Familien-Kolumne „Kinderkram“ Mein Freund, der Wohnzimmerboden

Kleinkinder sind körperlich extrem fit, während die Eltern ihren Zenit in der Regel bereits überschritten haben. Das führt einem der Nachwuchs im Alltag immer wieder vor.

 Um Unterhaltsames und  Ärgerliches aus dem Elternalltag geht es in unserer Kolumne "Kinderkram".

Um Unterhaltsames und Ärgerliches aus dem Elternalltag geht es in unserer Kolumne "Kinderkram".

Foto: GA/ivector - stock.adobe.com

Der körperliche Verfall ist etwas, was man sowieso nicht aufhalten kann. Ihn zu beschleunigen, geht aber. Das merke ich, seitdem mein einjähriger Sohn seinen Entdeckungsdrang für sich entdeckt hat. In meinem Fall fängt es damit an, dass mein Kind zwar nach Ausflügen verlangt, sich dabei aber gerne in der Trage schleppen lässt. Anfangs kein Problem. Mittlerweile wiegt mein Sohn aber gute zehn Kilo – und das hat auch mein Rücken mitbekommen.

Wenn ich Letzterem auf dem Wohnzimmerboden liegend gerade eine Pause gönnen will, kommt nicht selten mein Kind und erkennt das Potenzial meines brachliegenden Bauches. Die flexible Fläche unter dem T-Shirt eignet sich ganz offenbar hervorragend als Trommel. Und so spielt mein Sohn auf Magenhöhe eine Minute lang ein Best-Off des Safri Duos. Noch während ich mich nach Luft ringend davon erhole, krabbelt er davon, um mir damit zu signalisieren, dass jetzt Fangenspielen angesagt ist. Also richte ich mich mit lädiertem Rücken und gut durchblutetem Bauch auf, um Folge zu leisten.

Als erstes spüre ich meine Kniescheiben, die unter der Last meines Körpergewichts unsanft auf den Fliesen aufschlagen. Krabbeln ist halt nichts für Ü-30er. Nachdem meine Knie sich an den Schmerz gewöhnt haben, melden sich als nächstes meine Handgelenke, dann die Ballen. Mein Sohn hat sich zu diesem Zeitpunkt einen massiven Vorsprung erarbeitet. In der Regel richte ich mich dann wieder auf, um auf zwei Beinen weiterzulaufen. Schon wird mir wieder klar, warum ich mich zuvor bodennah bewegt habe. Der Rücken macht schlapp und ich nehme die die Tischkante als Aufstehhilfe.

Nach diesem würdelosen Auftritt erreiche ich irgendwann meinen Sohn und stemme ihn in die Luft. Schluss mit Fangenspielen! Er quittiert das mit einem Lachen und einem derart spitzen Aufschrei, dass ich für einen kurzen Moment gehörlos durch die Wohnung irre. Derart ausgeknockt übergebe ich mein Kind an meine Frau. Der Sohn ist wohlauf, über den Vater kann man das nicht sagen. Es ist wieder Zeit für den Wohnzimmerboden.

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