwerten Konzertbesuch, einer großen Party mit all meinen Freunden sehne – und nach einer Zeit, in der beim Küssen wieder ganz andere Dinge ausschlaggebend sind als der Teststatus.

Wie erleben andere Eltern ihre Kinder in der Pandemie und welche sprachlichen Blüten haben sie aufgeschnappt? Wir freuen uns über Beispiele an familie@ga.de.

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